Akteneinsicht

Eines der grundlegenden Rechte im Rahmen einer Strafverteidigung ist das Akteneinsichtsrecht; es ist in § 147 I StPO geregelt und betrifft sämtliche Akten, die dem Gericht zur Entscheidung vorliegen oder vorgelegt werden. Nur im Ausnahmefall darf die Akteneinsicht – vorübergehend – verweigert werden. Das ist dann in den weiteren Absätzen des § 147 StPO geregelt. Damit wird die Verteidigung in die Lage versetzt, mit dem Gericht und der Staatsanwaltschaft auf gleicher Augenhöhe zu verhandeln – jedenfalls, was die Informationsbasis betrifft.

Anders sieht das im Steuerrecht aus. Die Kanzlei Dr. Bahr berichtet über ein Urteil des FG Berlin-Brandenburg und titelt:

Kein uneingeschränktes Recht auf Akteneinsicht im Besteuerungsverfahren.

Dort hängt es von der Willkür Entscheidung der Finanzverwaltung ab, was man zu sehen bekommt und was nicht:

Die das Steuerverfahren betreffenden Verfahrensvorschriften sehen ein Recht auf Akteneinsicht nicht vor, so dass ein Steuerpflichtiger allenfalls Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen Antrag auf Einblick in die Akten habe, so das Gericht.

Ich bringe den Unterschied mal auf den Punkt: Im Strafverfahren, in dem es um die Ermittlungen von Mord, Raub, Vergewaltigung, Betrug, Drogenhandel oder ähnliches geht, gibt der Staat grundsätzlich vollständigen Einblick in seine Arbeit. Geht es hingegen um Steuern, wurschtelt der Fiskus unter Ausschluß der Beteiligten.

Dieser Beitrag wurde unter Behörden, Verteidigung veröffentlicht.

6 Antworten auf Akteneinsicht

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    Kampfschmuser says:

    Mit anderen Worten: Wenn es ums Geld geht, hört der Spaß auf.

  2. 2
    showbee says:

    Herr Hoenig!
    ich lese den Blog ja gerne und bin eigentlich kein eifriger Kommentator. Aber verkürzen Sie nicht etwas? Im Fall des FG ging es dem Kläger um Erkenntnis, wer ihn angezeigt hatte. Das nicht zu offenbaren ist idR nicht ermessensfehlerhaft! Auskünfte jeder anderer Art werden selbstverständlich erteilt! Steuerakten sind ja auch keine Verschlusssachen. Letztlich findet sich in den Akten auch primär das Wissen, welches vom Steuerpflichtigen selbst stammt. Steuern zahlen ist ja auch keine Bestrafung des Staates; also muss hier schon in Abweichung zum Strafprozeß mit zweierlei Maß gemessen werden.
    Bitte um Beachtung!
    Showbee

  3. 3
    Daniel says:

    Vielleicht kann der Beschuldigte die Daten auf CD-ROM ankaufen? Die Beamten sollten sich eine entsprechende Nebentätigkeit genehmigen lassen.

  4. 4

    @shobee

    Aber verkürzen Sie nicht etwas?

    Ja, klar. Aber ich verspreche Ihnen, daß meine Schriftsätze an Behörden und Gerichte ungekürzt das Haus verlassen. Das hier ist ein Weblog und nicht das wirkliche Leben. 8-)

    Im Fall des FG ging es dem Kläger um Erkenntnis, wer ihn angezeigt hatte.

    Darum geht es einem Sexualstraftäter auch.

  5. 5
    Max says:

    @shobee:

    Ich denke, daß es crh hier nicht um den konkreten Fall geht, sondern schlicht darum, daß im Steuerrecht eben keine generelle Akteneinsicht besteht, was schon irgendwie befremdlich ist. Selbst die Frage, wer Anzeige erstattet hat, kann dem Vertreter als Organ der Rechtspflege – nicht unbedingt dem Mandanten/Betroffenen – doch mitgeteilt werden. Im konkreten Fall mag das ja immer nicht so gehandhabt werden, aber sobald es Ermessen gibt, kann man dem Anwalt mächtig Knüppel zwischen die Beine werfen, wenn er sich nicht „Amtskonfom“ verhält, also keine „Amtsnutte“ ist ;-)

    Darüber hinaus ist das ja nicht die einzige Befremdlichkeit. Die Steuerfahndung darf ja auch ein bissl mehr als die bloße Polizei…

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    Brandau says:

    Wer einen im Steuerrecht angezeigt hat kann ja auch aus anderen Gründen interessant sein. Wenn es beispielsweise die getrennt lebende Ehefrau war, dann kann der Unterhaltsanspruch verwirkt sein