Monatsarchive: Juni 2010

Mahlzeit

Gut, daß Netto und Milchreis nicht zu meinen Gewohnheiten gehören.

Welchen Sinn macht dieser Rückruf eigentlich? Diese Frage beantwortet die Redaktion der Stiftung Warentest:

Wer durch einen Produktfehler einen Schaden erleidet, kann vom Hersteller Ersatz und bei Verletzungen auch Schmerzensgeld verlangen. Bei Sachschäden gilt ein Selbstbehalt von 500 Euro. Ein Verschulden müssen Betroffene dem Hersteller nicht nachweisen. Feststehen muss nur, dass der Schaden auf einem Produktfehler beruht. Wasserstoffperoxid kann aber die Schleimhäute reizen.

Ich kann mir gut vorstellen, daß am Montag ein paar dieser Milchbubis bei Netto an der Kasse stehen und über Schleimhautreizung klagen.

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Kurzer österreichischer Prozeß

Andere Länder, andere Strafprozesse.

In einer österreichischen Strafsache geht es um den Vorwurf der Vergewaltigung. Die Anzeigeerstatterin ist keine 17 Jahre alt, die beiden Beschuldigten bestreiten die – durchaus recht heftigen – Tatvorwürfe.

Das Prozeßrecht in Österreich sieht nun eine richterliche Vernehmung der Anzeigeerstatterin vor, bevor es in die eigentliche Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung geht. Das ist die so genannte „kontradiktorische Vernehmung“ nach § 165 österreichische StPO. An dieser Vernehmung dürfen natürlich auch die Beschuldigten bzw. ihre Verteidiger teilnehmen und die Anzeigeerstatterin befragen.

Es ist leicht vorstellbar, daß in einer solchen „Aussage-gegen-Aussage-Konstellation“ eine ganze Menge Fragen gestellt werden müssen. Vom Gericht, von der Staatsanwaltschaft und – selbstredend – von der Verteidigung. Für ein vergleichbares Programm setzt eine deutsche Strafkammer beim Landgericht durchaus einmal einen gesamten Verhandlungstag an; ich habe auch schon Vernehmungen erlebt, die sich über mehrere Verhandlungstage hinzogen.

Aus der Terminsnachricht des österreichischen Landesgerichts, mit der ich von der Vernehmung benachrichtigt wurde, geht hervor, daß man die Sache binnen zweier Stunden abhandeln möchte:

Beginn: 11:00 Uhr
Ende: 13:00 Uhr

Ich bin mir ziemlich sicher, daß dies eine zu optimistische Planung ist und die Mittagspause des Gerichts an jenem Tage wohl erst später stattfinden wird.

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Mahnungen an die Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft säuft nicht nur ab in den Akten dieses Verfahrens, sondern nun auch noch in den Mahnungen der Provider. Diese machen ihre Kosten für die Auskunft geltend, die die Staatsanwaltschaft von ihnen angefordert hatten.

Aus der Ermittlungsakte (Bd. V) ein Schreiben des Staatsanwalts an die Kostenstelle:

Auf den Schriftsatz des Verteidigers BI. 272 – 274 hin wurden die dort genannten IP-Adresse bei den verschiedenen Providern abgefragt.

Da die Hauptakten wegen der Haftprüfung und diverser Beschwerden dem AG und LG vorlagen, habe ich ein SH „Providerauskünfte“ angelegt und die Abfragen und Antworten dort abgelegt.

Dieses SH ist derzeit außer Kontrolle. Einige der Rechnungen sind seinerzeit bezahlt worden (BI. 423 – 433).

Können nicht auch die noch ausstehendm beiden Rechnungen gezahlt werden? Es handelt sich mit allergrößter Wahrscheinlichkeit um berechtigte Forderungen aus einer von hier erfolgten Anfrage.

Mir tut der Staatsanwalt leid, der sich mit so einem Mist auch noch auseinander setzen muß. Und wenn ich Provider wäre, würde ich die nächste Anfrage der Staatsanwaltschaft auch nur noch nach einer Mahnung beantworten. Do, ut des.

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Nazis auf den Campingplatz

Das Landgericht Frankfurt (Oder), Zivilkammer 2, hat abgewägt:

Auf der einen Seite stand das Persönlichkeitsrecht und der Schutz der „Individualsphäre“ des Neo-Führers der NPD Udo Voigt. Dem stand das Recht des Hoteliers gegenüber, sich seine Gäste aussuchen zu dürfen.

Dem Herrn Voigt paßte es nicht, daß das Hotel Esplanade in Bad Saarow ihn ihn nicht beherbergen wollte. Das hat den Herrn Voigt so gekränkt, daß er eine gerichtliche Klärung dieses Rauswurfs herbeigeführt hat. Hat aber nicht so funktioniert, wie sich der Herr Voigt das vorgestellt hat:

Bei einer Abwägung zwischen den Rechtsgütern Voigts und denen des Hotels sei die Kammer zum Ergebnis gekommen, „dass die Rechtsgüter des Klägers nicht überwiegen“, sagt Peine. Es sei nicht von der Hand zu weisen, dass das Hotel „in Sorge ist um sein Image und seine Außenwirkung“, betont der Richter. Was er damit meint, ist offenkundig: Es könnte den Ruf des Esplanade schädigen, sollte sich der Vorsitzende der rechtsextremen Partei dort einquartieren.

berichtete der Tagesspiegel.

Existentiell ist die Entscheidung für den Neo-Führer nicht. Es gibt doch im Lande Brandenburg eine Menge schöner Campingplätze.

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Vorteilhafte Schätzung, unter Umständen

Die Staatsanwaltschaft übermittelte mir die Ermittlungsakte und belehrte mich in dem Anschreiben:

Die wirtschaftlichen Verhältnisse Ihrer Mandantschaft sind gemäß § 136 StPO aufzuklären.

Sie können bei der Bemessung einer eventuellen Geldstrafe (§ 40 StGB) oder von Geldauflagen (§§ 153a StPO, 56b, 59a StGB) bedeutsam sein. Wenn Ihre Mandantschaft hierzu keine Angaben machen möchte, müßte eine für Ihre Mandantschaft unter Umständen nachteilige Schätzung (§ 40 Abs. 3 StGB) erfolgen.

Ich bedanke mich ganz recht herzlich für diese Hinweise und frage zurück: Unter welchen Umständen müßte eine vorteilhafte Schätzung erfolgen?

Es ist nachvollziehbar, wenn die Ermittlungsbehörden die Furcht der Beschuldigten ausnutzen und gern eine Art Drohszenario aufbauen, um an die erwünschten Informationen heranzukommen. Der Versuch, einem Strafverteidiger auf diese Tour zu kommen, ist eher befremdlich. Zumal ich davon ausgehen darf, daß ein Gericht nicht vor- oder nachteilig schätzt, sondern möglichst richtig.

Um die oben von mir gestellte Frage selbst zu beantworten: Unter Umständen hat die Staatsanwaltschaft gar keine Vorstellung von dem hohen Einkommen meiner „Mandantschaft“ und geht irriger Weise von einem gewöhnlichen Durchschnittsauskommen aus. Dann hätte sich die Staatsanwaltschaft unter Umständen vorteilig verschätzt.

Und überhaupt: Eine nachteilige Verschätzung läßt sich in der Regel durchaus später noch einmal korrigieren. Deswegen gilt auch insoweit der Rat: Keine Auskunft. Schweigen. Trotz versteckter Androhung empfindlicher Übel. Denn: Ein Beschuldigter muß keine Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen machen. Dann sollte er es in der Regel auch nicht – wenn er nicht gerade ALG II bezieht.

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Die Beschwerde der Berliner Volksbank

Ich hatte in mehren Beiträgen über das Geschäftsgebahren der Berliner Volksbank berichtet. Es ging um Kosten, die die Bank plötzlich einer Kundin in Rechnung stellte („Abzock-Qualität„) und um eine „Vorladung der Kundin durch die Berliner Volksbank“.

Darauf folgte ein Gegenangriff der Bankster mit dem Vortrag, ich hätte irgendwas unzulässigerweise in’s Internet eingestellt.

In jenem unzulässigen Beitrag hatte ich dann den Lesern dieses Weblogs

Zum Schluß noch […] das ultimative Super-Sonderangebot

unterbreitet.

Das wiederum fanden die Herrschaften bei der Berliner Volksbank aber gar nicht witzig. Der Bereich Recht in der Volksbank, dort ein Herr Willnow, schrieb daher eine bierernste Beschwerde über mich an die Rechtsanwaltskammer:

Internetangebot für angehende Bankräuber

So lautete die durchaus kreative Betreffzeile der Beschwerdeschrift. Aber der folgende Rest verläßt gleich wieder dieses erhabene Niveau:

Wir möchten Ihre Aufmerksamkeit insbesondere auf das „Super-Sonderangebot“ lenken, wonach Bankräuber, die die Berliner Volksbank eG überfallen, ggf. zu einem Sonderpreis in Höhe von 20,00 € von ihm verteidigt werden könnten. Aus unserer Sicht schadet Rechtsanwalt Hoenig mit dieser Auslobung dem Berufsbild eines Rechtsanwalts.

Wir stellen anheim, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um den „Kollegen“ an seine Berufspflichten zu erinnern.

Die Kammer forderte mich dann auch ultimativ auf

innerhalb von drei Wochen nach Zugang dieses Schreibens zu dem Vorwurf schriftlich Auskunft zu erteilen, Sie hätten mit Ihrem „SuperSonderangebot für Bankräuber“ übertriebene und damit unsachliche Werbung i.S.d. § 43b BRAO i.V.m. § 6 Abs. 1 BORA betrieben.

Ich war völlig erschüttert. Eine Kammerbeschwerde! Und das mir!!

Nach einigen schlaflosen Nächten und reichlich Antidepressiva konnte ich mich zusammen- und dann zu einer Stellungnahme hinreißen:

Selbstverständlich wird niemand, der seine Sinne beieinander hat, von mir erwarten, daß ich tatsächlich ein ernsthaftes „Mandatserlangungsangebot“ abgegeben habe, als ich fünf Verteidigungen vor der Strafkammer für 20 Euro zugesagt habe. Vielmehr dürfte die dahinter stehende Botschaft auch für einen durchschnittlich begabten Hauptschulabgänger leicht zu erkennen sein.

Daß dieser Beschwerdeführer nun zu einer Gruppe von Lesern gehört, denen es (berufsbedingt?) nicht gegönnt ist, ein wenig Humor zu pflegen, und statt dessen darin eine invitatio ad offerendum oder sonst so einen zivilistischen Erstsemesterkram („Auslobung“, noch so’n Ding aus meiner Grundstudiumszeit) erblickt, bedauere ich sehr; er wird vielleicht eine schwere Kindheit gehabt haben …

Vielleicht könnten Sie dem Banker einmal mitteilen, er möge sich bei einem Yoga- oder TaiChi-Kurs in einer freundlichen Volkshochschule anmelden, um ein wenig lockerer im Geiste zu werden.

Die auf diese Weise gebeutelten Kollegen bei der Anwaltskammer haben dann auch das einzig Richtige getan. Nämlich dem Herrn aus dem Rechtsbereich Willnow auf etwas höflichere Art mitzuteilen, was von ihm zu halten ist:

… beschlossen, dass es sich aufgrund der deutlich erkennbaren Ironie des Beitrags nicht um unsachliche Werbung im Sinne des § 43b BRAO gehandelt hat.

Liebe Genossen bei der Berliner Volksbank. Vor ewigen Zeiten hat mir einmal ein freundlicher Mensch eine Mahnung mit auf meinen Weg gegeben: „Aus einem verkniffenen Hintern kommt selten ein fröhlicher Furz.

Vielleicht sollten Sie Ihre Schlipse nicht so eng tragen …

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Warte-Bierchen

Zum Thema „Nachtrunkbehauptung“ gibt es hier eine nette Geschichte:

Ein offenbar gelangweilter Autofahrer hat sich in einem Stau auf der Autobahn 8 […] in der Nacht zum Sonntag ein Bierchen gegönnt und ist anschließend in seinem Wagen eingeschlafen.

[…]

Den Angaben zufolge wachte der Autofahrer „erst nach mehreren Minuten starken Rüttelns“ auf. Bei dem deutlich alkoholisierten Autofahrer wurde eine Blutentnahme veranlasst. Er musste seinen Führerschein abgeben.

ist im Berliner Kurier zu lesen.

Es leicht vorstellbar, wie die Verteidigung argumentieren wird:

Der Mann ist nach einem 10-Stunden-Arbeitstag völlig nüchtern in den Stau geraten und bekam beim Warten Durst. Er stellte die Warnblinkanlage an sowie den Motor ab und holt sich ein Pils (1a, 1b. 1c …) aus dem Kofferraum.

Ein schönes juristisches Problem, über das man sich ganz herrlich mit den zuständigen Amtsanwälten streiten kann.

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Gesegnete Mahlzeit!

Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, auf welche Umstände die gesundheitlichen Gründe zurückzuführen sind.

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Knifflig

Gottfried Gluffke hat mich mit seiner Verteidigung beauftragt. Das war vor gut zwei Jahren. Ich habe mich für ihn bei der Polizei gemeldet und war für ihn im Ermittlungsverfahren tätig, das sich längere Zeit hinzog.

Irgendwann brach der Kontakt zum Mandanten ab. Er meldete sich nicht mehr, auch nicht per frankiertem Rückumschlag, den wir ihm an seine neue Anschrift mit der Bitte um Kontaktaufnahme übermittelt hatten. Telefonisch und per eMail war er nicht mehr erreichbar.

Nun schreibt das Gericht und fragt, ob das Mandatsverhältnis immer noch fortbestehe. Es habe sich ein anderer Anwalt für Gluffke gemeldet und seine Bestellung zum Pflichtverteidiger beantragt.

Und jetzt?

Was soll/darf ich dem Gericht antworten?


     

 

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Ein kleines kniffliges Problem. Allerdings eines, das auch den „neuen“ Anwalt betrifft: Solange ich als Wahlverteidiger noch in der Akte bin, wird seinem Antrag auf Bestellung zum Pflichtverteidiger nicht stattgegeben, § 141 I StPO.

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Kostenlose Sofort-E-Mail

Fundstück auf der Website eines Kollegen:

Kein schlechter Marketing-Gedanke, nachdem das Bundesministerium für Post und Telekommunikation das eMail-Porto eingeführt hat und die eMails nicht mehr sofort, sondern erst nach Eingang einer schriftlichen Zahlungsbestätigung versandt werden.

Wir prüfen derzeit, ob auch wir unseren Mandanten die Möglichkeit einräumen können, uns kostenlos eine eMail schreiben zu können.

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