Sich mal eben in sein Auto zu setzen und loszufahren, geht nicht. Jedenfalls nicht, wenn man Oberstaatsanwalt ist. Erstmal muß ein Antrag gestellt werden. Und dieser Antrag – ein zweiseitiges Formular – erfordert eine ausführliche Begründung:
Die Anreise mit privatem Pkw ist dienstlich erforderlich wegen Mitnahme der Akten, Rücktransport des gesuchten Unterlagen, Beweglichkeit am Durchsuchungsort [auswärtige Großstadt] und evtl. notwendigen Folgemaßnahmen. Ein Dienstwagen steht nicht zur Verfügung.
Wie geschrieben: Das macht ein Oberstaatsanwalt und nicht der Pförtner. Aber dafür bekommt er am Ende ja auch die Fahrtkosten erstattet. Wenn er sie beantragt. Auf einem Formular.
Reisekostenrechnung ggf. Feldaufwandvergütung
Zweiseitig.
Danach wird die Notwendigkeit geprüft: Der Dienstreise an sich und dann der Einsatz des Privatwagens. Die Auszahlung der 200-irgendwas-Euro wurde geprüft (Sachbearbeiter 1), angewiesen (Sachbearbeiter 2) und freigegeben (Sachbearbeiter 3).
Ich sach da jetzt besser nichts zu … und fahre mal eben formlos nach Magdeburg.
Es gibt noch bessere solcher Dinge: Bei einer Rechnungsprüfung bei einem kommunalen Verband verlangte das Rechnungsprüfungsamt tatsächlich, dass eine Dienstordnung über das Ein- und Ausschalten der Computer zu erstellen ist.
Es kann doch nicht sein, dass die 3 (!) Mitarbeiter, einfach so die Arbeits-PCs ein- und ausschalten, ohne dass es dafür eine Regelung gibt.
3 stufen der Überprüfung mögen zu viel sein, jedoch halte ich eine strenge Prüfung für angemessen. Wenn ich von meinem ex-AG Geld für Fahrten haben wollte musste ich mich auch mit einem formunschönen Excel-Berechnungs-Toll und Formularen herumwälzen – unterschrieben vom Chef und mir, die dann in der Hauptverwaltung geprüft wurden.
@Pandur2000: War das Tool echt so toll? ;)
scnr…
Und dann mit einem muntern Liedchen auf den Lippen flugs das Formular ausgefüllt und abgeschickt. Nicht die zwei Durchschläge vergessen!
Wenn umgekehrt Steuergelder für ungerechtfertigte „Dienst“reisen verpulvert werden, kräht die Republik ebenfalls.
Der Verwaltungsaufwand im öffentlichen Dienst ist erheblich, verfolgt meist aber meist unstreitige Ziele aller.
Wenn man den Verwaltungsaufwand reduzieren will, kann man an der Umsetzung etwas ändern, aber am Grundsatz wird man nicht vorbeikommen.
In einem großen Konzern hatte ich – einfacher Angestellter – eine Dauerfahrgenehmigung für 200 km, die im Prinzip alle Fahrten abdeckte…
Es geht also auch anders…
Das mit dem Ein- und Auschalten der PC läßt sich toppen: Während meiner Assistenzzeit habe ich einmal eine „Erste Verordnung zur Deregulierung des Kaffeemaschinen- und Heizlüfterrechts am Institut …“ verfasst (okay, war nicht völlig ernst gemeint, hing aber lange in der Kaffeeküche):
„§ 1: Bei eingeschalteter Kaffeemaschine ist das Licht in der Kaffeküche ungelöscht zu belassen. Das Recht zum Einschalten des Lichts bei ausgeschalteter Kaffeemaschine bleibt unberührt“
usw. usf.
Wenn Strafverteidiger mit der Staatsanwaltschaft schon Mitleid haben, kann es um den Rechtsstaat nicht gut bestellt sein ;-)
@ doppelfish: Das kam mir auch sofort in den Sinn. Und außerdem der Passierschein A 38. :-)
Was ohne (ausreichende) Kontrolle so passiert lässt sich in BGH v. 21.10.2004 – AZ: III ZR 38/04 sehr schön nachlesen …
Sofern besagter Aufwand nur für Dienstreisen betrieben wird, kann ich das ansatzweise verstehen. (2 Kontrollinstanzen wären genug.) Man denke an Betriebsprüfungen. Durch eine ausgefuchste Buchhaltung steigt doch kaum ein Steuerprüfer durch, bei einem Staatsanwalt kann ich es mir schlicht nicht vorstellen. Aber wo wird man fast immer fündig, wo wird oft beschissen nach Strich und Faden? Bei den Reiseabrechnungen. Darüber kann man auch leicht überzählige oder mißliebige Mitarbeiter loswerden, es funktioniert immer. Deshalb habe ich Verständnis für die intensive Kontrolle der Abrechnungen. Wenn das natürlich auf den Verbrauch des Toilettenpapiers ausgeweitet wird und den Abrieb der Radiergummis, naja, da ist dann wohl die Schmerzgrenze überschritten.