Ab dem 1. September 2009 gilt § 16a der Berufsordnung der Rechtsanwälte (BORA) in neuer, geänderter Form:
Ablehnung der Beratungshilfe
(1) (aufgehoben)
(2) Der Rechtsanwalt ist nicht verpflichtet, einen Beratungshilfeantrag zu stellen.
(3) Der Rechtsanwalt kann die Beratungshilfe im Einzelfall aus wichtigem Grund ablehnen oder beenden. Ein wichtiger Grund kann in der Person des Rechtsanwaltes selbst oder in der Person oder dem Verhalten des Mandanten liegen. Ein wichtiger Grund kann auch darin liegen, dass die Beratungshilfebewilligung nicht den Voraussetzungen des Beratungshilfegesetzes entspricht. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn
a) der Rechtsanwalt durch eine Erkrankung oder durch berufliche Überlastung an der Beratung/Vertretung gehindert ist;
b) (aufgehoben)
c) der beratungshilfeberechtigte Mandant seine für die Mandatsbearbeitung erforderliche Mitarbeit verweigert;
d) das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant aus Gründen, die im Verhalten oder in der Person des Mandanten liegen, schwerwiegend gestört ist;
e) sich herausstellt, dass die Einkommens- und/oder Vermögensverhältnisse des Mandanten die Bewilligung von Beratungshilfe nicht rechtfertigen;
f) (aufgehoben)
g) (aufgehoben).
Die Satzungsversammlung, die diese Vorschrift entworfen hat und die vom Bundesjustizministerium mit Bescheid vom 12. März 2009 teilweise geändert wurde, wird sich sicherlich Gedanken darüber gemacht haben, was Rechtsanwälte machen sollen, die mit dem Problem des Mandanten überfordert sind.
Wenn es beispielsweise um eine Frage im Familienrecht geht und der Anwalt schon während des Studiums das Familienrecht nur vom Hörensagen kannte und ein Familiengericht noch nie von innen gesehen hat: Soll er nach dem Willen des Satzungsgebers das Mandat dann trotzdem bearbeiten?
Oder warum ist der Ablehnungsgrund „Keine Ahnung“ kein Regelbeispiel des Absatzes 3?
Damit der vom Mandanten ausgewählte, hochqualifizierte und — außerhalb der Beratungshilfe — ebenso hochbezahlte Fachmann für Steuerstrafrecht sich aus einem für ihn unwirtschaftlichen Mandat nicht herausreden kann mit: „Davon habe ich keine Ahnung, ich bearbeite sonst immer nur die Hinterziehungsfälle mit Liechtenstein-Bezug.“
Bei einem nicht beihilfeberechtigten Mandanten stellt sich das Problem nicht?
@ rw:
Glauben Sie wirklich ernsthaft, ich würde ein Mandat in einem Rechtsgebiet annehmen, in dem ich mich nicht auskenne, nur weil mir diese Vorschrift es vorschreibt?
Wer ist denn am Ende der Leidtragende, wenn ich Fehler mache?
Nein, deswegen machen wir es, wie hier beschrieben. Auch wenn es gegen die Satzung verstoßen sollte.
„der Ablehnungsgrund “Keine Ahnung” kein Regelbeispiel des Absatzes 3?“
Wieso – steht doch (nur leicht verklausuliert) darüber: „… in der Person des Rechtsanwaltes selbst“. ;-)