Versteckt unter der Überschrift

Alkoholisierter Radfahrer

so lautet die Überschrift einer Pressemeldung der Berliner Polizei. Wer liest sowas schon? Ich!

Im Text heißt es dann:

Dass die Polizei rund um die Uhr auf die Einhaltung von Verkehrsvorschriften achtet, musste in der vergangenen Nacht ein 38-jähriger Radfahrer in Tempelhof feststellen. Gegen Mitternacht hatte er an der Kreuzung Boelkestraße Ecke Werner-Voß-Damm das Rotlicht einer Ampel missachtet. Eine Funkstreife stoppte den Radler kurz darauf und stellte deutlichen Alkoholgeruch in seinem Atem fest.

Langweilig, nicht? Das wäre kein Beitrag hier im Blog wert. Besoffene Radfahrer begeht Rotlichtverstoß, das interessiert keinen Menschen.

Weiter im Text:

Ein Richter ordnete anschließend eine Blutentnahme bei dem 38-Jährigen,

Immer noch nichts Spannendes, kann man wegklicken. Aber halt! Da kommt noch ein eingeschachtelter Nebensatz.

bei dem es sich um einen Polizeibeamten handelt, an.

Aha. Liebe Pressepolizisten. Es ist Euch nicht gelungen, Euren besoffenen Kollegen in einer öden Pressemitteilung zu verstecken. Die investigative Blogberichterstattung entdeckt alles. Auch ganz am Ende. :-)

Übrigens: Der arme Polizist hat nun gleich mehrere Probleme. Je nach Blutgehalt im Alkohol gibt es die Entziehung der Fahrerlaubnis ein Fahrverbot. Das Strafverfahren wird ihm eine Geldstrafe vom Konto buchen. Und oben drauf gibt es dann noch ein Disziplinarverfahren. Man hat’s nicht leicht, als Polizeibeamter.

(Korrektur nach dem zutreffenden Hinweis des Staatsanwalts. crh)

Dieser Beitrag wurde unter Polizei veröffentlicht.

13 Antworten auf Versteckt unter der Überschrift

  1. 1
    doppelfish says:

    Och, gibt schlimmeres.

  2. 2
    rajede says:

    Mir tut er leid. Da hat er messerscharf geschlossen, daß Auto fahren nicht mehr geht und nund das.

    Interessant finde ich, daß ein Richter die Blutentnahme anordnete. Wird in Berlin jetzt neuerdings § 81a StPO der Richtervobehalt beachtet, hat sich rumgesprochen, daß man in der Hauptstadt immer einen Richter erreicht?

  3. 3

    Das ist in doppelter Hinsicht ein Klassiker:

    1. Der erste Fehler ist das Radfahren im besoffenen Kopf. Geht nicht.

    2. Warum muß der Radfahrer seinen Kollegen mitteilen, daß er ein ebensolcher ist? Das geht doch auch nicht.

    Die Anordnung durch den Richter erfolgte vielleicht wegen des Berufs des Radfahrers?

  4. 4
    studiosus juris says:

    @crh:

    Warum sollten die Pressepolizisten den Hinweis, dass es sich bei dem Täter um einen Polizisten handelte, versteckt haben?
    Sie wären doch gar nicht verpflichtet, das in die Pressemitteilung hineinzuschreiben?!

  5. 5
    egal says:

    Da hat der tapfere Anwalt jetzt aber eine folgenreiche Entdeckung macht: Der alte Feind ist doch ein Mensch! Polizisten saufen sich genauso die Köppfe zu und fahren dumm rum wie die eigene Kundschaft.

    Welch Entdeckung!Und natürlich wollte die Polizei das verheimlichen, indem sie das gemeinerweise das erst ganz am Ende ihrer Meldung erwähnte. Aber nicht mit dem tapferen Anwalt!

    Mein Held des Tages!

    Sie sollten dieses Medikament absetzen. Das Zeug tut Ihnen nicht gut. crh

  6. 6
    ra kuemmerle says:

    über die ausdrückliche Erwähnung der Anordnung durch einen Richter musste ich auch schmunzeln. Wenn es um die eigenen Kollegen geht, wird die neue Dienstanweisung konsequent umgesetzt, da kommt es auf Zeit und Abbau der BAK nicht so an.

  7. 7
    au says:

    Nachts mit dem Fahrrad bei rot über eine Ampel.
    Hat die Polizei nichts besseres zu tun als so etwas zur Anzeige zu bringen ?

  8. 8
    BV says:

    2. Warum muß der Radfahrer seinen Kollegen mitteilen, daß er ein ebensolcher ist? Das geht doch auch nicht.

    Da gibt’s doch viele Grüße. Besoffene plappern einfach gerne. Vielleicht haben die Beamten das auch bei der Befragung zur Person herausgefunden. Am Wahrscheinlichsten erscheint mir allerdings, dass der Betroffene sich eine erhöhte Nachsicht von den lieben Kollegen erhofft hat.

  9. 9

    @au:
    Genau diese Frage sollten Sie dem Polizeibeamten, der Sie nachts beim Rotlichtverstoß mit dem Fahrrad erwischt hat, stellen. Dann brauchen Sie keinen Verteidiger mehr …

  10. 10

    @ BV:

    Am Wahrscheinlichsten erscheint mir allerdings, dass der Betroffene sich eine erhöhte Nachsicht von den lieben Kollegen erhofft hat.

    Das wäre die Einladung zur Begehung einer Straftat nach § 258 a StGB. So blöd blauäugig kann doch kein Beamter sein, daß er erwartet, der Kollege nimmt diese Einladung an.

    Die Interpretation mit dem alkoholbedingten Mitteilungsbedürfnis erscheint mir da schon eher zutreffend.

    Der Befragung zur Person läßt sich einfach begegnen: Ich bin von Beruf Alphornbläser (wahlweise: Taschenspieler). Bußgeldbescheide wegen § 111 OWiG sind höchst selten, jedenfalls deutlich seltener als Disziplinarverfahren; und billiger.

  11. 11
    Staatsanwalt says:

    Um die Fahrerlaubnis muss sich der Betroffene keine Gedanken machen, sonder maximal um ein Fahrverbot. Auch wenn er noch so kräfig in die Pedale getreten hat, wird aus einem Fahrrad kein Kraftfahrzeug (§ 69 StGB).

    Fixed. Danke für den Hinweis. crh

  12. 12
    ra kuemmerle says:

    Gedanken muss er sich schon machen, jedenfalls dann, wenn er ordentlich getankt hat. Es erfolgt zwar keine Entziehung durch den Strafrichter, das LABO wird sich aber schon melden.http://lexetius.com/2008,1665

  13. 13
    Sigi says:

    mhmmm – die Kreuzung ist ja nicht weit weg vom Plozeipräsidium. War er nun auf dem Weg zur Arbeit? oder kam er von der Geburtstagsfete des Kollegen ? :-)