Weichgekocht

Der klassische Dreisprung war das Thema: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und Beleidigung. Die Akte hat ein paar Monate herrenlos die Runde durch Moabit gemacht, Strafanträge sind keine gestellt worden. Die beteiligten Polizeibeamten konnten sich nur vage an den Vorfall erinnern (tatzeitnahe Berichte wurde nicht geschrieben).

Soeben rief mich der Staatsanwalt, dem ich Mitte letzter Woche eine zweiseitige Verteidigungsschrift geschickt hatte:

Staatsanwalt:
Sie haben mich weichgekocht, Herr Verteidiger. § 153 a StPO. Was verdient Ihr Mandant?

Verteidiger:
Einverstanden. Hartz IV.

Staatsanwalt:
Ok, 150 Euro. Aber kommen Sie mir nicht wieder mit irgendso einem gemeinnützigen Verein. Justizkasse! Die hat’s erkennbar nötig.

Verteidiger:
Ok, aber nur weil Sie sowieso schon weich und kein Gegner mehr sind. Sonst würde ich jetzt diskutieren.

Den Mandanten mußte ich vorher nicht mehr fragen, ob er einverstanden ist. Glück gehabt. Manchmal ist die Desorganisation in Moabit auch vorteilhaft. Und so böse war die Verteidigungsschrift nun wirklich nicht.

Wenn jetzt der Mandant die 150 Euro an die Justizkasse zahlt, wird das Verfahren gegen ihn eingestellt. Keine Vorstrafe und gelernt hat er trotzdem. Widerstand ist nicht nur zwecklos, er kann auch richtig teuer werden. Denn die 150 Euro sind ja nicht der einzige Posten.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines (Kanzlei) veröffentlicht.

5 Antworten auf Weichgekocht

  1. 1
    Malte S. says:

    Denn die 150 Euro sind ja nicht der einzige Posten.

    Sie wollen auch noch Geld? Jetzt wurde gerade meine Illusion vom Rächer der Armen zerstört! ;)

  2. 2

    Ich könnte jetzt schreiben, daß der weitere Posten die 12-Euro-Pauschale für die Aktenversendung war; tue ich aber nicht.

  3. 3
    Der Gerd says:

    @Malte S.: Wie? Wusstest Du nicht das auch Strafverteidiger essen müssen? Und dann der teuere Café……….. ;-)

  4. 4
    doppelfish says:

    Ob die arme Justizkasse nach diesem Geköchel wohl wieder schwarze Zahlen schreibt? Ich wag’s zu bezweifeln. :)

  5. 5
    egal says:

    Ist 150 Euro für einen ALG II-Empfänger nicht zu hoch? Oder läuft das auf Ratenzahlung?