Die auswärtigen Kollegen hatten mich gebeten, für sie einen Termin am Amtsgericht Mitte zu vertreten. Es ging um einen Verkehrsunfall. Die Kollegin der Gegenseite und ich haben uns ein, zwei Minuten vor unserem Termin vor dem Saal begrüßt.
Drinnen ging es recht bewegt zu; die vor unserer terminierte Sache war noch in der so genannten „Güteverhandlung“. Gute Güte, dachte ich mir, als ich den Saal betrat; es schien um Leben und Tod zu gehen.
Ein Pfarrer und seine Ehefrau vom Typ „grün-alternative alt-68er Vegetarier“ waren Mieter einer Wohnung irgendwo in Mitte. Sie wollten untervermieten, weil der Herr Pfarrer einen befristeten Job in Johannisburg bekommen hatte. Ihre Rechtsanwältin war körperlich anwesend.
Auf der Gegenseite saßen die Beklagten, die die Ansicht vertraten, dieser Untervermietung müßten sie nicht zustimmen. Er war pensionierter Lehrer und ließ sich von seiner Ehefrau begleiten. Ja, ich meine, auch einen Rechtsanwalt gesehen zu haben.
Geschlagene 30 Minuten habe ich mir das Theater zwischen den beiden Paaren anhören müssen. Ich war allein vom Zuschauen völlig fertig. Und erst der arme Richter, der immer wieder – vergeblich – versuchte, den Herrschaften die Rechtslage zu erklären. Die Verhandlungsführung hatte er jedenfalls nicht.
Meine Kollegin und ich nutzten die Gelegenheit, als der Herr Lehrer kurz mal unterbrechen wollte, um sich mit seiner Ehefrau (der Rechtsanwalt dackelte hinterher) zur Beratung zurückzuziehen.
Drei Minuten später war unsere Sache beendet und ich konnte mich freuen, wieder ins Strafgericht zu fahren, um dort eine schwere räuberische Erpressung zu verteidigen zu dürfen – die reinste Entspannungsübung im Verhältnis zu dieser mietrechtlichen Auseinandersetzung.
:D you made my day
Lehrer vs. Pfarrer :-)
der eine glaubt immer Recht zu haben, der andere ist dazu verdammt immer Recht zu haben. Einen besseren Showdown gibt es vermutlich nur bei Lehrer vs. RA.
@ Peter:
Dieser „bessere“ Showdown kommt dann im Rahmen der Abrechnung ;-)
Nur Nachbarschaftsstreitigkeiten sind schlimmer…
Zitat: „Drei Minuten später war unsere Sache beendet und ich konnte mich freuen, wieder ins Strafgericht zu fahren, um dort eine schwere räuberische Erpressung zu verteidigen zu dürfen – die reinste Entspannungsübung im Verhältnis zu dieser mietrechtlichen Auseinandersetzung.“
Und wie war der Ausgang der Entspannungsübung?
Gegebenenfalls wäre auch ein Zwischenstand, etwa nach 45 Minuten, hilfreich.
Zivilrichter sein heißt leiden lernen
Mir sind auch OWi- und Strafsachen lieber. Die sind irgendwie „wahrhaftiger“.