Monatsarchive: März 2010

Der Baum am 27.03.2010

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Justiz-Schätzung

Die Justiz hat den jungen Mann schätzen gelernt: Vedat S. hatte schon vor Tagen seine Komplizen verraten, die daraufhin mit internationalem Haftbefehl gesucht worden waren.

berichtet der Tagesspiegel.

Der geschätzte Wert des Verrats: Zwei bis drei Jahre Haft, statt vier bis fünf. Und Haftverschonung: Er ist draußen, seine – ehemaligen – Freunde sitzen.

Bild: Bernd Boscolo / pixelio.de

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Mindestens 1 Jahr Knast für 3,47 Euro

Der Mandant hatte die Konsequenz unterschätzt. Sonst hätte er sich nicht so verhalten, wie ihm die Anklage nun vorwirft:

Er entnahm den Regalen des Supermarktes eine Flasche Hasseröder im Wert von 0,69 Euro, eine Flasche Desperados im Wert von 1,39 Euro und drei Würstchen im Wert von 1,39 Euro und steckte alle Gegenstände in seine Jackentasche. Er durchquerte den Kassenbereich, ohne zu bezahlen und wollte die Waren für sich behalten.

Als die Ladendetektive, die Zeugen Bullmann und Gluffke den Angeschuldigten nach Passieren des Kassenbereiches kontrollieren und festhalten wöllten, riss dieser sich los. Auf dem Mittelstreifen der Schönhauser Allee kamen alle drei zu Boden, wobei der Angeschuldigte mit den Beinen unkontrolliert um sich schlug und dabei den Zeugen Gluffke an der linken Schläfe traf.

Verbrechen, strafbar nach den §§ 223 Abs. 1, 230, 242 Abs. 1, 249 Abs. 1, 252, 52 StGB.

Wenn es der Verteidigung am Ende gelingen sollte, das Gericht davon zu überzeugen, daß das ein minderschwerer Fall ist, läuft das immer noch auch mindestens sechs Monate Knast hinaus. Wegen 3,47 Euro.

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Die Akten der Staatsanwaltschaft im Fall Eisenberg

Als die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen einstellte, ignorierte sie bewusst wichtige Fakten. Eine derart eindeutige Notwehr-Situation, wie sie die Staatsanwaltschaft konstruierte, lässt sich aus Gutachten und Zeugenaussagen kaum erkennen. Statt Widersprüche aufzuklären, ließen die Ermittler störende Fakten einfach großzügig weg.

Quelle: Bernhard Hübner in der taz

Der Fall Eisenberg war schon ein besonderer: 12 Schüsse von Polizeibeamten auf den Studenten. 12 Mal Notwehr, erklärte die Staatsanwaltschaft. Damit waren die Hinterbliebenen nicht einverstanden.

Egal, was da passiert ist. Aber diese Ermittlungen und das Verhalten der Staatsanwaltschaft Regensburg sind besorgniserregend.

(Link gefunden in der Handakte.)

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Feindliches Gebiet

Immer wieder stoße ich auf Relikte einer Vergangenheit, die mehr als 20 Jahre zurückliegt. Das Bild ist aktuell, drückt aber immer noch ein Gefühl aus, das nach über 2 Jahrzehnten scheinbar immer noch nicht aus den Köpfen der Menschen verschwunden ist.

1. Wo war ich?
2. Wohin wollte ich hin?
3. Worüber ärgere ich mich?

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Gutschrift für was?

Wir haben einen Zahlungseingang zu verzeichnen. 50 Euro. Das ist an sich ein Grund zur Freude. Wenn es da nicht einen Menschen gäbe, der so weit denkt wie von der Wand bis zur Tapete.

Wenn ich jetzt auch noch wüßte, von wem das Geld kommt und welchem Zweck es dient, könnte ich es verbuchen. Aber so – keine Chance. :-(

Es ist außerordentlich hilfreich, wenn der Absender sein Kassenzeichen so detailliert mitgeteilt, daß dann für die Zahlungsbestimmung kein Platz mehr übrig ist.

Wenn ich ‚rausbekommen sollte, von wem das ist, schicke ich denen eine Überweisung und in den Verwendungszweck schreibe ich „Unser Aktenzeichen: „, gefolgt von den ersten 40 Telefonnummern des Lisabonner Telefonbuchs.

 

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Geschäftsidee: Taxi-Anwalt

Mittlerweile ist es wohl so, daß der Beruf eines Rechtsanwalts kein Garant für ein gesichertes Einkommen ist. So mancher Kollege muß hinzu verdienen. Einige haben sich dazu als Taxifahrer verdingt.

Im westfälischen Wanne hat sich ein Kollege gleichzeitig als Rechtsanwalt und als Taxifahrer selbständig gemacht.

Gute Idee sowas. ;-)
Hinweise auf den Ideengeber finden sich im Impressum und bei Denic.

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Zusagen einer Staatsanwältin

Vor zwei Tagen sagte mir die Staatsanwältin zu, ich können am folgenden Tag die Akte zur Einsicht auf der Geschäftsstelle abholen. Ich habe meinen Besuch für heute angekündigt.

Als ich heute um 8:30 Uhr der Mitarbeiterin der Geschäftsstelle mein Anliegen und die Abrede mit der Staatsanwältin vortrug, reagierte sie in einer Art, als wollte ich ihr die Lieblingsschmußedecke wegnehmen. Ich solle besser heute Nachmittag noch einmal vorbeikommen.

Ein Anruf unserer Mitarbeiterin bei der Staatsanwältin ergab, daß man es nicht vor nächster Woche schaffen werde, mir die Akte zur Verfügung zu stellen.

Kein Wort einer Entschuldigung, auch nicht dafür, daß man mich nicht bereits gestern benachrichtigt hat. Ich bin ja nur ein Strafverteidiger … den kann man ja mal in bisschen durch die Gegend laufen lassen.

Vielleicht hilft der Staatsanwältin das nun anstehende persönliche Gespräch mit mir, sich künftig an Abreden zu halten. Oder wenigstens mal anzurufen.

Update:
Ich habe die Akte bekommen. Das Original wurde „mal eben“ kopiert, ich habe die Kopien aus dem Kopierer nehmen dürfen und einen Aktendeckel erhalten; das Lochen und Einheften habe ich übernommen.

Na bitte, geht doch! 8-)

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Die freie Auswahl des Pflichtverteidigers

Es liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung vor. Das hat das Gericht zutreffend erkannt und dementsprechend dem Angeschuldigten mit Zustellung der Anklage folgenden Hinweis gegeben:

In der Strafsache gegen Sie soll Ihnen ein Pflichtverteidiger beigeordnet werden. Sie haben Gelegenheit, innerhalb der oben angegebenen Frist dem Gericht einen Rechtsanwalt zu benennen, von dem Sie verteidigt werden wollen. Dieser Rechtsanwalt sollte möglichst seinen Sitz im Bezirk des Amtsgerichts [$Kleinstadt] haben. Geht innerhalb der Frist von Ihnen kein Vorschlag ein, so wird das Gericht einen Rechtsanwalt auswählen und Ihnen als Pflichtverteidiger bestellen.

Zutreffend ist, daß der Angeschuldigte sich seinen Verteidiger aussuchen darf (und sollte!). Falsch ist allerdings, daß die Suche auf Verteidiger aus dem Bezirk des Gericht zu beschränken ist.

Das hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1.10.2009 bewußt und gewollt geändert. Bis zu diesem Tag sollte der Richter den Pflichtverteidiger „möglichst aus der Zahl beim der bei einem Gericht des Gerichtsbezirks zugelassenen Anwälte“ auswählen, hieß es. Ab dem 1.11.2009 ist in der Neufassung des § 142 StPO diese Beschränkung weggefallen.

Das Merkmal der Ortsansässigkeit ist entfallen. Gott sei Dank, kann man da nur sagen, obwohl dieses Merkmal zum Schluss schon nicht mehr eine so große Rolle gespielt hat und zunehmend auf den “Anwalt des Vertrauens” abgestellt worden ist. Aber: Häufig dann, wenn ein “unbequemer” RA als Pflichtverteidiger beigeordnet werden sollte, wurde dann doch gelegentlich noch auf die Frage der “Ortsansässigkeit” abgestellt und damit die Beiordnung dann verweigert. Das geht jetzt nicht mehr (so einfach). Denn der RA, der vom Beschuldigten benannt wird, “ist” beizuordnen.

schrieb schon am 1.10.2009 Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D. im Strafrecht Online Blog

Offenbar ist diese Gesetzesänderung in den Textbausteinen des Amtsgerichts noch nicht angekommen. Das ist sicherlich kein böser Wille des Gerichts. Sondern lediglich die Sorge um den Landeshaushalt, da nur bei auswärtigen Verteidigern erhöhte (Fahr-)Kosten entstehen.

Der Angeschuldigte ist in der Wahl des Verteidigers seines Vertrauens also grundsätzlich frei. Und wenn er einen auswärtigen Strafverteidiger haben möchte, dann bekommt er ihn eben auch.

Ich werde dann beim Gericht ‚mal ein update des Textbausteins anregen – auch wenn ich den Kollegen vor Ort damit keinen Gefalle tue.

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Die Staatsanwaltschaft und die Informationspolitik

Den Staatsanwälten hier zu Lande fehlen klare Regeln für ihre Informationspolitik. Also machen sie sich welche selbst.

Quelle: Jost Müller-Neuhof im Tagesspiegel

Einige Staatsanwälte beherrschen diese Selbstregulierung, andere eher nicht. Im aktuellen Fall scheint es zu funktionieren, bei dem ehemaligen SPD-Politiker und bei dem Es-Postmann hatten Staatsanwälte ein weniger gutes Händchen dafür.

Link gefunden bei recht_kom

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