Monatsarchive: Juni 2010

Neuköllner Idylle

Man kann’s sich schon schön machen. Sogar im Hinterhof.

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Noch einmal: Die Vollmachtsurkunde und die Zustellung

Es ist ein Dauerthema, das eigentlich auch schon bei dem allerletzten Beamten der Ordnungsbehörden angekommen sein sollte. Nur wenn sich eine schriftliche Vollmacht, also eine Vollmachtsurkunde (oder auch nur eine Kopie derselben), in der Ermittlungs- oder Gerichtsakte befindet, kann die Behörde oder das Gericht wirksame Zustellungen auch an den Verteidiger vornehmen. Wenn nicht, dann nicht.

So sehen das § 145a StPO sowie § 51 Abs. 3 OWiG mit unmißverständlichen Worten vor und darüber wurde hier, da und dort in epischer Breite berichtet.

Aber im Alltagsgeschäft ist ein Beamter auch nur ein Mensch, der Fehler macht und gern einmal etwas übersieht. Wie in einem Fall, den mein Kollege Rechtsanwalt Tobias Glienke verteidigt hat. Er hatte sich für seine Mandantin als Verteidiger bei der Bußgeldbehörde gemeldet, aber – wie in unserer Kanzlei üblich – keine schriftliche Vollmacht vorgelegt. Trotzdem wurde ihm – und nicht seiner Mandantin – der Bußgeldbescheid zugestellt.

Das Amtsgericht Spaichingen entschied ein wenig später in einem Beschluß vom 20.05.2010 (1 OWi 25 Js 3451/10):

Diese Zustellung war unwirksam. Nach § 51 Abs. 3 OWiG können Zustellungen zwar an den Verteidiger bewirkt werden, Voraussetzung ist jedoch beim gewählten Verteidiger, dass sich die Vollmacht bei den Akten befindet. Da dies nicht der Fall war, hätte wirksam nur an die Betroffenen selbst zugestellt werden können.

Eine „Reparatur“ dieses Fehlers war der Behörde und dem Gericht nicht mehr möglich, so daß die der Mandantin vorgeworfene Ordnungswidrigkeit verjährt ist. Der Bußgeldbescheid über 200 Euro mit einem Fahrverbot von einem Monat war damit Makulatur und die Eintragung von 4 Flens unterblieb dann auch.

Verfahrensregeln sind dazu da, den Bürger vor Fehlern der Staatsgewalt zu schützen. Verteidiger sind dazu da, auf die Einhaltung dieser Regeln zu achten. Werden Regeln zulasten des Bürgers verletzt, ist es nicht „ungerecht“, wenn eine angebliche Tat ungesühnt bleiben muß. Alles andere wäre Rechtsanwendung aus dem Bauch. Und wohin ein solches gesundes Volksempfinden hinführt, ist bekannt; hatten wir schon, wollen wir nicht wieder.

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Kleine Ablenkung

Es war schon von weitem zu hören. Sonst wurde es aber schneller wieder ruhig. Denn die Demos verlaufen meist nur über den Kottbusser Damm. Diesmal machte mich der anhaltende Lärm neugierig.

Die Karawane zog doch wahrhaftig durch das Paul-Lincke-Ufer und so hatte ich einen Logenplatz aller erster Güte:

Keine besonderen Vorkommnisse, mal von dem noch üben müssenden Trommlern abgesehen. 5 Minuten später konnte ich weiter arbeiten.

Worum es den Demonstranten ging, war nicht wirklich erkennbar. Aber gut, daß sie mal wieder demonstriert haben. ;-)

Update:
Etwas später hat’s dann doch noch geknallt: Demo in Berlin mit Explosion am 12.06.2010 – Reaktionsverhalten der Demonstranten (bei ca 30 sek.).

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Noch ein Stich ins Wespennest

Der Ehrenpräsident des VdSRA – Verband deutscher StrafrechtsAnwälte e. V. hatte sich über meinen Textbaustein geärgert und mir geschrieben:

Dass Sie von 14.000 Empfängern nun mit nur einem weiteren Kollegen die Einzigen sind, die meinen, diesen Weg gehen zu müssen,

Der Kollege Bert Handschumacher war der „weitere Kollege“, dem gegenüber sich der Mulit-Präsi offenbar nicht ganz regelkonform verhalten hat.

Jedenfalls ist es erforderlich geworden, daß das zuständige Gericht dem Multi-Spammer die unerwünschte Werbung für seine Vereinsmeierei untersagen mußte.

Nun hat auch Herr Handschumacher mit einer durchlauchten Durchleuchtung zu rechnen. Jedenfalls hat Mr. President auch ihm dies bereits angekündigt.

Ich kann nicht beurteilen, ob dieser Verein seriöse Leistungen für die 300-Euro-Mitgliedschaft anbietet; ich bin nicht Mitglied dort. Die Art der Werbung und die Reaktionen dieses Vereinsmeiers gehören meines Erachtens jedenfalls nicht zu den besonders vertrauensbildenden Maßnahmen eines Unternehmens

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Igitt!

Nein, das Foto stellt nicht die Überreste einer Party in einem Neuköllner Hinterhaus dar. Das ist öffentlich-rechtlicher Dreck am hellichten Tag.

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Anwaltsschelte durch das Bundesarbeitsgericht

Dagegen konnte das Prozessverhalten der Klägerin nicht zu ihren Lasten gehen. […] Es erschöpfte sich in einer möglicherweise ungeschickten und widersprüchlichen Verteidigung.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 42/10 des Bundesarbeitsgerichts

Ob das Volk das versteht, was mit diesem Satz übermittelt werden soll?

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Welcome back

Man müsse nun sehen, wo und wie die Kassiererin wieder eingesetzt werde.

Quelle: Kaiser’s Tengelmann-Anwältin Karin Schindler-Abbes via SPON

Wir werden es sicherlich in irgendeiner Boulevard-Zeitung zu lesen bekommen.

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Spam-Abmahnung in einer Minute

Auf vielfachen kollegialen Wunsch stelle ich gern den Textbaustein zur Verfügung, mit dem ich Spammer wie diese hier, da und dort schlicht per reply an’s Arbeiten und zum Nachdenken bringe:

Zur oben genannten Zeit ging in unserer Kanzlei auf meiner eMail-Adresse hoenig@kanzlei-hoenig.de eine eMail ein, in der für $Werbeinhalt geworben wurde. Ich habe mit einer derartigen Werbung kein Einverständnis erklärt.

Ich fordere Sie daher auf, die Durchführung bzw. Mitwirkung an weiterer unerwünschter Werbung per eMail zu unterlassen und zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr innerhalb der unten genannten Frist eine dazu geeignete strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung in Schriftform abzugeben.

Zudem fordere ich Sie auf, Auskunft gem. § 34 BDSG zu erteilen, welche personenbezogenen Daten zu meiner Person bei Ihnen gespeichert sind, auch soweit sie sich auf Herkunft und Empfänger beziehen, welcher Zweck mit der Speicherung dieser Daten verfolgt wird und an welche Empfänger oder Kategorien von Empfängern die Daten weitergegeben werden. Zudem fordere ich Sie auf, diese Daten nach vollständiger Auskunftserteilung in vorbezeichnetem Umfang zu löschen und diese Löschung verbindlich zu bestätigen.

Ich fordere Sie schließlich auf, die oben dargelegten und jeweils gem. § 271 I BGB sofort fälligen Ansprüche innerhalb einer Frist bis zum $FRIST (Erklärungen hier eingehend) zu erfüllen und drohe für den Fall fruchtlosen Fristablaufs gerichtliche Schritte an.

Die „gerichtlichen Schritte“ wären dann der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung, der hier in Berlin in aller Regel glatt durchgeht.

Gern nehme ich noch Verbesserungs- und Ergänzungsvorschläge entgegen.

Den juristischen Laien, die sich dieses Bausteins bedienen möchten, sei warnend auf den Weg gegeben:

Mit einem Messer kann man Zwiebeln schneiden, wenn man weiß, wie man mit dem scharfen Eisen umgehen muß. Weiß man das nicht, ist das Risiko recht groß, sich damit böse in die Finger zu schneiden. Genauso funktioniert das auch mit der praktischen Rechtsanwendung.

An dieser Stelle noch einmal meinen besten Dank an Rechtsanwalt Stefan Richter für dieses schöne Zwiebelmesser.

Foto: BirgitH via Pixelio.de

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Haushaltsgebühr der GEZ

Ab 2013 soll die Rundfunkgebühr künftig pro Haushalt und nicht mehr pro Gerät gezahlt werden; dann komme es nicht mehr darauf an, wie
viele Fernseher, Radios oder Computer vorhanden sind.

Darauf soll sich die Rundfunkkommission der Länder geeinigt habe, berichtet die Berliner Morgenpost.

Ich fürchte, das gibt neuen Ärger.

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Eure Durchlaucht im Wespennest

Es ist erstaunlich, welche Wirkung so ein kleiner Textbaustein haben kann, wenn er auf einen bestimmten Charakter trifft. Einmal mehr geht es um unerwünschte Werbung, um Spam.

Bereits zum dritten Mal erhielt ich per eMail Post vom VdSRA – Verband deutscher StrafrechtsAnwälte e. V.; als wenn die Herrschaften dort nichts zu tun haben, als andere Leute von der Arbeit abzuhalten.

Und damit man ganz sicher sein kann, daß ich keine Langeweile bekomme, heftet man dem Triple-Spam jeweils noch vier Dateien hinten dran:

VdSRA_Beitrittsformular.pdf – 97k
VdSRA_Fortbildungveranstaltungen_2010.pdf – 99k
VdSRA_Infobroschuere.pdf – 107k
VdSRA_Revers_Fortbildungsveranstaltung.pdf – 98k

Erst kommt der Hinweis auf die Gründung des Vereins, zwei Wochen später dann der Hinweis, daß ein paar Kollegen sich haben beschwatzen lassen und schließlich noch die Mitteilung:

Wir können Ihnen heute bereits die erfreuliche Mitteilung machen, dass unser Verband auch weiterhin kräftig anwächst

Selbstverständlich fehlt dem Spam dann auch nicht der übliche sinnlose Disclaimer:

Bitte betrachten Sie diese Email nicht als unzulässige Werbung, sondern als kollegiale Kontaktaufnahme unter beruflichen Gesichtspunkten.

Ich vertrete eine andere Ansicht über die Betrachtung von Spam und das habe ich dem Präsidenten und geschäftsführenden Vorstandsmitglied des Vereins dann auch per eMail mitgeteilt, nachdem die dritte Spam-Penetration die Grenze des Jetzt-geht’s-los überschritten hatte.

Die „Kollegen“ bekamen meinen Ärger einmal in allgemein verständlicher Form mitgeteilt und gleichzeitig noch mit meinem Standardtextbaustein (für die Minute zwischen durch). Man weiß ja nie, mit wem es zu tun hat …

Das war allerdings ein Stich ins Wespennest. Nicht der Präsident des Vereins reagiert, sondern gleich der Oberpräsi, der „Ehren-Präsident„. Aber das ist noch nicht alles. Dieser Herr Ehrenpräsident ist

auch Präsident der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V..

Whow!

Gleichwohl: Herr Doppel-Präsi reagiert, wie alle Spammer, die stets alles besser wissen. Ein Klassiker. Allerdings diesmal noch mit einer besonderen Note. Doch der Reihe nach:

Dass Sie von 14.000 Empfängern nun mit nur einem weiteren Kollegen die Einzigen sind, die meinen, diesen Weg gehen zu müssen, während alle anderen Kolleginnen und Kollegen nur darum bitten, aus dem Verteiler genommen zu werden, spricht schon für sich selbst und Ihr mangelndes kollegiales Verständnis.

Das ist wirklich bedauerlich. Wer war eigentlich der andere Genervte?. Egal …

El Presidente duplo hat aber dennoch versprochen, mir eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu senden zu lassen. Soweit so gut.

Aber dann bespannt das Ehrenvorstandsmitglied die Retour-Kutsche:

Dass eine Abmahnung aber gerade von Ihnen kommt, wo Sie sich offensichtlich selbst rechtswidriger Werbung bedienen, ist denn doch mehr als erstaunlich, wie ich einem Besuch Ihrer eigene Homepage entnommen habe.

Anschließend schreibt er gefühlte 20 Seiten mit Belehrungen zur neuen Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung, gegen die unsere Website verstoßen würde. Naja, das mit der unerlaubten Werbung hat er ja auch nicht so richtig verstanden.

Da es Ihnen hier offenbar mit der Abmahnung nicht nur darum geht, aus dem Verteiler genommen zu werden, …

Doch, doch! Nur darum. Ganz ehrlich.

… sondern offensichtlich andere Ziele verfolgen, …

Nö. Welche offensichtlich anderen Ziele denn? Der Minuten-Textbaustein enthält keine Rechnung und auch sonst nichts außer ein wenig heißer Luft.

Aber jetzt fährt er schweres Geschwätz Geschütz auf:

.. habe ich in meiner gleichzeitigen Eigenschaft als Präsident der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. soeben meine auf Berufsrecht spezialisierten Kolleginnen und Kollegen auf Ihre Homepage aufmerksam gemacht, den wir nun gemeinsam und ggfs. unter Zuhilfenahme der für Sie zuständigen RAK auf etwaige Verstöße gegen das Berufs- oder Wettbewerbsrecht näher durchleuchten werden.

Die Doppel-Präsidenten-Durchlaucht droht mir nun eine nähere Durchleuchtung an. Ich bin gespannt, was die Spezialisten im Auftrag des durchlauchten Herrn „Verleger/Rechtsjournalist“ entdecken werden.

Ich rege an, die Popcorn-Vorräte aufzufüllen und das Bier kalt zu stellen.

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