Lustlose Staatsanwältin

Es geht um einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz (AMG). Im Konkreten war jetzt nur noch die Frage offen, handelt es sich um einen vermeidbaren oder um einen unvermeidbaren Verbotsirrtum.

Vor einigen Wochen hatte mir die Staatsanwältin mitgeteilt, sie werde das Problem gemeinsam mit ihrer Referendarin aufarbeiten und mir das Ergebnis formlos mitteilen. Auf diese Mitteilung habe ich nun viel zu lang gewartet. Die Mandantin ärgerte sich zu Recht darüber, daß das Verfahren einfach nicht voran kommt.

Mein Anruf bei der Staatsanwältin brachte eigentlich nichts Überraschendes: Die beabsichtigte Prüfung sei gescheitert. Die Gründe dafür teilte mir die Staatsanwältin nicht mit. Ich erahne sie aber (schließlich war ich ja selbst einmal Referendar bei der Staatsanwaltschaft).

Und es kam ein Vorschlag der Staatsanwältin – genau so, wie ich ihn erwarten mußte: Da die Referendarin ihr die Arbeit nicht abgenommen hat, soll dies nun der Verteidiger tun. Und dann solle ich auch noch mitteilen, ob die Mandantin mit einer Einstellung nach § 153 StPO oder § 153 a StPO einverstanden sei.

Ich habe dann wunschgemäß eine Verteidigungsschrift verfaßt:

… beantrage ich, das Verfahren nach § 170 II StPO einzustellen, weil die Beschuldigte einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterlegen ist. Einer Einstellung nach § 153 StPO oder § 153 a StPO stimmt die Beschuldigte nicht zu.

Der Verteidiger ist nicht der Büttel der Staatsanwaltschaft.

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

11 Antworten auf Lustlose Staatsanwältin

  1. 1
    ballmann says:

    1 – 1,5 Argumente für einen unvermeidbaren Verbotsirrtum hätten Sie ja nun wirklich nennen können.

  2. 2

    Steht alles in der Akte, man muß sie nur lesen. Und dafür bekommt die Staatsanwältin monatlich am Ersten ihr Gehalt auf’s Konto.

  3. 3
    Susanne says:

    Verdienen sich die Strafverteidiger so ihr Geld? Die Mandantin wird sich wohl noch viel mehr ärgern, wenn die Einstellungsgründe demnächst in öffentlicher Hauptverhandlung erörtert werden müssen.

  4. 4

    Wenn Sie einen Vertreter brauchen, der sich von den Ermittlern wie ein Tanzbär am Nasenring durch die Manege ziehen läßt: Bitte, suchen Sie sich einen aus.

    Im übrigen ist es nicht eine arbeitsscheue Staatsanwältin, die bestimmt, ob das Hauptverfahren eröffnet wird, § 199 StPO. Und ich kenne da durchaus den einen oder anderen Richter, der sein Gehalt wert ist. ;-)

  5. 5
    Peter says:

    Sie haben sich doch sicher vor Ihrer Verteidigungsschrift mit Ihrer Mandantin abgestimmt?

  6. 6
    Staatsanwalt says:

    Rätsel über Rätsel. Den Ablauf kann ich nicht nachvollziehen.

    Wieso sollte die Mandantin einer Einstellung nach §
    153 StPO des Ermittlungsverfahrens zustimmen (müssen)?

    Abgesehen mal davon, wenn ich der Verteidigung diese beiden Alternativen anbiete wäre doch klar dass höchstens § 153 zugestimmt würde.

    Allerdings spricht viel für § 153 StPO wenn die Dezernentin sich wochenlang den Kopf zerbrechen muss um die Rechtslage zu beurteilen und ein Referendar auch schon an dieser Aufgabe gescheitert ist.

  7. 7

    @Staatsanwalt:

    Die Zustimmung eines Beschuldigten zu einer Verfahrenseinstellung nach § 153 a StPO ist erforderlich, die zu § 153 StPO nicht. Insoweit haben Sie natürlich Recht.

    Es ist aber nicht unüblich, daß der Verteidiger darum gebeten wird, die Position des Mandanten (auch) zu § 153 StPO mitzuteilen; manchmal und in geeigneten Fällen bittet die StA den Verteidiger sogar darum, die Einstellung nach § 153 StPO zu beantragen bzw. anzuregen. Hier war es irgendwas dazwischen.

    Im übrigen: Sie sind „kollegialer Optimist“ ;-) – ich aber bezweifele, daß sich ihre Kollegin über diesen Fall den Kopf zerbrochen hat.

    Daß Sie den Ablauf nicht nachvollziehen können, sei Ihnen nachgesehen; schließlich liegt Ihnen die Verfahrensakte nicht vor. Der Ablauf ist aber auch nicht Thema dieses Beitrags, sondern die mangelnde Bereitschaft Ihrer Kollegin, den Fall aufzuarbeiten.

    @ Peter und Susanne:
    Sie sollten bei Ihren Gedanken berücksichtigen, daß die Einstellung eines Verfahrens durch die StA zur Folge hat, daß die Beschuldigte auf den Kosten der Verteidigung sitzen bleibt.

    Und je effektiver ein Verteidiger arbeitet, desto kostengünstiger kann die Verteidigung ausfallen. Weder Sie noch ich setzen sich einen ganzen Tag an den Schreibtisch und arbeiten für Gotteslohn, während im Hintergrund die Kosten weiterlaufen. Vor allem dann nicht, wenn es nicht die eigene Arbeit ist, die man machen soll.

  8. 8
    doppelfish says:

    Schicken Sie doch einfach die Note über die Kosten des Verfassens der angeforderten Verteidigungsschrift an die StA.

  9. 9

    Nenee. Die bekommt einen Herzkasper, wenn die meine Rechnungen sieht. ;-)

  10. 10
    Malte S. says:

    Könnte man das nicht als GoA abrechnen? ;) Einen entsprechenden Auftrag konnte die StAin wohl schon aus rechtlichen Gründen nicht erteilen. In ihrem Interesse dürfte es aber dennoch gewesen sein. Dann noch die Kostenerstattungspflicht bei GoA für Freiberufler und Sie haben wenigstens die RVG-Gebühren für ein ausführliches Gutachten drinne.

    Wäre da nicht die merkwürdige Rspr., die eine private GoA für hoheitliche Aufgaben irgendwie nicht zulassen mag ;)

  11. 11
    wstell says:

    Tja, solange man den Auftrag einfach erfragen kann, kommt wohl GoA wohl nicht in Betracht. Mutmaßlicher Wille kann wohl nur angenommen werden, wenn der tatsächliche Wille nicht erfragt werden kann.