Monatsarchive: Februar 2010

Ordnung muß sein – in Gifhorn

Tolle Geschäfts-Idee: Erst die Gebühren für die Straßenreiniung kassieren, dann die Straßen nicht freiräumen und statt dessen Knöllchen verteilen an diejenigen, die wegen der unterlassenen Schneeräumung Probleme haben, ihr Auto abzustellen.

Ich kann da nur zum zivilen Ungehorsam aufrufen: Das Verwarnungsgeld massenhaft nicht bezahlen, dann massenhaft ins Bußgeldverfahren einsteigen und schießlich massenhaft vor das Amtsgericht Gifhorn ziehen, damit der dort zuständige Richter in umfangreichen Beweisaufnahmen den Sachverhalt unter Zuhilfenahme kundiger Sachverständiger den Fall entscheiden kann.

Videoclip gefunden bei Rechtsanwältin Kerstin Rueber.

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Wie würden Sie bestrafen?

Der Mandant hatte ein paar Vorstrafen.

1.
19.08.1998 AMTSGERICHT
Rechtskräftig seit 12.09.1998
Tatbezeichnung: Gemeinschaftlicher Diebstahl im besonders schweren Fall
Datum der (letzten) Tat: 09.05.1998
Angewendete Vorschriften: STGB § 242, § 243 ABS. 1 NR. 1, § 25 ABS. 2
150 Tagessätze zu je 15 DM Geldstrafe

2.
11.02.2002 AMTSGERICHT
Rechtskräftig seit 19.02.2002
Tatbezeichnung: Fahrlässiger Vollrausch
Datum der (letzten) Tat: 28.12.1999
Angewendete Vorschriften: STGB § 323 A, § 20
9 Monat(e) Freiheitsstrafe
Bewährungszeit 2 Jahr(e)
Bewährungszeit verlängert bis 18.02.2005
Strafe erlassen mit Wirkung vom 29.03.2005

3.
24.06.2003 AMTSGERICHT
Rechtskräftig seit 11.07.2003
Tatbezeichnung: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte
Datum der (letzten) Tat: 05.04.2003
Angewendete Vorschriften: STGB § 113 ABS. 1
30 Tagessätze zu je 10 EUR Geldstrafe

Bis hierher alles kein Problem mehr. Die Sachen waren erledigt, wenngleich noch nicht vergessen. Sie standen jedenfalls noch drin, im Auszug aus dem Bundeszentralregister (BZR).

Danach ging’s weiter wie folgt:

4.
02.06.2005 AMTSGERICHT
Rechtskräftig seit 02.06.2005
Tatbezeichnung: Beihilfe zum Diebstahl und Beihilfe zum versuchten Diebstahl
Datum der (letzten) Tat: 24.05.2004
Angewendete Vorschriften: STGB § 242 ABS.1, ABS.2, § 243 ABS.1 NR.1, § 22, §23, §53, § 56
5 Monat(e) Freiheitsstrafe
Bewährungszeit bis 01.06.2009
Bewährungszeit verlängert bis 01.06.2010

5.
14.03.2006 Amtsgericht
Rechtskräftig seit 14.03.2006
Tatbezeichnung: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit Bedrohung
Datum der (letzten) Tat: 02.09.2003
Angewendete Vorschriften: StGB § 113 Abs.1, § 241 , § 52, § 56
5 Monat(e) Freiheitsstrafe
Bewährungszeit bis 13.03.2009

6.
27.09.2006 Amtsgericht
Rechtskräftig seit 27.09.2006
Tatbezeichnung: Gefährliche Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung
Datum der (letzten) Tat: 26.06:2003
Angewendete Vorschriften: StGB § 223, § 224 Abs. 1 Nr. 4, § 241, § 52, § 25 Abs. 2, § 21
10 Monat(e) Freiheitsstrafe
Bewährungszeit bis 26.09.2008

7.
12.03.2007 Amtsgericht
Rechtskräftig seit 20.03.2007
Tatbezeichming: Vorsätzliche Trunkenheit im Verkehr
Datum der (letzten) Tat: 13.07.2006 .
Angewendete Vorschriften: StGB § 316 Abs. 1, § 56
3 Monat(e) Freiheitsstrafe
Bewährungszeit bis 19.03.2009

Die achte Eintragung im BZR war die Zusammenfassung von Nr. 4, Nr. 5 und Nr. 6; das Gericht hat daraus eine Gesamtstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten gebildet.

Also, nochmal langsam, zum Mitschreiben: Es waren insgesamt vier Bewährungen mit 1 Jahr und 6 Monaten Freiheitsstrafe offen.

Und dann kam eine weitere Anklage hinzu:

Er befuhr am 28.7.2008 gegen 20.57 Uhr mit einem Fahrrad in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand in Schlangenlinien u.a. die Landstraße 897 aus Richtung S. kommend in Richtung G. Die ihm am 28.07.2008 um 22.07 Uhr entnommene Blutprobe hat eine Blutalkoholkonzentration von 2,32 %0 ergeben.

Und jetzt? Was soll das geben? Für eine folgenlose Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad (ohne konkrete Fremdgefährung) standen nach anfänglicher Vorstellung der Staatsanwaltschaft nochmal 9 Monate Freiheitsstrafe – ohne Bewährung – zur Rede. Dies hätte den Widerruf der Strafaussetzung der offenen Strafen zur Folge. Das wären dann in summa 2 Jahre und 3 Monate geworden.

Nun hat der Mandant rechtzeitig einen Verteidiger beauftragt. Und das Landgericht hat in der Berufungsinstanz entschieden.

Das Ergebnis darf erraten werden. Und zwar folgendes:

    1. Urteil des Amtsgerichts in erster Instanz
    2. Urteil des Landgerichts in der Berufung

8-)

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Ermittlungen bei Facebook

Die Polizei entdeckt soziale Netzwerke: Plattformen wie Facebook seien „wahre Fundgruben“, schreiben zwei Dozenten in einer Polizei-Fachzeitschrift – und geben Kollegen Tipps.

berichtet Thomas Schmid in der taz.

Es erscheint nicht nur wenig sinnvoll, einen geplanten Bankraub auf Facebook, StudiVZ oder Wer-kennt-wen anzukündigen. Man sollte auch darauf achten, wen man sich als als „Freund“ in’s Netz holt.

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Alice Schwarzer und die Frau Bischöfin

Einem Mann hätte man das Vergehen nachgesehen.

schreibt Alice Schwarzer im Spiegel.

Meine Güte, Frau Schwarzer … die 80er Jahre sind vorbei.

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Trauerfall

Aus einem Sitzungsprotokoll:

Ich hab’s knapp überlebt.

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Bischöfliches Alkoholproblem

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, ist mit 1,54 Promille Alkohol im Blut am Steuer von der Polizei gestoppt worden.

berichtet der NDR.

Wer mit 1,54 Promille noch imstande ist, ein Auto zu steuern, sollte sich ernsthafte Gedanken über seinen Alkoholkonsum machen.

Die Spitzen der beiden großen Kirchen scheinen derzeit massive Probleme in Bereichen zu haben, die eigentlich nicht zu ihrem Kerngeschäft gehören. Vielleicht forscht jemand einmal nach den Ursachen?

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Im Maserati zur Treberhilfe

Der wegen seines Dienstwagens in die Kritik geratene Chef der sozialen Organisation Treberhilfe, Harald Ehlert, zieht Konsequenzen. Der Sportwagen soll nun als „Transparenz-Mobil eigenes Geld verdienen“, sagte er, und Touristen oder Berliner zu den Sozialprojekten der Treberhilfe befördern – „gegen Entgelt“.

berichtet der Tagesspiegel.

Das nenne ich mal eine ganz hervorragende Reaktion auf berechtigte Kritik.

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Vorgeführt

Bekanntlich beginnt nicht jede Gerichtsverhandlung pünktlich. Wenn sie denn aber dann beginnt, soll wenigstens der Angeklagte pünktlich sein. Bei Untersuchungsgefangenen ist das recht einfach zu bewerkstelligen. Man holt sie aus dem Knast und bringt sie in den Gerichtssaal.

Im Altbau des Kriminalgerichts gibt es dafür Gänge, die aus der Untersuchungshaftanstalt quasi direkt in den Gerichtssaal führen. Im Anbau – also zum Beispiel im Gebäudeteil C – werden die Gefangenen über die Gänge gebracht und in einer Vorführzelle „zwischengelagert“.

Daß der Knast kein Fünf-Sterne-Hotel ist, wird auch dem optimistischsten Gefangenen schnell klar sein. Aber daß es im größten deutschen (europäischen?) Kriminalgericht (teilweise) aussieht wie in einer südamerikanischen Bananenrepublik zu Zeiten von General Augusto Pinochet, erwartet man eigentlich nicht:

Zur Ehrenrettung ist zu sagen: Es handelt sich derzeit um eine Baustelle. Das Gebäude – und damit auch die Vorführzellen – werden renoviert.

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Günter Werner Freiherr von Gravenreuth

Letzte Nacht ist einer der schillernsten Persönlichkeiten der deutschen Netzgemeinde freiwillig aus dem Leben geschieden. Günter Werner Freiherr von Gravenreuth hat sich letzte Nacht erschossen.

berichtet Gulli über den Freitod des Kollegen.

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Peinlicher Vermerk

In einer recht umfangreichen Strafsache waren neben mir weitere Verteidiger für zwei Mitbeschuldigte „unterwegs“.

Eine Kooperation zwischen jenen Verteidigern und mir war allerdings wegen der Ortsverschiedenheit und des Größenunterschieds der beiden Kanzleien nicht möglich: Hier die kleine Boutique im anrüchigen Kreuzberg, dort die bundesweit renommierte Kanzlei mit säckeweise Doktoren auf dem Briefkopf aus dem feinen Charlottenburg. Man vermittelte mir mit entsprechendem Ausdruck das Gefühl, daß jeder doch in seiner Liga spielen sollte. Und wir seien eben nur die Kreisklasse.

Einmal abgesehen von dem Ergebnis, das für meinen Mandanten die Meisterschaft, für die promoviert und gelangweilt verteidigten Mitangeklagten aber den Abstieg bedeutete, fand ich nun in der Nachschau einen beredten Hinweis in der Gerichtsakte:

Naja, die Anwälte der Großbude werden über einen solchen Vermerk einer öffentlich-rechtlichen Bediensteten sicher hinweg sehen. Die verurteilten Mandanten dieser Anwälte dürften sich aber so ihre Gedanken darüber machen, wen sie da mit der Verteidigung ihrer Existenz beauftragt haben.

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