Vom Job Center, aka Arbeitsamt, sind wir ja nun schon einiges gewohnt. Das betriebsinterne Chaos sorgt immer mal wieder für Unterhaltung. Die Leidtragenden aber sind regelmäßig diejenigen „Kunden“, denen die Leute in dem SaftLaden eigentlich helfen sollen. Hier geht es nun um einen besonders perfiden Fall.
Der Mandant wurde ohne jede Vorankündigung verhaftet, also aus dem prallen Leben gepflückt. Mitnehmen durfte er nichts, er hatte auch nur das dabei, was er auf dem Leibe trug. Erst ein paar Tage später wurde er mit dem Notwendigen von Freunden und Verwandten versorgt. Seit dem 20. August sitzt er nun in Haft und wartet auf seinen Prozeß vor der großen Strafkammer beim Landgericht … keine Kleinigkeit also, die ihn da auf ihn zurollt.
Nun aber tritt das Arbeitsamt auf die Bühne:
Der Mandant soll also es grob fahrlässig versäumt haben, bei seiner Verhaftung den Ordner mit den Arbeitslosengeldunterlagen mitzunehmen, damit er sich in der Untersuchungshaft darum kümmern kann. Er soll es grob fahrlässig unterlassen haben, das Arbeitslosenamt von seiner Inhaftierung und dem zu erwartenden Strafmaß unterrichtet zu haben.
Ob sich diese Frau R., die diesen Brief an die Meldeanschrift des Mandanten, also nicht in den Knast, geschickt hat, Gedanken gemacht hat, die weiter gehen als von der Wand bis zur Tapete? Ich glaub’s nicht. Dafür wird dort ja scheinbar niemand bezahlt.
Die Mitarbeiter schaffen ja immerhin 1,4 Jobvermittlungen pro Monat in unsubventionierte Beschäftigung!
Da hat man doch Zeit für anderen Irrsinn. Wahrscheinlich droht jetzt auch noch eine Verurteilung wegen Erschleichung von Sozialleistungen. Nichts ist unmöglich im Irrenhaus
Nicht nur scheinbar, sondern offensichtlich auch anscheinend.
Och… bemitleidenswerte Schicksal. In drei Monaten war es ihm bestimmt tatsächlich völlig unmöglich, eine entsprechende Nachricht abzusetzen, da es für das Job Center eben keine zentrale Service-Rufnummer gibt und man für ein einfaches Telefonat immer alle Unterlagen griffbereit bei sich führen sollte.
Frau R. hat Recht! Ich hoffe, mir wird nach meiner Beisetzung noch ein Kostenplan zugesandt, so dass ich für die entstandenen Kosten aufkommen kann ;-)
@ Ingo
Woher wissen Sie, ob und welche Art von Telefonaten der Mandant führen konnte oder durfte?
Telefonieren während der U – haft dürfte etwas schwierig sein.
Schriftliche Kontaktaufnahme mit dem Leistungsträger – ggf. unter Zuhilfenahme der Sozialarbeiter in der JVA – ist jedenfalls hier in NRW problemlos regelmäßig möglich, wie ich aus eigener Anschauung weiß. Es gibt genügend Inhaftierte die auch aus der U-Haft raus mit dem Leistungsträger bspw. wegen der weiteren Übernahme der Mieten korrespondieren. Niemand erwartet ernsthaft eine entsprechende Mitteilung noch am Tag der Verhaftung, aber bei dem oben ersichtlichen Zeitraum ist es wohl einem Empfänger staatlicher Gelder, die bekanntermaßen nicht als persönliches Geschenk gedacht sind, durchaus zuzumuten sich zu rühren. Diese Pflicht trifft alle Empfänger staatlicher Zuwendungen, sei es nun ALG II, Kindergeld oder Firmensubventionen.
Ich weiß nicht was hier außer der falschen Anschrift dem Job – Center vorzuwerfen sein soll.
Achja, meine letzte Begegnung mit Arbeitsamt scheiterte schon daran das die junge Dame mit meiner Berufsbezeichnung gänzlich überfordert war.
Sie stammelte irgendwas von „Wenn Sie mir nicht eine ordnungsgemäße Berufsbezeichnung geben, dann können wir Sie auch nicht sinnvoll vermitteln.“. Woraufhin ich nur ein „Sie glauben doch nicht ernsthaft das Sie mich jemals vermitteln können, wenn Sie bereits meine Berufsbezeichnung überfordert.“ entgegnete.
Ja, so macht man sich Freunde!
Die sind doch grundsätzlich merkbefreit in dem Laden, das Problem ist eher das die (teilweise) unbegründet soviel ‚Macht‘ auf den Einzelnen ausüben können.
Da werden Erinnerungen wach…
Mensch, freue ich mich auf die Ref-Station in der Verwaltung :-)
Lassen sich die Organisatoren der Jobcenter/Arge von Geschädigten eigentlich rechtlich belangen oder haben wir uns an verordnete Ineffizienz in unseren Behörden zu gewöhnen?
Aber der Mandant hatte doch in der U-Haft auch keine Möglichkeit die Hartz-Kohle (und darum handelt es sich ja und nicht um ALG I) auszugeben. Die dürfte doch noch auf dem Konto sein. Bei Bedarfsgemeinschaft sollte der Partner in der Lage gewesen sein, die ARGE zu benachrichtigen. Jetzt echt mal, kein Mitleid!
Ich verstehe die Aufregung auch nicht.
Klar unterstellt man mit Formulierung „zumindest grob fahrlässig“ Betrugsabsichten – aber ist das aus deren Perspektive so abwegig?
Aber, mal vom Ton abgesehen, ist das doch durchaus korrekt. Keine „Strafe“, die Möglichkeit sich in einer annehmbaren Frist zu äussern und ggf. in kleineren Raten abstottern.
Was soll denn die alternative sein?
Oft kommt es einem so vor, das aus der Perspektive des JobCenters jeder ‚Bedürftige‘ keiner ist, sondern nur ein weiterer ‚Sozialschmarotzer‘ der deren Etat plündern möchte.
Ich hab da vor gut 3 Jahren Sachen erlebt und Freunde von mir erleben dort immernoch, jeden Monat aufs neue, wundervolle Dinge.
Es geht oft auch nicht um das ‚Warum‘, sondern eher um das ‚Wie‘. Nicht selten wird sehr respektlos mit den eigentlichen ‚Kunden‘ umgesprungen.
Ich möchte natürlich nicht abstreiten das es ab und an auch seine Berechtigung hat, aber eben nicht immer. Trotzdem neigt das JobCenter und seine ‚übereifrigen‘ Mitarbeiter oft zu einer Gleichstellung der ‚Kunden‘ im negativen Sinne.
Es geht also nur um einen Monat.
Evtl. hatte er ja mit seiner baldigen Entlassung aus der U-Haft gerechnet.
Sollte ich an dieser Stelle, und natürlich nur als Hinweis, Arno Dübel ins Rennen werfen?
Sorry, habe ich vergessen: Natürlich ist mein Hinweis wie immer zum Schmunzeln geneigt. Ich möchte auch an dieser Stelle keine Randgruppen angreifen oder verunglimpfen o.ä.
Wenn man aus einem gut dotierten und angesehenen Job (inkl. Prokura) kommt und auf einmal die Kündigung auf dem Tisch hat, ist der „Besuch“ bei einem dieser Zentren lehrreich und hat u.U. bewußtseinserweiternde Wirkung. In meinem Fall wurde die Kündigung widerrufen, aber die Erfahrung des Besuches bei dieser Einrichtung hat mir die Süffisanz komplett ausgetrieben. Selbstverständlich habe ich auch vorher niemanden verunglimpft udn werde auch weiterhin diejenigen, die das System ausnutzen, kritisieren. ;-)
Aber diese Einrichtungen sind bevölkert von unmotivierten und arroganten Kaffeetrinkern, die aus Prinzip nicht ans Telefon gehen, wenn man nicht vorher vor Ort einen Termin vereinbart hat. Ausnahmen bestätigen sicher diese Regel.
Da könnte man meinen, Mitarbeiter beim Arbeitsamt werden bei jedem Besuch eines neuen Kunden nur an ihre schlechte Arbeitsleistung/ Vermittlungsquote erinnert und lassen den Frust dann an den Menschen aus.
Ich bin etwas überrascht von den Kommentaren. Für mein Empfinden geht weniger um die Erstattung rechtswidriger Leistungen als um die Art und Weise in der diese eingefordert wird.
Ist es zuviel verlangt den Leistungsempfänger vorher in einer Weise anzuhören, die dem Wort noch Rechnung trägt? Und muß gleich die große Keule geschwungen werden, wenn es um die Erläuterung der Rechtsfolgen geht? Es geht hier doch um eine feststehende Tatsache (Nichtanzeige der U-Haft), die der Bewertung bedarf.
Das unkonsequente Verhalten – Rechtsfolge der Inhaftierung erläutern, Zustellung an die Meldeadresse – trägt sein übriges zum entstandenen Bild bei.
Mich wundert die hohe Erfolgsquote bei Klagen in Angelegenheiten, die den Bezug von ALG II betreffen, angesichts solcher Briefe nicht.
hallo, hätte mal ne frage, vill. kann mir jemand helfen.
meine freundin sitzt in haft wegen einer geldstrafe und nun hat das jobcenter die leistungen eingestellt und sagt man könne sich nur die miete vom sozialamt zahlen lassen. das sozialamt wiederum sagt das es nur bei freiheitsstrafen die mietzahlungen übernimmt. zudem bekamm ich die auskunft einer dritten person das bei geldstrafern, das jobcenter bis zum sechsten monat der inhaftierung das jobcenter für regelleistung und mietzahlung verpflichtet sei.
villeicht kennt sich jemand aus und kann mir helfen was nun zu tun ist???
vielen dank m.anderson
Unter dem Begriff Sozialleistung versteht man die Dienst-, Geld- und Sachleistungen eines Gemeinwesens, die zur Sicherung oder Verwirklichung der Grundbedürfnisse des menschlichen Daseins aufgebracht werden (http://de.wikipedia.org/wiki/Sozialleistung).
Nun stehen die Hartz IV-Empfänger jedoch nach dieser Definition nicht allein da, denn demnach sind auch die über 100 000 MitarbeiterInnen der Bundesanstalt für Arbeit (und nicht nur diese) Sozialleistungsempfänger, denn sie erhalten ja auch Geldleistungen, die sie zur Sicherung ihrer eigenen Grundbedürfnisse benötigen. Bei DIESEN Menschen bekommt die Bezeichnung jedoch noch zusätzlich eine außerordentlich widerliche Note, weil sie sich meist unreflektiert und absolut freiwillig erdreisten, über Menschen, die um ihr Dasein kämpfen müssen, Macht in Form von Bevormundung und Unterdrückung auszuüben. Als Ergebnis dieser Sozialleistungen kommt nicht etwa bezahlte Arbeit, von der die Arbeitssuchenden finanziell sorglos existieren könnte, heraus, sondern in den meisten Fällen, Druck, Nötigung, Unterdrückung, Einengung, Bespitzelung, Unfreiheit und Sanktionierung.
Der Unterschied zwischen den Sozialleistungs-empfängern wird hier also deutlich: Hier ist es eine Form des menschenunwürdigen Bettelns und des psychisch ausgebeuteten und dadurch kraftlos gemachten Menschen, der einfach nur seine Grundrechte wahrnehmen möchte und gegen Ignoranz und dumpfe Egoisten kämpft, dort ist es ein anderes Wort für ausbeuten, missbrauchen, erschöpfen, ausziehen, sich zu Nutze machen. Die grausige Linie der Behördenwillkür wird hier erschreckend wie im letzten Jahrhundert fortgesetzt, und DAS war das blutigste und grausamste in der gesamten Menschheitsgeschichte.