Betäubungsmittel im Stundentakt

Im Schnitt noch nicht einmal eine Stunde pro Fall, in dem es jeweils um einen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz geht.

Terminszettel

Am Verkehrsstrafgericht, bei dem meist Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr verhandelt werden, sieht der Terminszettel nicht viel anders aus. Nur geht es dort um 150 Euro Bußgeld und ein paar Flens, maximal einmal um ein Fahrverbot.

Hier, beim „richtigen“ Strafrichter, geht es an’s Eingemachte: Freiheitsstrafen von bis zu zwei vier Jahren darf der Strafrichter verhängen. Im Verhältnis zu der Dauer einer Hauptverhandlung im Einzelfall ganz schön heftig.

Einen solch kurzen Prozeß kann man eigentlich nur mit einem Angeklagten machen, der nicht verteidigt wird. Das geht dann in der Regel – nach meiner Erfahrung jedenfalls – nicht gut für ihn aus.

Oder aber ein Strafverteidiger hat den Termin bereits mit Richter und Staatsanwalt vorbereitet, was dann in den meisten Fällen wohl auch zu erheblich freundlicheren Ergebnissen führt.

Was allerdings dabei herauskommt, wenn ein Verteidiger engagiert wurde und der Termin dann doch ein paar Stunden dauert … das ist (fast) nicht vorhersehbar. Wenn es trotz Verteidiger schief geht, hat der Angeklagte aber wenigstens jemanden, dem er das Versagen vorwerfen und die Ohren langziehen kann.

Dieser Beitrag wurde unter Richter, Verteidigung veröffentlicht.

12 Antworten auf Betäubungsmittel im Stundentakt

  1. 1
    BV says:

    Darf er nicht bis zu vier Jahre geben? Maximal zwei Jahre betreffen doch lediglich die Prognose, die zur Anklage beim Strafrichter führen. Oder hat sich da was geändert?

  2. 2

    @BV:

    Sie haben Recht: § 24 II GVG gibt den Amtsgerichten (also Strafrichter und Schöffengericht) eine Strafkompetenz bis zu 4 Jahren.

    Nur wenn (bei Anklageerhebung) „eine höhere Strafe als Freiheitsstrafe von zwei Jahren nicht zu erwarten ist“ wird der Strafrichter angerufen, § 25 GVG.

    Wenn diese Erwartung der Staatsanwaltschaft aber später im Laufe der Hauptverhandlung „übertroffen“ wird, darf der Strafrichter tatsächlich bis zu 4 Jahre ausurteilen.

    Danke für den klarstellenden Hinweis.

  3. 3
    JJ Preston says:

    Wären Sie mit solchen (temporären) Wissenslücken nicht besser hinter dem Richtertisch aufgehoben?

    SCNR

  4. 4
    Susanne says:

    Nun ja. Es werden doch in der Regel aber nur solche Verfahren so knapp terminiert, in denen ein Geständnis des Angeklagten angekündigt oder zu erwarten ist, wenn die Beweislage eindeutig und es wirklich nur um eine relativ geringfügige Strafe geht.

    Sollte sich die Prognose über den Verfahrensverlauf nicht als zutreffend erweisen, wird die Verhandlung doch zumeist unterbrochen und das Verfahren wird aus den „Fließband-Fällen“ herausgekickt.

    Ich habe nur kein Verständnis dafür, wenn im Stundentakt (beim Arbeitsgericht auch gerne im 15-Minuten-Takt) terminiert wird, aber der Richter meint, auch die sich als aufwendiger erweisendenden Fälle bis zum Urteil durchverhandeln zu müssen, so daß sich langsam die Leute auf dem Flur stapeln und um 15.00 Uhr noch nicht mit der dritten Verhandlung begonnen wurde (kein Grund jedoch, den Rest nach Hause zu schicken; der wird erst um 18.10 Uhr entlassen und auch nur deshalb, weil der Wachtmeister dem Richter mit dem Personalrat droht).

  5. 5
    Ein Staatsanwalt says:

    Dass der kurze Prozess meistens schlecht für den Angeklagten endet, kann ich so nicht unterschreiben. Die Verhandlungen der 15-Minuten-Takt-Richter, mit denen ich zu tun habe (und ich meine 15-Minuten-Takt – der Sitzungsaushang oben m.E. für einen Amtsgerichtstag eigentlich normal), haben nicht nur mit der StPO allenfalls am Rande zu tun haben, sondern enden auch häufig durch eher milde Urteile. Schließlich haben sie auch häufig keine Lust, ewig lange Urteile zu schreiben, ein mildes Urteil wird vom Angeklagten eher akzeptiert, und die Staatsanwaltschaft wird schon nicht in Berufung gehen.

  6. 6
    Ref.iur. says:

    @ JJ Preston

    Meine Ausbilderin bei der StA wusste – obwohl sie schon eine Weile dabei ist – auch nicht, dass die Strafgewalt eines Strafrichters bei vier Jahren liegt. Als ich es einmal per Zufall erwähnte, wollte sie mich korrigieren. Nur durch einen griffbereiten StPO (GVG) Kommentar und schnelles Nachschlagen konnte ich ihr nachweisen, dass sie und nicht ich falsch lag. Sie redete sich dann damit raus, dass dies wohl eher eine theoretische Kompetenz sei, sie habe dies jedenfalls noch nie erlebt…

      Daß es sich um theoretische Kompentenz handelt, wird durch meinen Fehler belegt. ;-) Ich mußte es auch erst nachschlagen. In der Praxis habe ich es tatsächlich nicht erlebt, daß ein Strafrichter über die 2 Jahre hinausging; statt dessen wurden die mir bekannten Sachen ausgesetzt und zum Schöffengericht abgegeben. crh
  7. 7
    Ref.iur. says:

    Fragen zu Berliner Aktenzeichen:

    1) Wozu steht „OP“ im Az. der StA?

    2) Warum sind die laufenden Eingangsnummern bei den Az. der StA alle so niedrig. Werden die Eingangsnummern in Berlin für jede Abteilung / jedes Dezernat extra erfasst oder ist das bloß Zufall?

  8. 8

    @Ref.iur.

    Ad 1) Klixduhier: http://tinyurl.com/33quev – „OP“ steht für Opiate, die Sachen werden von einer Spezialtruppe der StA bearbeitet.

    Ad 2) Soweit ich informiert bin, werden die Fallzahlen für jede Abteilung gesondert hochgezählt.

    Ist das bei anderen StA anders und kommen dadurch in kleinen Sprengel die fünfstelligen Zahlen zustande?

  9. 9
    Tom Paris says:

    @Hoenig

    Eine Aussetzung und Verweisung an das Schöffengericht dürfte nach Eröffnung des Hauptverfahrens nicht mehr in Betracht kommen. Das Schöffengericht ist gegenüber dem Strafrichter kein Gericht „höherer Ordnung“, an das man abgeben kann.

  10. 10

    @Tom Paris:

    Besten Dank für den Tip, den ich sicher in der Revision verwerten kann. ;-)

    Bis dahin können Sie sich ja das hier mal anschauen; so geht das. 8-) (Für den Unkundigen: „Ls“ ist das Schöffengericht, „Ds“ der Strafrichter.)

  11. 11
    Tom Paris says:

    vgl. Meyer-Goßner, StPO, 52. Auflage, § 225a Rn. 5 m.w.N.

  12. 12
    Ref.iur. says:

    @ crh

    Vielen Dank für die Info. In meiner Strafstation war ich einem BtM-Dezernat in einer eher kleinen StA in Niedersachsen zugewiesen. Dort gab es ganz normale Js-Aktenzeichen für die BtM-Sachen.

    Bei den Fallzahlen handelte es sich immer um die Fallzahlen der kompletten Staatsanwaltschaft, d.h. die Zahlen waren meistens im fünfstelligen Bereich. Anders als in Berlin ist in Niedersachsen das Az. der StA auch Teil des Az. des Gerichts.

    Bsp. Nds.: 25 Ds 6175 Js 23694/08 (113/09)
    – 25. Abteilung des Gerichts, 113. Strafrichtersache aus 2009
    – 6175. Dezernat der Staatsanwaltschaft (ein Dezernent), 23694. Js-Sache die bei der ganzen Staatsanwaltschaft beim entsprechenden LG in 2008 eingetragen worden ist.