Moabiter Chaos

Vermehrt weigern sich die Richter am Amtsgericht Tiergarten, den in Berlin ansässigen Verteidigern die Akten zuzusenden. Statt dessen fordern sie die Rechtsanwälte auf, sich das Zeug gefälligst selbst abzuholen. Ok, darüber und was ich davon halte, habe ich bereits geschrieben.

Es gibt eine Steigerung:

Die Akten liegen für Sie auf der Geschäftsstelle Zimmer K 1122 zur Abholung und Einsichtnahme bereit. Die Akten müssen dem Gericht spätestens am 16.03.09 wieder zur Verfügung slehen. Bitte stellen Sie sicher, dass die Akten bis dahin an die Geschäftsstelle, und zwar in das Zimmer K 1122 zurückgelangt sind.

Das bedeutet im Klartext: Der Verteidiger darf sich die Akten auf der Geschäftsstelle abholen und muß sie dann auch genau dort wieder hinbringen.

Denn wenn ich heute am 12.3.09 die Akte mit der Post zurückschicke, kann ich zwar sicher sein, daß sie morgen, am 13.3.09 in der Poststelle des Gerichts liegt. Bis sie aber dann auf der Geschäftsstelle in Zimmer K 1122 angekommen sein wird, könnte es April geworden sein. Das Chaos in den zwei Poststellen des Kriminalgerichts ist Richtern und Verteidigern gleichermaßen bekannt.

Ich bin gespannt, was passiert, wenn ich sicher nachweisen kann, daß die Akte (selbstverständlich mit EILT-Vermerk) am 13.3.09 im Gericht war, sie aber zum Hauptverhandlungstermin am 17.3.09 immer noch nicht dem Richter vorliegt.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines (Kanzlei) veröffentlicht.

5 Antworten auf Moabiter Chaos

  1. 1
    doppelfish says:

    Mit anderen Worten: Ein Anwalt kann dafür sorgen, daß die Akten dahin zurückgelangen, wo das Gericht sie haben will, das Gericht kann das nicht.

  2. 2
    RA Munzinger says:

    Sollte es nicht möglich sein, dass Berliner Strafverteidiger über einen nicht in Berlin ansässigen Kollegen Akteneinsicht nehmen ?

    Dieses Verhalten riecht ja geradezu nach einer konzertierten Aktion. Da bin ich froh, meine Kanzlei in einer Gemeinde ohne Amtsgericht zu haben.

  3. 3
    abc says:

    Da hat der Richter doch eine kreative Lösung gefunden das Chaos beim Posteingangang an seinem Gericht zu umgehen…

  4. 4
    Quark says:

    Die neueste Variante der hiesigen Ausländerbehörde: Man schickt Akten nicht nur „grundsätzlich“ nicht mehr an Anwälte, sondern verlangt für die Einsichtnahme auf der Dienststelle in Anwesenheit eines Behördenmitarbeiters 15,- Euro Aufwandsentschädigung pro Stunde zzgl. (!) der Kostenpauschale.

    Die Frage nach der Rechtsgrundlage für diese Erhebung hat der Behördenleiter bislang nicht beantwortet. Mir kam spontan § 352 StGB in den Sinn.

  5. 5
    boeseboese says:

    Beim Oberverwaltungsgericht Bremen darf man die Akten nur in der Dienststelle ansehen und muss pro selbstgemachter Kopie 50 cent zahlen.