Vor vier Jahren habe ich den Mandanten schon einmal verteidigt. Es hatte eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten gegeben, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Er war Tip-Geber bei einem ziemlich blöden Geschäft, für das die anderen jeweils über 5 Jahre bekommen hatten. Der Mandant hatte Glück …
Zwischenzeitlich wurde er beim Klauen erwischt. Während der Bewährungszeit. Trotzdem hat er noch eine Geldstrafe bekommen. Noch mehr Glück. Und das ganz ohne Verteidiger.
Dann kam er wieder zu mir, mit zwei weiteren Diebstählen im Gepäck. Orangensaft, Rasierklingen, Seife, Katzenfutter, Duplo … bei offener Bewährung. Das gab gesamt 8 Monate. Ohne Bewährung.
Und die Staatsanwaltschaft beantragte parallel, die Strafaussetzung in dem Altfall zu widerrufen.
8 plus 18, das war die Aufgabe, die wir in der Berufungsinstanz zu lösen hatten. Ziel war, die 8 Monate doch noch in die Bewährung zu bekommen. Der Mandant war vorbereitet: Job, feste Beziehung, keine neuen Straftaten … das könnte knapp noch klappen.
Und dann offenbarte die Staatsanwältin einen aktuellen Auszug aus dem Strafregister des Mandanten. Er ist nach dem Urteil wegen des Katzenfutters und des anderen Zeugs ein weiteres Mal verurteilt worden. Wegen Betruges. Zu 6 Monaten. Mit Bewährung. Ohne Verteidiger.
Das sind dann so Momente, in denen ich nicht sicher weiß, ob es gerechtfertigt sein könnte, den Mandanten zu erwürgen. Davon hat mir der Kerl nichts gesagt. Ich habe eine Unterbrechung beantragt, die der Mandant bis zu seinem 80. Geburtstag nicht mehr vergessen wird.
Never give up. Also weiter mit dem Programm, das wir vorbereitet hatten. Bis hin zum Schlußvortrag, mit Engelszungen. Er war doch kein Luxuszeug, was er da geklaut hatte. Hohes C und Katzenfutter. Und dafür nun über zwei Jahre in den Knast?
Geglaubt hatte ich es nicht, trotzdem: Es kam die Bewährung. Die dritte.
Erst beim Rausgehen wußte ich, woran es gelegen haben könnte, daß der Kerl so ein unverschämtes Glück hatte. Die Vorsitzende fragte den Mandanten mit milder Stimme und geneigtem Kopf:
Was für Katzen haben Sie denn?
Also wirklich: mehr Glück als Verstand ;-)
Aber die Frau Vorsitzende hieß doch wohl nicht etwa Uli mit Vornamen? :)
[[Bis hin zum Schlußvortrag, mit Engelszungen.]]
Engelszungen ? oder Katzenzungen ? ;-)
I have to confess: ICH hätte mir (trotz kollegial nachempfundener Mordlust bei solch vergesslichem Mandanten über weitere Vorstrafen) ebensowenig wie die Vorsitzende die Schlussfrage verkneifen können….
aber das verstehen Hundemenschen nicht…
Stellen sie sich mal vor der hätte Vogelspinnen und Schlangen gehabt. Das wären dann 2 Jahre + geworden.
Liz am 6. März 2009 um 10:59
| aber das verstehen Hundemenschen nicht…
Stimmt, ich kann Katzen nicht ab aber das beruht auf Gegenseitigkeit.
Bei mir hätte es daher gemütliche 2 Jahre gegeben.
Aber irgendwie glaube ich, dass der Typ in den nächsten 24 Monaten nochmal beim Kollegen Hoenig aufschlägt. Ab da gibts dann kein Halten mehr und mindestens 2+x Jahre. Dann ist es aus mit: Job, fester Freundin, seinen Katzen und allem anderen.
ist man als Katzenliebhaber eigentlich befangen?