Kündigung wegen Stromdiebstahls

Einem Arbeiter aus Oberhausen ist fristlos gekündigt worden, weil er in seiner Firma sein Handy aufgeladen hat. Der Arbeitgeber wertete dies als Straftatbestand und erteilte Mohammed S. zudem Hausverbot.

Quelle: RP-Online

Das erinnert mich an ein Gerücht, das in Moabit umgeht. Dort soll ein Staatsanwalt in den Geschäftsstellen nachgesehen haben, ob die dortigen Mitarbeiter ihre (privaten) Telefone aufgeladen haben. Im Erwischensfall soll er dann Ermittlungsverfahren gegen die Mitarbeiter wegen Verstoßes gegen § 248c StGB („Stromdiebstahl„) eingeleitet haben.

So sind’se, die Arbeitgeber und Staatsanwälte.

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft, Strafrecht veröffentlicht.

22 Antworten auf Kündigung wegen Stromdiebstahls

  1. 1
    A.N. says:

    Man soll halt immer auf die Alternativkosten schauen, das hat der StA gut verinnerlicht. Zufriedene und produktive Mitarbeiter würden deutlich mehr Aufmerksamkeit des „Führungspersonals“ verlangen.

  2. 2
    GK says:

    Ich denke, es muss eine Grenze geben, eine Bagatellgrenze. Mal angenommen ein Arbeitnehmer, der nach Zeit bezahlt wird, kommt eine Minute zu spät zur Arbeit. Das entspräche bei einem Stundenlohn von 10 EUR einem Lohngegenwert von 16 cent. Und wenn er auf seinem Stundennachweis fürs Lohnbüro 08:00 bis 16:00 Uhr schreibt, statt 08:01 Uhr statt 16:00 Uhr, ist dass dann Betrug?
    Statt sich auf einen Vergleich einzulassen, würde ich als betroffener Arbeitnehmer zumindest versuchen gegen den Arbeitgeber wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB vorzugehen.

    PS: Sollte man in dem betreffenden Betrieb bspw. auch sein eigenes Blumenwasser zum Giessen mitbringen, falls man sich eine eigene Grünpflanze auf den Schreibtisch gestellt haben sollte?

  3. 3
    RALupo says:

    „Ich denke, es muss eine Grenze geben, eine Bagatellgrenze.“

    Auf den einzelnen AN betrachtet, liegen wir wohl im Cent-Bereich. Machen es zahllose Angestellte einer ganzen Behörde, dann entsteht dem AG oder dem Dienstherren durchaus ein beachtlicher Schaden.

    Es entspricht auch der weitverbreiteten Gedankenlosigkeit, sich einfach mal irgendwo irgendwie bei irgendwem zu bedienen ohne sich Gedanken darüber zu machen, dass auch jemand bezahlen muss.

  4. 4
    RALupo says:

    „Statt sich auf einen Vergleich einzulassen, würde ich als betroffener Arbeitnehmer zumindest versuchen gegen den Arbeitgeber wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB vorzugehen.“

    Genau. Nachdem ich mich auf Kosten meines Arbeitgebers bereichert habe, wehre ich mich dann gegen die Folgen mit dem Vorwurf, sittenwidriger Schädigung durch den Gegner. Das macht Sinn.

  5. 5
    doppelfish says:

    Genau, hier darf sich keine Toleranz einschleichen. Auch dem AG gegenüber! Keine Anweisung darf augefüht werden, wenn sie nicht explizit im Arbeitsvertrag geregelt ist (ggf. Betriebsrat oder Anwalt zur Rate ziehen, kostet ja nichts). Und pünktlich zum Feierabend fällt der Stift au fen Schreibtisch, das machen wir morgen.

    Dienst nach Vorschrift. Damit jeder was davon hat.

  6. 6
    Stefan Bildo says:

    248c ist nur dann einschlägig, wenn man den Strom „mittels eines Leiters entzieht, der zur ordnungsmäßigen Entnahme von Energie aus der Anlage oder Einrichtung nicht bestimmt ist“. Sollte das Handy also mit einem normalen Handy-Aufladekabel aufgeladen worden sein (wogegen hier nichts spricht), zieht 248c nicht. Der Paragraf wurde ja auch geschaffen als Reaktion auf einen Monteur, der an eine Stromleitung angezapft hatte, um für sich eine eigene Abzweigung zu schaffen. Aufgrund des Analogieverbots im Strafrecht darf 248c nicht auf andere als die im Straftatbestand beschriebenen Fälle angewendet werden, auch wenn die Fälle ansonsten durchaus vergleichbar sein mögen.

  7. 7
    rajede says:

    Ist das nicht eine Frage der Sozialadäquanz? Oder soll es auch Stromdiebstahl sein, wenn er im Nachbarzimmer das Licht anläßt, damit es ein wenig heller bei ihm ist oder wenn er ein Papierhandtuch mehr benutzt, als nötig gewesen wäre?

  8. 8
    Lisa says:

    Ist Ihnen wirklich kein Gerücht zu dämlich (und zu offensichtlich unwahr) um hier verbreitet zu werden, wenn es nur gegen die verhasste Staatsmacht gerichtet ist?

  9. 9

    Es geht mir doch auch um adäquate Kommentare auf solche Gerüchte.

  10. 10
    Hendrik says:

    Sie sind doch auch Arbeitgeber. Ich hoffe Sie machen es besser.

  11. 11

    Na klar. Ich habe noch niemanden wegen Pfandbonunterschlagung zum Teufel gejagt.

  12. 12
    egal says:

    Der Fall zeigt ganz gut, wie wenig sinnvoll diese Vertrauensverlust-Rechtsprechung ist ohne Berücksichtigung des Schadenwertes und Stellung des Schädigers.

    Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass man einen guten oder einen durchschnittlichen Mitarbeiter mit solchen Dingen belästigt.

    Es geht wohl ausschließlich darum, unbeliebte oder gar unkündbare Mitarbeiter (BR? ältere AN?) loszuwerden und genau dafür ist diese Rspr. auch das passende Mittel, so dass sich die Richterschaft als Helfer für die Umgehung des Kündigungschutzes schuldig machen.

    Allerdings haben solche Fälle auch etwas Gutes. Je krasser der Einzelfall wird, desto eher besteht die Möglichkeit, dass sich eine bedeutsame Gegenmeinung bildet. Vor ein paar Jahren musste ja selbst der große BGH belehrt werden, dass man mittellose Ehe- und Hausfrauen nicht über den Tisch ziehen darf. Vielleicht wird sich in ähnlicherweise diese ständige Rspr. des BAG ebenfalls auflösen?

  13. 13
    eborn says:

    Es gibt halt überall Bekloppte. In der freien Wirtschaft und bei den Behörden. Ohne diese Leute wäre es langweilig und Anwälte hätten weniger zu tun.

  14. 14
    Bürger says:

    Was ist eigentlich aus den guten alten Abmahnungen geworden? Das ist doch eine gute Lösung für solche Vorfälle :)

    Und wenn jetzt so sehr streng gegen Arbeitnehmer vorgegangen wird. Werden Chefs auch sofort gefeuert wenn sie sich weigern Überstunden im Wert von 1,60€ zu bezahlen? Oder die Spritkosten wenn man mal was mit dem eigenen Auto besorgen soll wenn der Dienstwagen weg ist?

    Man darf ja nicht vergessen wie viele Angestellte unbezahlt einen Mehrwert für die Firma liefern.

    Ich fände eine Bagatellregelung für beide Seiten fair ;)

  15. 15
    Kand.in.Sky says:

    Wird interessant zu sehen sein wie der Fall ausgeht und des Richters Nebenjobs. Und natürlich die allgegenwärtige Arbeitsüberlastung, die kompetente Richter Daniele Reber aber nicht von guter Rechtsprechung abhielt.

    Dem Vorschlag doppelfishs alle Arbeiten exakt dem Arbeitsvertrag einzuhalten kann insofern nur zugestimmt werden.

    Ach, und die Fa.Jawa Industrie-Dichtungen hat ihre PR, genauso wie z.B. Kaisers zuvor auch. Allerdings wäre ich als Auftraggeber beunruhigt – ist die Jagd nach 0.014 Cents ein Indiz für kommende Insolvenz?

    Und: Wann wird es Kündigungen wegen unnötigen Toilettengang geben?

    #k.

  16. 16

    […] ist ein weit verbreiteter Irrtum, wenn das Volk (und eine Blogkommentatorin) glaubt, Strafverteidiger hassen die Staatsmacht. Das Gegenteil ist der […]

  17. 17

    […] Fristlose Kündigung wegen »privaten Handy-Aufladens« bzw. »Stromdiebstahl« […]

  18. 18
    Horst says:

    Ich bin gegen eine Bagatellgrenze, denn schließlich kann es ja wirklich sein, dass das nicht das erste Mal war. Soetwas summiert sich auf einen ganzen Betrieb gesehen. Eine Kündigung halte ich allerdings für übertrieben, eine Abmahnung ist meiner Meinung nach angemessen. Kündigung erst im Wiederholungsfall. Immerhin gab es schon Fälle, in denen Mitarbeiter die Sicherheit gefhrdert haben und selbst dann konnte man sie nicht direkt kündigen. Wenn es nur um Geld geht.

  19. 19
    Horst says:

    Verzeihung, zu früh abgeschickt :-)
    … Wenn es nur um etwas Geld geht, sollte man als Führungskraft nicht mit übertriebener Härte reagieren – das schürt nur ein Angstklima im Betrieb, das viel mehr schadet als ein paar Cent Strom.

  20. 20
    Petra says:

    Mir scheint, dass man nach Gründen sucht, Arbeitnehmer zu entlassen. Da kommt doch jede Bagatelle nur recht. „Wer sucht, der finde.“
    Auch scheint mir, dass durch die Berichte in den Medien einige Bosse erst auf den Geschmack gekommen sind, dass sie endlich eine Arbeitnehmer-Loswerde-Lösung haben. Denn vielen war doch diese einfache, wenn auch fiese Methode noch gar nicht bewusst.
    Bei all den derartigen Berichten frage ich micht, ob es überhaupt noch eine Abmahnung gibt. Bei all den Bagatellen höre ich nur von fristloser Kündigung.

  21. 21
    Petra says:

    Ich bins nochmal. Mal von einer anderen Seite betrachtet. Ich brauche Arbeitsmaterialien und muss sie selbst kaufen, weil sie fehlen. Ich rufe öfters dienstlich von meinem Telefon an, da ich an das betriebseigene nicht immer rankomme…Habe aber schon vom betriebseigenen Telefon dringend meine Tochter anrufen müssen. Bin ich jetzt ein Dieb? Ich koche mir für meine Pause gern einen Tee mit meinem Wasserkocher, weil die Kantine fehlt. Klaue ich nun Strom? Beim Aufräumen an der Arbeitsstelle (sagen wir mal Kindergarten) stecke ich mir ein Spielteil (z.B. Würfel) in die Hosentasche, da das entsprechende Spiel im anderem Raum ist. Räume aber im ersten Raum noch zu Ende auf. Vergesse nun den Würfel und will nach Hause gehen. Nun werde ich mit dem Würfel in der Hosentasche erwischt. Bin ich nun ein Dieb (obwohl 6 Würfel mir gehören, was ich nicht beweisen kann)? usw., usw…

  22. 22
    rainer says:

    Schwesterwelle nimmt seinen freund mit auf Auslandsreisen, Bänker lügen und betrügen, Stuttgart 21 rechnet sich schön…. Armes deutschland!