Generalpräventive Beweislage

Der Kollege, nicht sie, habe eine dunkelgekleidete jugendliche Person Richtung Frankfurter Tor gehen gesehen, so die Zeugin. Dunkel gekleidete Personen seien aufgrund der vielen Brandstiftungen per se verdächtig. „Wir waren sensibilisiert“, so L.

Man habe kehrtgemacht, um der Person zu folgen. Da hätten sie und ihr Kollege an einem der geparkten Autos einen Feuerschein gesehen. Auf einem Reifen des Opel hätten drei Grillanzünder gebrannt. Der Kollege Sch. habe die Brandsätze mit dem Schlagstock heruntergeschoben, berichtet die Beamtin L. Sie selbst sei zu Fuß in Richtung Treppe am Frankfurter Tor gerannt. Von dem Moment an, wo sie aus dem Wagen gestiegen sei, habe sie die Straße immer im Blick gehabt, aber keine Person gesehen.

Oben auf der Treppe angekommen, habe sie auf dem davorliegenden Platz „mittig“ eine Person laufen gesehen. Auf dem Platz seien noch zwei, drei weitere Menschen gewesen. Ihr Kollege sei mit dem Wagen nachgekommen und habe auf eine Person gezeigt, die er an der Statur erkannt haben will. In einem Spätkauf wird Alexandra R. kurz darauf festgenommen – in der Hand einen 5-Euro-Schein.

Die Beamtin berichtet, dass R. zwei Feuerzeuge und einen Sprühkopf einer Sprayflasche bei sich gehabt habe. Am Tatort seien in der Nähe des Opel zwei Sprayflaschen gefunden worden. Die Frage, ob der bei R. gefundene Sprühkopf zu den Sprayflaschen gehört, ist nach Angaben der Rechtsanwältinnen einem Gutachten zufolge negativ beschieden worden.

Quelle: taz vom 30.09.09 über die Beweisaufnahme in der Strafsache gegen Alexandra R.

Das ist die Beweislage, die derzeit – noch – die Grundlage für einen Haftbefehl bildet, auf dem Alexandra R. seit dem 20. Mai 2009 im Knast sitzt. Und das wäre ein unglaublicher Skandal, wenn die Staatsanwaltschaft nicht mehr hat als dieses reichlich dünne Eis. Danach sieht’s bislang nicht aus.

To be continued … am Dienstag, den 13. Oktober 2009, im Kriminalgericht Moabit. Dann soll insbesondere der Kollege der Polizeibeamtin gehört werden.

Dieser Beitrag wurde unter Justiz, Staatsanwaltschaft, Strafrecht veröffentlicht.

10 Antworten auf Generalpräventive Beweislage

  1. 1
    interessierte ma says:

    auch ich finde die beweislage bei den beiden „hassbrennern“ „chaoten“ und „Branndstiftern“ alexandra r. und christoph t. sehr dürftig und bei genauem hinschauen völlig absurd. es sollte wohl auch nur um eine bevölkerungsberuhigung gehen und um die fangquote vor der wahl.
    ich danke ihnen für diese veröffentlichung.
    eine ma

  2. 2
    doppelfish says:

    Zudem stellt sich doch die Frage, ob jemand, der sich so leicht dermassen „sensibilisieren“ lässt, überhaupt noch für den Polizeidienst geeignet ist. Vielleicht sollte man Beamtin L. und ihren Kollegen Sch. mindestens zum Innendienst versetzen. Generalpräventiv, quasi, zur Sicherheit der Bevölkerung.

  3. 3

    Spricht viel dafür, dass die Nichtaufhebung des Haftbefehls nach dem ersten Verhandlungstag später einer anderweitigen Überprüfung zugänglich gemacht werden sollte – aus generalpräventiven Gründen, denn auch Beugung muss verhindert werden, also Menschenbeugung, Pflanzenbeugung, Linksbeugung …

  4. 4

    […] This post was mentioned on Twitter by VSNFD. VSNFD said: Zur falschen Zeit am falschen Ort http://bit.ly/T1f8u #Grundrechte bei der Arbeit #Polizei #Berlin […]

  5. 5
    isi says:

    Na ja, ich hab‘ das gestern mittag bei taz.de gelesen und habe mir am Abend den Spaß gemacht, auf dem Weg zum Roller 5 Minuten am Drehkreuz (ein kleiner Seitenausgang des Betriebsgeländes) zu warten und zu sehen, wer alles kommt…:

    44 Leute, davon:
    36 in schwarzer oder dunkelblauer „Business“-Kleidung, einige immerhin noch mit hellen Hemden oder Blusen, 22 waren komplett dunkel.

    Wenn man dann das gestrige Wetter einrechnet – es war warm, keine Mäntel oder Überjacken außer bei den Motorradfahrern, das hätte die Quote eventuell noch erhöht – muß ich wohl davon ausgehen, daß ich in einer Brandstifterorganisation arbeite… :-(

    Mal ehrlich – wenn dunkle Kleidung schon _so_ verdächtig ist, sollte man nicht mal über Vorbeugehaft für Manager und Leibwächter (die Steroidpakete in den dunklen Anzügen und schwarzen Hemden) nachdenken?

  6. 6

    @ isi:

    Ich – meist schwarz gekleidet – werde mir dann wohl überlegen müssen, auf so ein Frühstück künftig besser zu verzichten. Bei mir zuhause finden sich nämlich auch Grillanzünder.

  7. 7
    Anonym says:

    Hier gibts einen ausführlichen Bericht vom 1. Prozesstag gegen Alexandra: http://linksunten.indymedia.org/de/node/11714

    Auch im Fall von Christoph T. baut das Ganze auf einer äußerst dünnen Beweislage auf: http://linksunten.indymedia.org/de/node/11527

    Interessierten sei folgende Webseite ans Herz gelegt: http://www.engarde.blogsport.de/

  8. 8
    Tilman says:

    Mich wundert dass der andere Polizist nicht am gleichen Tag vernommen wurde. Am 13.10 sind doch ca. 2 Wochen vergangen. Da haben doch die Beteiligten das meiste von der ersten Polizistin vergessen, und laufende Steno-Abschriften wie in den USA gibts bei deutschen Gerichten nicht.

  9. 9
    Komisch says:

    Lässt man eine solche verdächtige Person nicht besser laufen, um mit Telefonüberwachung und Dauerbeschattung handfeste Beweise und mögliche Mittäter zu finden?

  10. 10
    isi says:

    @crh (06):

    Sie geben also zu, daß Sie Grillanzünder zuhause haben… Also da würde ich mir jetzt Sorgen machen…

    Na ja, mir geht’s ja auch so – ich habe sogar einen passenden Grill als Tarnung… ;-)

    Wann wohl die Kundendatenbanken von Amazon beschlagnahmt werden? Immerhin verkaufen die Terrorhilfsmittel: hier