Richterliche Retourkutsche

Die Richterin B. wollte weder den Termin verlegen, (nur) weil ich wegen eines anderen Termins in Westdeutschland verhindert war, noch wollte sie mir die Akte übersenden. Ich solle mir die Akte auf der Geschäftsstelle abholen. Ich habe in meine Kiste mit den Textbausteinen gegriffen, Beschwerde erhoben und gleich mal das Ablehnungsgesuch mit auf’s Fax gelegt.

Zwei Tage später erhielt ich ein Fax von der Richterin:

werden Sie darauf hingewiesen, dass der Hauptverhsndlungstermin am 27. Juli 2009 solange Bestand hat, bis Sie seitens des Gerichts über eine Terminsaufhebung informiert werden.

Das westdeutsche Gericht hatte (wegen dieser Richterin?) Mitleid mit mir und hat den Termin aufgehoben, so daß ich heute morgen zur Richterin B. fahren konnte. Sie rief die Sache auf, stellte für’s Protokoll die Anwesenheit der Beteiligten fest, setzte das Verfahren aus und schloß die Sitzung sofort wieder. Erst müsse ja über den Befangenheitsantrag entschieden werden, teilte sie triumphierend mit.

Es waren zu diesem Termin nicht nur der Verteidiger, dem diese Unsinns-Veranstaltung offenbar als Maßregel dienen sollte, und sein Mandant geladen, sondern auch noch der Betreuer des Mandanten und vier berufstätige Zeugen.

Das Theater verspricht noch recht unterhaltsam zu werden.

Dieser Beitrag wurde unter Richter veröffentlicht.

21 Antworten auf Richterliche Retourkutsche

  1. 1
    doppelfish says:

    Die Gegenseite war nicht vertreten?

      Doch. Durch eine Staatsanwältin. crh
  2. 2
    Tom Paris says:

    Noch jemand, der sich um eine Stelle im Mietrechtsdezernat bewirbt.

  3. 3
    fritz says:

    Seit wann ist der Aufruf zur Sache eine unaufschiebbare Handlung :-) ??

  4. 4
    RA JM says:

    Aber mit Richter K. ist die Dame weder verwandt, noch verschwägert, noch liiert? ;-)

  5. 5
    Trop says:

    Vielen Dank von mir, dass sie beide wegen Ihres Egos Steuergelder verpulvern, die notleidende Familien auch gut brauchen könnten.

  6. 6
    ra kuemmerle says:

    Was hat das Ego des Kollegen mit der Tatsache zu tun, dass er nicht auf zwei Veranstaltungen gleichzeitig tanzen kann. Sowas gibt es auch nur in Tiergarten…

  7. 7
    VRiLG says:

    Die richtige Frage wirft fritz auf. Konkret geht es um § 29 Abs. 1 StPO, der lautet: „Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten.“
    Seit wann ist der Aufruf der Sache eine Handlung, die keinen Aufschub gestattet?

  8. 8
    Tom Paris says:

    Daß zunächst einmal „anverhandelt“ wird, auch wenn das Ablehnungsgesuch bereits vor der Hauptverhandlunga angebracht wurde, ist jedenfalls nicht ungewöhnlich, zumal die unrichtige Beurteilung der Unaufschiebbarkeit für sich allein genommen noch nicht die Revision zu begründen vermag.

  9. 9
    Otmar Schneider says:

    Trop hat doch recht: Primär ursächlich für den nutzlosen Termin ist der erkennbar aussichtslose (und durch keinerlei Mandanteninteressen gerechtfertigte) Ablehnungsantrag.

  10. 10

    @ Otmar Schneider:

    Meinen Sie nicht, daß ein Angeklagter ein Interesse daran haben könnte, daß sein Verteidiger in der Hauptverhandlung anwesend ist und daß er sich vorher durch Einsicht in die Akte Gelegenheit hatte, sich auf die Verteidigung vorzubereiten?

    An welchen konkreten Umständen machen Sie die „erkennbare Aussichtslosigkeit“ des Ablehnungsgesuch fest?

    Von welchen (Erfolgs-)Aussichten reden Sie?

  11. 11
    RA JM says:

    @ Trollp, Paris, Schneider:
    Schon einmal daran gedacht, dass über den Ablehnungsantrag auch außerhalb der HV hätte entschieden werden können, ohne überhaupt Termin anzuberaumen?

  12. 12
    Ken Duke says:

    Man wird das Gefühl nicht los, dass wir es hier mit Querulanten(-tum) zu tun haben. Aus dem einzigen Grund, dass das Gericht dem Antrag des Verteidigers auf Verlegung des Verhandlungstermins (wir reden hier immerhin von gerichtlichen Hauptverhandlungen über Straftaten) nicht nachkam, wird ein Befangenheitsantrag rausgeschickt? Was soll das?

  13. 13
    skugga says:

    @ Ken Duke: Scherzkeks.

    Schon mal drüber nachgedacht, dass der andere Termin, wegen welchem Verlegungsantrag gestellt wurde, am End‘ auch ein Hauptverhandlungstermin war?

    Und dass (anscheinend von Tiergarten abgesehen) auch bezüglich Gerichtsterminen das alte „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“-Prinzip gilt?

    Und dass ein „mein Termin ist aber auf jeden Fall wichtiger“ seitens einer Richterin durchaus Anlass zur Besorgnis der Befangenheit geben kann?

    Nein? Noch nicht drüber nachgedacht? Als hätt‘ ichs geahnt…

  14. 14
    Vuffi Raa says:

    Ich schließe mich Trop an.

    Auf einen Laien wirkt das Verhalten beider Seiten einfach nur kindisch. Aber hauptsache Sie haben ihren Spaß…

  15. 15

    @ Vuffi Raa:
    Schlagen Sie dem Verteidiger ein Alternativ-Verhalten vor. Was soll er tun, wenn der Termin nicht verlegt wird und er die Akte nicht zur Einsicht bekommt? Versetzen Sie sich dabei in die Lage des Angeklagten.

  16. 16
    doppelfish says:

    Langsam häufen sich die Anzeichen, dass das AG Tiergarten … irgendwie … anders ist.

  17. 17
    Vuffi Raa says:

    Ich bin juristischer Laie, der hier nur aus Interesse mitliest und kann zu den Möglichkeiten, die es da gibt, nicht viel sagen.

    Ich denke nur es müsste unter klugen studierten Leuten einen anderen Weg geben das Problem zu lösen als „Die Richterin is doof, ich will ne neue.“.
    Und ganz offensichtlich bestand ja zumindest ein Ausweg darin den anderen Termin zu verlegen, auch wenn der „als erster dran war“.

    Dass das Verhalten der Richterin auf der anderen Seite völlig inaktzeptabel ist, darüber dürften wir uns einig sein.

  18. 18

    Ich bin juristischer Laie, der hier nur aus Interesse mitliest und kann zu den Möglichkeiten, die es da gibt, nicht viel sagen.

    Dann könnte es vielleicht sinnvoll sein, mit Ihren Kommentaren etwas vorsichtiger zu sein. Das was dieser arme Tropf da fabuliert, ist dummes Zeug, dem man sich mit ein klein wenig Nachdenken sicherlich nicht anschließen kann.

  19. 19

    Und was lernt man draus? Schon beim Lesen des Teils „hat den Termin aufgehoben, so daß ich heute morgen zur Richterin B. fahren konnte“, fragte ich mich: Warum um Himmels Willen? Es gibt inzwischen eine Menge recht gefestigter Rechtsprechung zur Frage der Terminsaufhebung bei Verhinderung des Verteidigers, da hätte keine ernsthafte Gefahr bestanden. Ich würde sagen: 1:0 für die Richterin (bittererweise).

  20. 20
    doppelfish says:

    Da hätte die StA auch ’ne Referendarin schicken können. Dieses eine Mal wäre das zu vertreten gewesen :)

  21. 21
    Edding says:

    Vermutlich lag dem Gesuch auf Akteneinsicht keine Vollmacht bei.