Dem Volk auf’s Maul geschaut

Nun hat es einen weiteren Randalierer erwischt:

Ein Moabiter Schöffengericht hat am Dienstag einen 26-jährigen Berliner, der bei den schweren Ausschreitungen am 1. Mai Flaschen auf Polizisten geworfen hatte, wegen schweren Landfriedensbruchs und versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt.

berichten M. Mielke, M. Wittge und S. Pletl stimmungsvoll in der Berliner Morgenpost.

In ihrem eigenen Bericht korrigieren sie später allerdings diese unzutreffende Zusammenfassung:

Für die Taten am 1. Mai verhängte das Schöffengericht zwei Jahre und sechs Monate wegen schweren Landfriedensbruchs und versuchter gefährlicher Körperverletzung.

Zusätzlich gab es noch eine Bestrafung für einen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und für eine Brandstiftung. Und einen Zuschlag für ein paar Vorstrafen. Keinen Rabatt gab es aber im Zusammenhang mit der „Randale“ für die erhebliche Alkoholisierung des Verurteilten zur Tatzeit.

So sieht die Sache also schon wieder ganz anders aus: 30 Monate für 12 nachgewiesene Flaschenwürfe auf Polizeibeamte und den Versuch, sich nicht verhaften zu lassen. Der Rest hatte mit dem 1. Mai nichts zu tun.

18 Monate Haft ohne Bewährung. Für einen folgenlosen Wurf mit einer Flasche gegen ein protektoren-geschütztes Polizistenbein, im Zustand eines Vollrauschs.

Das war das Ergebnis eines anderen Falls, über den ich bereits berichtet hatte.

Weitere Berichte über dieses neue Verfahren finden sich auch in der taz, in Berliner Zeitung und im Tagesspiegel. Dummes undifferenziertes Zeug darüber steht hingegen mal wieder in der B.Z..

Insgesamt erkennbar ist aber die Tendenz, daß hier aus generalpräventiven Gründen mit heftigen Strafen reagiert werden soll, was dann natürlich auch von den Politikern, die wiedergewählt werden wollen, beapplaudiert wird.

Ich bin gespannt, was in den weiteren Verfahren noch herauskommt. Und: Ob die Richter am Land- und Kammergericht diese Strafzumessungen im Rechtsmittel halten werden. Nicht nur angesichts dessen, daß in beiden Fällen eine Verletzung von Polizeibeamten nicht nachgewiesen werden konnten, halte ich das Strafmaß jeweils für überzogen. Die Amtsgerichte orientieren sich eben lieber an Volkes Stimme als am Gesetz.

Dieser Beitrag wurde unter Medien, Politisches, Strafrecht veröffentlicht.

8 Antworten auf Dem Volk auf’s Maul geschaut

  1. 1
    JL says:

    „Folgenlos“?? „Keine Verletzung nachgewiesen“??

    Vielleicht konsultieren Sie nochmal Ihr altes Strafrechtslehrbuch zu den Gründen der Versuchsstrafbarkeit (und natürlich § 46 StGB).

  2. 2
    RALupo says:

    „18 Monate Haft ohne Bewährung. Für einen folgenlosen Wurf mit einer Flasche gegen ein protektoren-geschütztes Polizistenbein, im Zustand eines Vollrauschs.“

    na, das tut man ja auch nicht.

  3. 3
    Hannes says:

    Was ist denn das für ein Blödsinn? Muss ein Polizist unbedingt verletzt werden, damit man einen Mordversuch auf ihn verurteilen darf?

    Wer Flaschen auf Polizisten wirft, für den sind 3 Jahre Knast viel zu wenig. Um solche Menschen ist es nicht schade, wenn sie mal 3 Jahre weg sind.

  4. 4
    egal says:

    etwas offtopic, aber vielleicht doch interessant:

    http://mp3.swr.de/swr1/bw/leute/ulrich-endres-strafverteidiger.6444m.mp3

    Gespräch mit Ulrich Endres zur Rolle als Strafverteidiger

  5. 5
    Viktor says:

    Ja Herr Hoenig,

    was für eine Strafe ist denn für solche Randalierer angemessen? Hier liest man nur, das wäre „unverhältnismäßig“ viel…

    Könnten Sie sich da mal genauer äußern? Jeweils einen Monat pro Flasche?

  6. 6
    das ich says:

    Also bitte…wenn ihnen die Strafen hier zu hoch sind dann kommen sie nach Köln und verteidigen nur noch Jugendliche Straftäter mit Migrationshintergrund.
    Da gibt es dann 9 Monate auf Bewährung wenn man bei einem illegalen Autorennen, bekifft und ohne Führerschein einen an der Ampel stehenden Passanten totfährt.
    Lt. Richter haben die doch sooo eine gute Sozialprognose…
    Ich finde dann man schon härter Durchgreifen sollte…es wird keiner gezwungen Flaschen auf Menschen zu werfen und eventuel schwere Verletzungen in Kauf zu nehmen.

    Kann man aber auch anders sehen.

  7. 7
    Agiro says:

    Wenn ich die eine oder andere Kommentierung z.B. zu dem Blogeintrag „Dem Volk auf´s Maul geschaut“ lese, dann scheint es etliche Leute zu geben, die besser nicht Schöffe werden sollten – auch ohne in der NPD zu sein.

  8. 8
    Agiro says:

    „Wenn ich die eine oder andere Kommentierung …“

    Sorry, falschen Beitrag kommentiert.