Monatsarchive: November 2010

Versenkt

Der Zeuge V berichtet in epischer Breite über angebliche kriminelle Machenschaften derjenigen, die er in seiner Eigenschaft als Spitzel erst begleitet und dann verraten hatte.

Selbstverständlich hat dieser Zeuge sich immer treu und redlich verhalten, niemals etwas Unehrenhaftes getan und war auch sonst die personifizierte Unschuld vom Lande. Kokainkonsum? Er? Niemals! Hat er jedenfalls immer wieder versichert. Auf Fragen des Gerichts, auf Nachfragen der Staatsanwaltschaft und auf Bohren der Verteidigung. Nein, kein Koks. Die anderen, ja, die schon. Er nicht. Never ever. Nunca. Nada. Niente. Ehrlisch, ischwöre!

Es gibt einen anderen Zeugen, den A, der berichtete in illustrer Weise, daß V kein Koks „gesnieft“ habe. Sondern gesaugt. Trotzdem sei V dabei noch imstande gewesen, die Streckmittel herauszuschmecken und auf diesem Wege die Qualität zu beurteilen. Ein ganz hervorragender Kokaintester sei V gewesen. Eigentlich schon immer.

Der Zeuge A war allerdings nicht sonderlich beliebt beim Gericht. Deswegen glaubte man ihm nicht so richtig. Unentschieden urteilten die Beobachter.

Dann kam Zeugin Z. Sie berichtete ungefragt von wilden Parties, bei denen der Zeuge V eine tragende Rolle gespielt habe. Eine Menge Details über die Vita des Zeugen V wurden vorgetragen. Insiderwissen, sozusagen. Alles schön stimmig und rund.

Auf Vorhalt des Verteidigers, daß V mitgeteilt habe, er würde sich noch nicht einmal wegen Zahnschmerzen mit Kokain behandeln lassen, prustete sie los. Teelöffelweise habe sich V das Zeug in sich hineingezogen. Teelöffel, keine Espresso-Löffelchen, nein; Teelöffel auf dem Weg zum Eßlöffel. Davon redete die Zeugin. Von wegen kein Koks.

Nein, ich habe keine Fragen mehr an die Zeugin, Herr Vorsitzender.

Die Zeugin wurde mit Dank entlassen. Da wird wohl nun Bedarf an einem Verteidiger entstanden sein. Bei V.

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Für 136 Euro

Vor dem Amtsgericht Burg hatten wir Erfolg: Freispruch. Und zwar einer mit einer erheblichen Signalwirkung für ähnlich gelagerte Fälle. Doch danach fing die Arbeit erst an, denn:

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Freigesprochenen trägt die Landeskasse.

So lautete der zweite Satz des Urteils. Also: Kostenfestsetzungsantrag an das Gericht. Gefühlte 100 Jahre später bekommen wir die Stellungnahme der Bezirksrevisorin dazu: Angeblich haben wir viel zuviel beantragt, es wurde also gekürzt. Deswegen haben wir uns beschwert, beim Landgericht Stendal.

Das hat nun entschieden und auf sechs Seiten begründet, warum wir 136 Euro nicht bekommen. Für den, der es lesen mag, habe ich den Beschluß veröffentlicht. Ich nutze meine Zeit lieber für das Schreiben eines Blogbeitrages.

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Farbeutel, Eier und Obst nicht erlaubt

Der Mandant wurde als Zeuge geladen. Zusammen mit der Ladung erhielt er eine besondere „Sicherheitsverfügung“ des Vorsitzenden Richters, mit der die Sicherheit im Saal gewährleistet werden soll. Es wird wohl gefährlich werden, vermutet der Richter offenbar.

Danach müssen sich auch Richter, Staatsanwälte, Verteidiger und weitere Verfahrensbeteiligte grundsätzlich einer Ausweis-Kontrolle unterziehen, wenn sie den Saal betreten wollen; nicht weiter schlimm, da diese Beteiligten den Kontrolleuren – also den Justizwachtmeistern – in der Regel bekannt sind.

Für geladene Zeugen gibt es eine Sonderbehandlung, die ein wenig über die Ausweiskontrolle hinausgeht.

Härter trifft es die Zuhörer:

a) Die Zuhörer haben einen gültigen, auf ihren Namen ausgestellten amtlichen Lichtbildausweis vorzulegen.

b) Sie haben sich einer körperlichen Durchsuchung auf Waffen (auch. gefährliche Chemikalien, Messer u.a.), gefährliche Werkzeuge (auch Feuerzeuge und Streichhölzer) und Wurfgegenstände (z.B. Flaschen, Dosen, Obst, Eier, Haarbürsten, Farbbeutel, Bücher) zu unterziehen. Das Gleiche gilt für Flugblätter, Transparente, Trillerpfeifen, Glocken und ähnliche zur Verursachung von Lärm geeignete Gegenstände sowie für Kugelschreiber und Füllfederhalter.

Die Untersuchung wird durch Abtasten bzw. Absonden der Kleidung einschließlich etwaiger Kopfbedeckungen vorgenommen. Unter Umständen kann die Ausleerung und Vorlage des Tascheninhalts verlangt werden. Die Untersuchung ist auf das Schuhwerk zu erstrecken.

c) Die Zuhörer dürfen keine Taschen bei sich tragen.

Eier, Obst und Farbbeutel. Da hat jemand wohl mal schlechte Erfahrungen gemacht.

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Gentrifizierung

In Kreuzberg heißt es Gentrifizierung.

In Mitte, von dort stammt das Bild, ist dasselbe was anderes.

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Ein Staat, der sich in die Hose macht

Die Sicherheitsapparate eines Polizeistaats dürfen alles, was sie können. Die Sicherheitsapparate eines Rechtsstaats können alles, was sie dürfen. Sie dürfen und können ziemlich viel, aber das hat eine Grenze – auch in Zeiten echt oder angeblich drohender Terroranschläge.

beginnt Heribert Prantl seinen Kommentar in der Süddeutschen Zeitung, in dem er die gegenwärtige Hysterie in der Politik kritisiert:

Mittlerweile reicht, wie in diesen Tagen, eine bloße Terrorwarnung, um an den Pfählen des Rechtsstaats zu rütteln – in der Politik wurden sogleich allerlei Maßnahmen diskutiert, die das Recht und das Bundesverfassungsgericht eigentlich verboten hat. Die rasende Aufgescheuchtheit, die fiebrige Hysterie kann einem Himmelangst machen.

Ich bin mir auch nicht so sicher, ob man sich mehr vor „den Terroristen“ fürchten soll oder mehr vor den Panikmachern in den Innenministerien. Immerhin sind die „Terrorwarnungen“ mehr als diffus, die irrwitzigen Reaktionen der Politik und der Exekutive hingegen bereits jetzt schon recht real.

Link gefunden auf Facebook bei Hans Jagnow

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Werbung per Google-Street-View

Die Kanzlei Terner & Imhoff aus Hannover macht Werbung mit einem „ausgemusterten Löschfahrzeug der Feuerwehr aus dem Jahr 1974„.

Und dieses Auto war zur rechten Zeit am rechten Ort:


Größere Kartenansicht

Google Street View – kostenfreie Werbung für Rechtsanwälte. Glückwunsch, Kollegen!

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Keiner mehr da

Irgendwas hat da mit der Planung nicht so richtig funktioniert.

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Willkommen in Port Royale, Mister Smith.

Ich bin mir ganz sicher, eine richtige Entscheidung getroffen zu haben, als ich vor vielen Jahren zusammen mit meinem damaligen Partner eine eigene, kleine Kanzlei gründete. In so einem Laden, den der lawen4cer hier beschreibt, möchte ich nicht tot über dem Beistelltisch der Chefsekretärin hängen.

Einen habbich noch:

„Hier bist du im Niemandsland mein Guter, hier gibt es nur Monster!“

Glück gehabt.

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Mündlich geladen

Der Vorsitzende verkündet die Festsetzung der weiteren acht Termine: Die Nummern 86 bis 93 und es sieht nicht danach aus, als ob am 93. Hauptverhandlungstermin das Urteil verkündet werden könnte.

Dabei haben die Verteidiger noch gar nicht damit begonnen, irgendwelche häßlichen Anträge zu stellen …

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Das Portemonnaie des Spammers

Wer spammt, muß damit rechnen, daß es teuer wird.

Gern und stets schicke ich vorher eine kurze eMail, eine kostenlose Abmahnung sozusagen. Wer dann darauf mit weiterer Werbung reagiert, statt eine halbwegs gut gemachte Unterlassungserklärung abzugeben, muß mit den Konsequenzen leben. Manche Leute lernen eben nur auf dem Umweg über’s Portemonnaie.

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