Richterliches Augenmaß

Tatzeit war November 2004. Die Anklageschrift stammte aus 2007. Die Aktendeckel waren bereits mit einer dicken Patina überzogen.

Der Sachverhalt war der jugendtypische Raub: Abziehen zweier Handys. Mindestens vier Täter, zwei Geschädigte und ein paar weitere Zeugen. Frisch verhandelt hätte man daraus schon ein mittelgroßes Kino machen können. Aber nach 4 1/2 Jahren …

Endlich hatte sich ein Richter der Sache mal wieder erbarmt und einen Verhandlungstermin vor dem Jugendschöffengericht anberaumt.

Vier Angeklagte waren geladen. Und drei Zeugen. Zwei Angeklagte sind auch erschienen, und einer der zwei Zeugen. Das Ding drohte erneut zu platzen.

Der Vorsitzende Richter hatte bereits mein Wehklagen hier im Blog gelesen. Einen weiteren Blogbeitrag Hauptverhandlungstermin wollte er nicht riskieren.

Kurze Rücksprache mit den vier Verteidigern und der Jugendgerichtshilfe. Anstandshalber wurde auch der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft gefragt. Dann erfolgte die Einstellung. Alles andere wäre sicherlich grober Unfug gewesen, zulasten der mittlerweile erwachsenen Angeklagten und zulasten der Justizkasse.

Schade um die schönen Beweisanträge, die ich vorbereitet hatte. ;-)

Dieser Beitrag wurde unter Gericht, Justiz, Richter veröffentlicht.

4 Antworten auf Richterliches Augenmaß

  1. 1
    ballmann says:

    angesichts solcher Erfolge eines blogs muss ich mir überlegen, meine Anonymität aufzugeben.

  2. 2
    Trop says:

    Glückwunsch, dass es gelungen ist 4 Räuber freizubekommen. Ob du das auch so toll finden würdest, wenn dich 4 Typen Nachts in der U-Bahn mit Messern ausrauben?

  3. 3
    ben says:

    @ Trop:
    Wo steht im Beitrag denn etwas von Messern und U-Bahn?

    Ts.

  4. 4
    Wütend says:

    Toll da werden solche Verbrecher auch noch mit der Einstellung belohnt, da können Sie als Verteidiger ja nichts für, aber ein Armutszeugnis für das System ist das allemal.