Vier-in-Eins-Richter

Aus dem Motorsport bekannt sind Vier-in-Eins-Anlagen: vier Zylinder puffen in einen Schalldämpfer aus. Weitgehend unbekannt sind Vier-in-Eins-Richter. Einer dieser Sorte ist mir heute über den Weg gelaufen, in einer Jugendstrafsache.

Der Mandant hat Betäubungsmittel spazieren getragen. Kleine Päckchen vom Dealer zum Konsumenten. Damit hat er sich das Taschengeld aufgebessert. Daß es sich dabei um eine recht heftig verbotene Tätigkeit handelt, die recht heftig bestraft werden kann, weiß er nun. Das hat er dem Richter nach seinen ausführlichen Ausführungen auch überzeugend deutlich gemacht. Damit war für den Richter die Verhandlung de facto beendet.

Er schloß die Beweisaufnahme, faßte die naheliegende Stellungnahme der Jugendgerichtshilfe zusammen, skizzierte den Schlußvortrag der Staatsanwaltschaft samt Antrag, beschrieb mit dürren Worten das Plädoyer des Verteidigers, teilte dem Angeklagten mit, daß er (der Angeklagte) sich den überzeugenden Ausführungen seines Verteidigers anschließe und zog sich „zur Beratung“ zurück, ohne daß die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe oder der Staatsanwalt oder der Verteidiger oder der Angeklagte auch nur ein Wort sagen konnten.

Das Urteil war für meinen Mandanten wesentlich besser als akzeptabel; wir haben – gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft – auf Rechtsmittel verzichtet.

Solange die Hemdsärmeligkeit eines Jugendrichters dem Mandanten nicht schadet, kann man das Strafprozeßrecht auch ‚mal beiseite lassen. Ich hatte nur meine liebe Not damit, dem Mandanten (und seiner anwesenden Mutter) klarzumachen, daß weder Barbara Salesch, noch dieser Vier-in-Eins-Richter etwas mit einem Strafprozeß zu tun haben, wie er eigentlich stattfinden sollte.

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10 Antworten auf Vier-in-Eins-Richter

  1. 1
    ballmann says:

    Ist er hinter dem von ihm als StA gestellten Antrag zurückgeblieben ?

  2. 2

    Yup! Er ist dem von ihm als Verteidiger gestellten Antrag gefolgt. Das hatte er aber vorher in einem Gespräch mit sich als StA und mit sich als Verteidiger besprochen; auch war er als die JGH damit einverstanden. ;-)

  3. 3
    ballmann says:

    ah ja

    Sind Sie sicher, dass Sie nun die Anwaltsgebühren bekommen ?

  4. 4

    Haben sich Staatsanwalt und Verteidiger denn wenigstens ein bißchen gestritten und beleidigt?

  5. 5

    @ ballmann:
    Erst der Vorschuß, dann die Arbeit. Ich bin da nicht anders als ein Richter.

    @ RA W. (Kantholz) Siebers:
    Ne, war ein Weichei, der Staatsanwalt.

  6. 6
    cledrera says:

    Schicken Sie Herrn Kollegen 4-1 mal zum TÜV.
    Vielleicht kriegt er ja auch eine Straßenzulassung.

  7. 7
    MaxR says:

    Yup! Er ist dem von ihm als Verteidiger gestellten Antrag gefolgt. Das hatte er aber vorher in einem Gespräch mit sich als StA und mit sich als Verteidiger besprochen; auch war er als die JGH damit einverstanden.

    Das Berliner Rechtsgespräch läßt grüßen.

  8. 8
    rodpython says:

    Hat der Richter seine Akten in nem Einkaufswagen in den Saal geschoben? Vielleicht wissen Sie, wen ich meine. Bei dem hatte ich als Referendar auch ma nen „ganz tollen“ Sitzungstag.

  9. 9

    Nein, der mit dem Einkaufswagen war es nicht. Noch nicht?

  10. 10
    JJ Preston says:

    Interessant wäre noch gewesen, wenn der Ehrenwerte auch als Entlastungszeuge aufgetreten wäre… ;-)