Monatsarchive: April 2010

Kein Motorradfahrer

Wobei ich auf dem Motorrad auch die Angst hätte, ob ich bei dem Tempo das Lenkrad noch festhalten kann, aber ich bin kein Motorradfahrer.

schreibt Jürgen Schöne in seinem Red Tape.

Lieber Kollege, der letzte Halbsatz ist überflüssig. Das ergibt sich ganz zwanglos aus dem Halbsatz davor. ;-)

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Engel und Banditen verboten

Um sieben Uhr früh durchsuchten 300 Polizeibeamte, darunter ein Spezialeinsatzkommando, Vereinsheime und zehn Wohnungen von Mitgliedern der „Hells Angels MC Charter Flensburg“ sowie der „Bandidos MC Probationary Chapter Neumünster“. Dabei wurde das Vereinsvermögen eingezogen. Das gestern ausgesprochene Verbot in Schleswig-Holstein begründete Innenminister Klaus Schlie (CDU) in Kiel: „Beide Vereine verstoßen gegen die Strafgesetze und richten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung.“ Dies belegten illegaler Waffenhandel, Körperverletzungen und versuchte Tötungsdelikte.

berichtet die Welt Online.

Es ist damit zu rechnen, daß noch von einem Gericht geprüft wird, ob die Verbote zu Recht ergangen sind. Die beiden Vereine sind wohl eher in der Lage, sich mit einem Rechtsmittel gegen das Verbot zu wehren, als die Handvoll Rocker des Chicanos MC Barnim, der im August 2009 verboten wurde.

Absehbar ist auch, daß nach den Verboten in Brandenburg und nun in Schleswig-Holstein auch andere Bundesländer auf den Zug aufspringen werden:

Die Verbote werden nach meiner Einschätzung dazu führen, dass der staatliche Druck auf die Hells Angels und Bandidos bundesweit zunehmen wird. Ich schließe nicht aus, dass andere Innenminister sich sehr genau darüber informieren werden, wie wir vorgegangen sind.

äußerte sich Klaus Schlie, Innenminister von Schleswig-Holstein gegenüber der Bikers News.

Schlie möchte sich aber nicht überall unbeliebt machen:

Ich wünsche allen Rocker- und Motorradclubs, die friedlich und gesetzestreu ihrem Hobby nachgehen, eine unfallfreie Motorradsaison.

wird er von Michael Ahlsdorf in der BN abschließend zitiert.

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Richterliche Stimmungsmache

Klare und deutliche Worte statt diplomatische Schönrederei sind sehr oft das bessere Mittel der Wahl. Jedenfalls wenn es um Blogbeiträge oder sonstige polemische Veröffentlichungen geht.

Handelt es sich hingegen um die Begründung richterlicher Entscheidungen, meine ich, daß die Wortwahl eher gemäßigt sein sollte. Richter sollten sich allein aufgrund ihrer Stellung als Organ der Rechtspflege und damit als Teil der Staatsgewalt grundsätzlich zurückhalten mit blumigen Äußerungen.

Nun gibt es aber auch insoweit Unterschiede: Ein Richter am Verwaltungsgericht wird seine Urteile anders formulieren wie ein Richter am Strafgericht. Das macht der Umgang. Beispielhaft seien an dieser Stelle die Urteile des Strafrichters am Amtsgericht Tiergarten Rüdiger Warnstädt genannt; bei ihm hat man durchaus den Eindruck, daß da etwas Grenzwertiges geschieht.

Richter Warnstädt war aber nun einmal eine Marke in Moabit, war als solche akzeptiert und konnte sich seine markigen Richtersprüche auch aufgrund seines Alters seiner Erfahrung erlauben.

Wenn aber nun ein Düsseldorfer Zivilrichter daherläuft und die Linguistik der Trolls aus dem Heiseforum in die Gründe seiner Entscheidung einfließen läßt – selbst wenn es sich „nur“ um einen Kostenbeschluß handelt, dann ist für mein Gefühl (s)eine Grenze überschritten.

Man kann sowohl von der Content Services Ltd. als auch von dem Rechtsschutzversicherer ARAG halten was man will. Das Auftreten beider Gesellschaften im zivilen Rechtsverkehr ist sicherlich umstritten und veranlaßt den einen oder anderen Blogger (oder Heisetroll) zur stimmungsvollen Stellungnahme.

Der Herr Richter am Amtsgericht Düsseldorf Fischer (laut Geschäftsplan ist er zuständig für die Abteilung 43) sollte eine Gesellschaft in einer Beschlußbegründung vom Umfang einer DinA4-Seite aber nicht insgesamt sieben Mal als Abzocker titulieren.

Sowas hätte sich selbst ein Richter Warnstädt nicht erlaubt. Ein kleiner Zivilrichter sollte sich erst recht zurückhalten. Dem Herrn Fischer wird dieses Urteil ganz bestimmt irgendwann einmal auf die Füße fallen.

Anm.: Nein, ich vertrete weder die Interessen der ARAG, noch die der Content Services Ltd.

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Von vornherein vollkommen unsinnig und überflüssig

Ich würde es nicht glauben, wenn ich es nicht in den Händen halten würde: Die Stellungnahme eines Kollegen zu meiner Klage, mit der ich die Kosten der Verteidigung gegenüber dem ehemaligen Mandanten geltend mache. Schreibmaschine per Kohle auf Durchschlagpapier.

Es ging um den Münchener Haftbefehl, der hier in Berlin vollstreckt wurde. Der Kollege, der seinerzeit von der Mutter meines Mandanten beauftragt wurde, hatte sich bereits in dem Strafverfahren als Spezialist geoutet.

Nun setzt er sich dafür ein, daß ich mit meiner Klage keinen Erfolg habe:

Diese Stellungnahme muß man von vorn nach hinten durchlesen; das ist etwas ganz Besonderes, sowas bekommt man nur einmal im Leben zu Gesicht. Ich schätze, daß dieser Schriftsatz sogar dem Zivilrichter das Wasser in die Augen treiben wird.

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Fluchtgefahr bei der Geburt

In den nordrhein-westfälischen Frauengefängnissen müssen Schwangere in Hand- und Fußfesseln entbinden. Eine Praxis, die im Düsseldorfer Justizministerium nicht bekannt ist, von der aber Hebammen berichten. Die absurde Begründung: Fluchtgefahr.

Quelle: FR-Online

Ich glaub’s nicht. Ich glaub’s einfach nicht. Das kann gar nicht stimmen. Nicht bei uns. Nicht unter der Regie von Artikel 1 Grundgesetz. Niemals.

Danke an den Knilch für diesen unglaublichen Link. crh

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Rücknahme einer Falschaussage?

Der kluge Zeuge redete sich um Kopf und Kragen. Belastete sich und andere. Und erzählte erkennbar viel unwahres Zeug.

Irgendwann war es genug und das Gericht unterbrach die Vernehmung. Förmlich entlassen wurde der Zeuge allerdings nicht, er sollte später noch weiter vernommen werden.

Der Zeuge scheint dann doch etwas gemerkt zu haben; jedenfalls erschien er im zweiten Termin dann mit einem Strafverteidiger als Zeugenbeistand. Der Kollege reagierte auf die erste Frage des Vorsitzenden mit dürren Worten:

1. Das, was sein Mandant in dem ersten Teil seiner Vernehmung ausgesagt hatte, sei unrichtig gewesen. Er nehme die Aussage zurück. Weitere Erklärungen dazu gebe er nicht ab.

2. Im übrigen mache er von nun von seinem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 55 StPO Gebrauch.

Ob das nun ausreicht, um zumindest die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen der Falschaussage zu verhindern, glaube ich allerdings nicht.

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Der BGH und das Brechmittel

Das Landgericht Bremen hat den zur Tatzeit 41-jährigen Angeklagten von dem Vorwurf freigesprochen, fahrlässig als Arzt den Tod des 35 Jahre alten C., eines Staatsangehörigen der Republik Sierra Leone, im Rahmen einer Exkorporation von Drogenbehältnissen (sog. „Brechmitteleinsatz“) am 27. Dezember 2004 verursacht zu haben.

So lautete die Pressemitteilung Nr. 86/10 vom 23.4.2010 des Bundesgerichtshofes, in der ein Hinweis auf den heutigen Verhandlungstermin gegeben wurde.

Frauke Böger schreibt dazu in der taz:

Im Dezember 2004 hatte der Arzt Igor V. dem Sierra-Leoner Laya Condé Brechmittel eingeflößt, weil Polizisten ihn verdächtigten, Kokainkügelchen verschluckt zu haben. Condés Zustand war während der Maßnahme so kritisch geworden, dass ein Notarzt hinzugerufen werden musste, um Condé zu stabilisieren. Anschließend flößte Igor V. dem 35-jährigen Afrikaner per Nasensonde Wasser ein, damit er seinen Mageninhalt restlos hervorwürgte. Condé fiel ins Koma und starb wenige Tage später.

Zwei Sachverständige hatten erklärt, Condés sei „still ertrunken“, weil das Wasser in die Lunge gelaufen war. Zwei weitere Gutachter hatten im Laufe des Prozesses vor dem Landgericht Bremen diese Diagnose bestätigt. Die Verteidigung brachte jedoch vier weitere Sachverständige ein, die einen „toxischen Herzmuskelschaden“ als Todesursache ausmachten. Staatsanwältin und der Verteidiger des Arztes forderten daraufhin einen Freispruch.

Zwar habe sich der Arzt „mehrerer objektiver Pflichtverletzungen“ schuldig gemacht, urteilten die Landesrichter im Dezember 2008, aber er habe diese wegen „mangelnder Ausbildung und Erfahrung mit Brechmittelvergabe subjektiv nicht erkennen“ können. Den Arzt treffe keine Schuld, weil er weder über klinische Erfahrung verfügt habe noch für die zwangsweise Brechmittelvergabe qualifiziert gewesen sei, sagte der Richter Bernd Asbrock damals zur Urteilsbegründung. Kritik übte Asbrock an der Leitung des rechtsmedizinischen Instituts der St.-Jürgen-Klinik: „Es war ein genereller organisatorischer Mangel, dass ein Arzt auf dem Ausbildungsstand des Angeklagten diese Behandlung vorgenommen hat.“

Ich kenne die Details nicht. Aber mich macht das Argument des Richters stutzig. Wenn ich keine Ahnung von dem habe, was ich machen soll, dann lasse ich es bleiben. Entscheide ich mich wider besseres Wissen, das – von wem auch immer – Verlangte trotzdem zu tun, muß ich für die Konsequenzen die Verantwortung übernehmen. Im Falle des Polizeiarztes bedeutet Verantwortung dann Verschulden.

Hoffentlich wurde da nicht mit zweierlei Maß gemessen. Nur weil es ein Polizeiarzt gewesen ist. Auf die Entscheidung des BGH bin ich gespannt.

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Nazis auf’s Maul

Wenige Tage vor dem Neonazi-Aufmarsch in Prenzlauer Berg heizt sich die Stimmung auf. Im Internet mobilisiert jetzt die militante linke Szene mit martialischen Bildern.

Irgendwie erinnern mich die Farben auf diesem Bild an ganz alte Zeiten.

Foto: Indymedia via Tagesspiegel

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Einstweilige Verfügung gegen Anwaltssuche-Berlin.de

Der Betreiber der Anwaltssuche-Berlin.de, Herr Markus Hennig, ging uns erst mit seinem Spam auf die Nerven und dann reagierte er auch noch mit sinnentleerten Erwiderungen auf meine Bitte, einer sinnvolleren Tätigkeit nachzugehen. Nachdem Herr Henning meinen Worten keinen Glauben schenken wollte – ich hatte ihn als Spammer bezeichnet – hat ihn das Gericht nun überzeugt.

Nach Zustellung der Einstweiligen Verfügung hat er sich von einem kompetenten Anwalt beraten lassen und meine gerichtlich besprochene Bitte, unsere Kanzlei künftig von seinem Spam zu verschonen, anerkannt.

Das hätte er echt billiger haben können …

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Tja, wer Aids und kein Geld hat …

Der Tatvorwurf: Sechs Schwarzfahrten mit der U-Bahn. Anklage. Hauptverhandlung vor dem Strafrichter. Kein Verteidiger.

Aus dem Sitzungsprotokoll in 2008:

Ja, es war so, meine Personalien wurden auch festgestellt.

Ich mußte mich entscheiden, entweder Geld für die Fahrten zu zahlen oder das Geld für die Medikamente. Ich habe nicht genug Geld. Ich habe HIV, Aids im Endstadium. Ich war dreimal fast tot in diesem Jahr.

Bekomme meine Medikamente für die Schmerzmittel nicht mehr bezahlt. Bei zwei Fahrten war ich auf dem Weg zum Krankenhaus.

Die Staatsanwaltschaft hat sechs Monate Gesamtfreiheitsstrafe beantragt.

Aus dem Urteil:

Bei der Strafzumessung war zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass dieser in vollem Umfange geständig war. Strafschärfend fielen hingegen die zahlreichen, auch einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten ins Gewicht. Nach Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände erachtete das Gericht für jede der sechs Taten jeweils eine Freiheitsstrafe von einem Monat für schuldangemessen und hat aus diesen sechs Einzelstrafen nach erneuter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände die schuldangemessene Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten gebildet. Aufgrund der intensiven Vorstrafensituation des Angeklagten kam eine Bewährungsaussetzung nicht mehr in Betracht.

So sieht das eben aus.

To be continued …

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