Den Caffè gibt’s auch künftig kostenlos

Ein von mir sehr geschätzter Kollege hat mich zum Nachdenken gebracht: Fahren wir mit unseren – ehemaligen – Angeboten (Akteneinsicht für 30 Euro) unsere Kanzlei wirtschaftlich gegen die Wand? Sollen wir unseren Mandanten und Besuchern wirklich weiterhin den Caffè kostenlos servieren? Ich überlege mal laut, zum Mithören.

Wir kaufen einen guten, daher teuren Caffè, meist den aus Triest, ein. Dazu sind zunächst Recherchen über die Bezugsquellen notwendig – und zwar unter Beachtung steuerstrafrechtlicher Gesichtspunkte. Mal eben nach Italien fahren und 10 kg Caffè über die Grenze bringen, ohne die Kaffeesteuer zu entrichten, führt zu Verteidigungsbedarf.

Die Espressobohnen werden dann portionsweise in einer spanischen Mühle in exakt definiertem Mahlgrad zerkleinert, ohne daß durch den Mahlvorgang das Aroma des Caffès beeinträchtigt wird. Aufpassen: Die Luftfeuchtigkeit hat Einfluß auf die Durchlaufgeschwindigkeit (dazu gleich mehr), deswegen muß der Mahlgrad stets angepaßt werden.

Der mit ziemlich genau 8 Gramm Caffèpulver gefüllte Siebträger wird dann in den Faema-Brühkopf der Brasilia gesteckt, die rund um die Uhr in Betrieb ist, damit wechselnde Temperaturen das Innenleben der Barmaschine nicht beschädigen können.

In dem Kessel der macchina befindet sich das heiße Wasser, das einen langen Weg aus dem Berliner Untergrund durch einen speziellen Filter und einen Druckminderer geflossen ist. Der Filter neutralisiert einen Großteil des Kalks, ohne allerdings diesen Geschmackträger völlig zu entfernen. Man muß nur darauf achten, das Filterelement regelmäßig zu regenerieren.

Das Wasser, das nun durch den Brühkopf gedrückt wird, kommt aus der Leitung, ist also frisch und kein abgestandenes Kesselwasser. Ziemlich genau 20 Sekunden dauert es, bis die vorgewärmte Tasse gefüllt und der Caffè durch eine dicke Cremaschicht hindurch duftet. Fließt es schneller, wird der Caffè „dünn“, dauert es länger, schmeckt er bitter. Druck und Temperatur des Wassers sowie Menge und Mahlgrad des Espressos müssen also fein aufeinander abgestimmt werden.

Das Ganze funktioniert aber auch nur dann mit einem Ergebnis, das sich „sehen“ lassen kann, wenn das Maschinchen stets sauber gehalten und täglich gepflegt wird.

Zum Caffè gibt es weißen oder braunen Zucker und einen Keks (Das ist allerdings in unserer Kanzlei noch ein Problem, die Kekse schmecken nämlich auch ohne Caffè!).

Für den auf diesem Wege hergestellten Genuß zahlt man in Düsseldorf in einem Café locker mal 2 bis 3 Euro. Dort wird das Getränk allerdings von Gastwirten gebraut. Bei uns macht das ein Strafverteidiger. Vergleicht man die üblichen Stundensätze von Gastwirten mit denen von Anwälten, müßte die Tasse Espresso bei uns eigentlich knapp unter 50 Euro liegen.

Und diesen Wert stellen wir unseren Mandanten und allen anderen Besuchern mit großer Freude zur Verfügung. Kostenlos. Auch künftig. Damit sie genauso gern wiederkommen, wie Udo Vetter, wenn er uns denn irgend einmal in Kreuzberg besucht hat. :-) Das ist mir der Aufwand wert.

 

Dieser Beitrag wurde unter In eigener Sache veröffentlicht.

21 Antworten auf Den Caffè gibt’s auch künftig kostenlos

  1. 1

    Wannen-Erhalter, Mehrfach-Blogger, Gastronom und nebenbei wird noch strafverteidigt… könnte eigentlich den Stoff für eine Anwaltsserie abgeben… *g*

  2. 2
    Lord says:

    Sie speisen offenbar nicht in so Läden wie dem Borchards oder dem Guy? Ich hoffe mal, daß die andere Stundensätze haben…

  3. 3
    Tilman says:

    Würde der Caffè eigentlich besser oder schlechter schmecken, wenn man statt Leitungswasser ein salzarmes stilles Mineralwasser verwendet? (Falls sich dadurch der Herstellungspreis stark erhöht – wieviel Strom kostet denn der Standby-Betrieb der macchina?)

  4. 4
    Bert Bock says:

    Bis einschließlich 10 kg dürften mittlerweile aber in jedem Fall frei sein.

  5. 5
    rajede says:

    Warum solltest Du Kaffeesteuer für einen Einkauf in Italien hier in Deutschland entrichten?
    Bist Du süchtig danach Steuern zu zahlen?
    Laß uns gemeinsam den Cááfè holen …

  6. 6
    IngeLein says:

    @5:

    Weil Kaffeesteuer eine deutsche Verbrauchsteuer ist?
    Bis 10 kg darf man aus dem europäischen Ausland für den PRIVATEN Gebrauch steuerfrei mitbringen.

    Siehe dazu:
    http://www.zoll.de/c0_reise_und_post/a0_reiseverkehr/a0_reisen_innerhalb_eg/index.html

  7. 7
    b.b. says:

    Ist der Eintrag jetzt indirekt als Einladung zu einem Kanzleibesuch zu werten? ;)

  8. 8
    doppelfish says:

    b. b.: Klar! Sie müssen nur die Vorbedingungen erfüllen :)

  9. 9

    caffè. Wat für ’ne sondersame Schreibe (ich weiß, korrekt, aber tut trotzdem weh in den Augen): Café!

  10. 10
    Das Ich says:

    2-3 Euro in Düsseldorf??? Werter Herr Hoenig, lange nicht mehr ausserhalb Berlins gewesen??? Vielleicht im Armenvierteln von Düsseldorf. ;-) Aber doch nicht auf der Kö. ;-)

    Grüsse ausm Rheinland..

    Alaaaf!!!!

  11. 11
    Jim says:

    @Lord

    Borchards ist vermutlich die Eckkneipe bei Ihnen im Kiez, kann aber mal das Borchardt in Mitte empfehlen, kriegt nur nicht jeder einen Tisch. ;-)

  12. 12
    LoVo says:

    Na dann ist es ja kein Wunder, wenn die Kriminalität nicht abnimmt! Wenn die Kriminellen schon mit extra gutem Caffè dazu verführt werden, wieder straffällig zu werden, damit sie bei ihrem Anwalt wieder den besonders guten Caffè genießen können… :wink:

  13. 13
    Th. Koch says:

    Ich weiß nicht genau, wie die Rechtslage in Berlin ist, aber wer Getränke gegen Entgelt abgibt, benötigt meines Wissens eine Schankerlaubnis, die erst nach einer Schulung im Lebensmittelrecht zu erhalten ist (es handelt sich dann nämlich um eine Gaststätte).

  14. 14

    Rechtslage in Berlin

    Berliner dürfen das!

  15. 15

    […] Ganz schön lecker. Wenn ich jetzt Beschuldigter einer Straftat wäre, würde ich mir allein deswegen ein neues Mandat erteilen. […]

  16. 16

    […] haben eben keinen Vollautomaten und hier pflegt der Chef seine macchina noch selbst. Wie das geht, steht hier. Soviel Mühe sollte man sich schon machen, wenn man etwas Besonderes anbieten […]

  17. 17

    […] Absolut einvernehmlich ? Warum lassen die sich denn überhaupt scheiden ? Schon so manche/r, der dachte, die Scheidung liefe absolut einvernehmlich, hat sich am Ende – öhm – gewundert. Selbst wenn alles einvernehmlich ist, was spricht dagegen, eine Anwaltskanzlei zu betreten. Bei manchen gibt sogar ordentlichenKaffee. […]

  18. 18

    […] es ist manchmal etwas mühsam, den komplizierteren Weg zu gehen. Es kommt jedoch drauf an, was am Ende hinten aus dem Siebträger raus […]

  19. 19

    […] in Düsseldorf nämlich niemanden. Und hier in Berlin ist der Caffè preiswerter, habe ich mir berichten […]

  20. 20
    Siegfried Schlosser says:

    schade schade – ich bin Teetrinker ! (und Raucher, darf man das noch bei Dir?)

  21. 21

    […] man bei dem Kollegen noch klassisch auf guten Kaffee setzt, gibt es andererorts schon Cappuccino und Pflaumenkuchen zur Scheidungsberatung […]