Das Marketing des Strafverteidigers Schwenn

Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder es hat sich alles glücklich gefügt, dann hat Herr Schwenn einen guten Draht zu den Wesen über den Wolken. Oder er beherrscht das Verteidiger-Marketing aus dem FF.

In dem Monat, in dem Herr Schwenn das Kachelmann-Mandat übernommen hat, erscheint – neben der Gerichtsbeschimpfung in der Cicero – in der Standard-Zeitschrift für Strafverteider ein Aufsatz von ihm: Fehlurteile und ihre Ursachen – die Wiederaufnahme im Verfahren wegen sexuellen Mißbrauchs (StV 2010, Heft 12, S. 705).

Der Beitrag beruht auf zwei vom Schwenn gehaltenen Vorträgen aus dem Jahr 2009. Es ging um zwei Fälle vermeintlichen sexuellen Mißbrauchs, die sich Mitte der neunziger Jahre zugetragen haben. Der Vater und der Onkel eines minderjährigen Mädchens wurden 1995 bzw. 1996 zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt.

In einem Dossier im Mai 2002 beschrieb Sabine Rückert in der „Zeit“, warum und wie sich das Landgericht Osnabrück geirrt haben muß. Rechtsanwalt Schwenn betrieb das Wiederaufnahmeverfahren und setzte im Februar 2004 die Wiederaufnahme und die erneute Verhandlung durch. Am Ende – 2005 und 2006 – wurden beide Verurteilte freigesprochen. Ein grandioser Erfolg, vor dem man den Hut ziehen muß.

Seit dieser Zeit feiert Schwenn diesen Erfolg, vermarktet ihn auf vorbildliche Weise. Und er hat Glück, daß er von einer Gerichtsreporterin und der „Zeit“ dabei unterstützt wird. Eine perfekte Symbiose.

Es fällt mir schwer, da noch an einen Zufall zu glauben, der zu dem Verteidigerwechsel geführt hat.

Dieser Beitrag wurde unter Verteidigung veröffentlicht.

13 Antworten auf Das Marketing des Strafverteidigers Schwenn

  1. 1
    LawBike.de says:

    Oh – interessant. Also vielleicht kein Zufall…

    Mittlerweile muss er ja sogar seine Wohnung auf Hiddensee verkaufen, um sich die ganzen Gutachter, die Anwälte, etc., leisten zu können..

  2. 2

    Kann das sein, dass da gerade jemand das Fundament auf einer Seite aufreißt und dann die Flüsse Alpheios (???????) und Peneios (???????) durch einen Kanal umleitet und mit einen bundesweiten (nicht nur mann-heimlichen) rechtssatlichen Augiasstall aufräumt?

  3. 3
    ben says:

    Und er lässt ein ordentliches Feuerwerk los, wenn das stimmt, was die B.-Zeitung über den heutigen Prozesstag berichtet.

  4. 4
    Burschel says:

    Frau Rückert hat das Ganze in ihrem Buch „Unrecht im Namen des Volkes: Ein Justizirrtum und seine Folgen“ (Hoffmann und Campe, Januar 2007) beschrieben und dort die Leistungen Schwenns ausführlich gewürdigt.

    Rückert in einem Telefonat mit dem Medium Magazin:

    Nach einigen Telefonaten mit Herrn Birkenstock hatte sich der Eindruck, den ich aus den Presseberichten bereits gewonnen hatte, verfestigt: Der Fall sah nicht gut aus für Herrn Kachelmann und ich hatte einen mit der Sache ziemlich überforderten Rechtsanwalt vor mir, der die Verteidigung, die er selbst nicht zustande brachte, nun auch über die Medien führen wollte. Genau das habe ich Herrn Birkenstock in einer Mail auch geschrieben. Und ich schrieb ihm, dass ich mich für seinen Fall nur dann interessiere, wenn ich zu der Überzeugung gelangt sei, dass die Verteidigung mit ihrer Unschuldsbeteuerung richtig liegt. Da ich den Eindruck hatte, dass der Fall ihm über den Kopf gewachsen war, riet ich ihm außerdem, einen weiteren Verteidiger, den er mir gegenüber als seinen alten Freund bezeichnete, mit ins Mandat zu nehmen. Besagter Verteidiger ist Spezialist für Sexualdelikte, er bearbeitet derzeit den siebten Wiederaufnahmefall einer Falschbeschuldigung erfolgreich. Kachelmann konnte von seiner Erfahrung nur profitieren. Allerdings weiß ich nicht, ob dieser Hamburger Spezialist einen derart gegen die Wand gefahrenen Fall überhaupt angenommen hätte. Gefragt habe ich ihn jedenfalls nicht.

  5. 5
    Burschel says:

    siehe auch bereits hier in der Frankfurter Rundschau.

  6. 6
    fernetpunker says:

    Ich habe die besagten beiden Fehlurteile im TV aufbereitet gesehen und muss eigentlich sagen, dass es sich dabei um ein großes Versagen von Staatsanwaltschaft und Gericht handelte. Ob das Einzelfälle waren – ich hoffe es. Zumindest dürfte die erfolgreiche Wiederaufnahme ein Einzelfall darstellen. Das Kind war Jahre nach der Verurteilung wegen Falschaussagen aufgefallen, die seine damalige Aussage unglaubhaft erschienen ließen. Die Staatsanwaltschaft hatte dann jahrelang die Wiederaufnahme/Freilassung verhindert, glaube ich mich zu erinnern.

  7. 7
    Jens says:

    Etwas substantielles habe ich dieser Diskussion zwar nicht hinzuzufügen, aber bei „Kachmann“ fehlt ein „el“ …

      Jetzt nicht mehr. Danke. crh
  8. 8
    sekino says:

    seit wann sind denn Verteidigerwechsel auf Zufall zurückzuführen?

      Seit ca. 14:30 Uhr. crh
  9. 9
    Subsumtionsautomat says:

    So langsam tut mir Kachelmann fast leid. Man muss seinen aktuellen „Verteidiger“ nur mal im TV gesehen haben, um zu sehen, dass der eher Schauspieler ist, als Rechtsanwalt. Auf Kosten (sowohl finanziell als auch durch Ausnutzung der Pressepräsenz) seines Mandanten profiliert er sich in der Öffentlichkeit und gewinnt wahrscheinlich dadurch noch neue Mandate. Das Geld hätte Kachelmann allerdings besser in einen vernünftigeren Anwalt investiert und sich dann zusätzlich noch jemanden für die Öffentlichkeitsarbeit leisten können.

    Falls ein Freispruch herauskommt, dann hätte es den auch mit einem günstigeren Anwalt gegeben (wobei ich den Betreiber dieses und anderer Blogs dazu zählen würde). Der „Starverteiger“ wird es aber sicher als seinen Verdienst herausstellen.

    Kommt es zu einer Verurteilung, dann hat der pressegeile Show-Verteidiger an der Höhe des Resultats sicher seinen Anteil, wird es aber auf das blöde Gericht schieben. Kachelmann wird meinen, er sei optimal verteidigt worden…

    Natürlich besteht die Chance, dass das Urteil aufgehoben wird und es zu einer neuen Verhandlung kommt. Diese endet dann entweder mit einer Verurteilung zu einer geringeren Strafe, die man mit einer vernünftigen Strategie ggf. auch von Anfang an hätte haben können, oder mit einem Freispruch, der ggf. auch so hätte erzielt werden können, dann aber natürlich das alleinige Verdienst des Staranwalts ist. Rechtlich hat Kachelmann dann gewonnen, ist aber finanziell arg angeschlagen.

    Kachelmann kann bei dem Ganzen nur verlieren – oder hat es schon. Eigentlich müsste man ihn vor solchen Menschen, wie seine bisherigen Verteidiger und Pressefuzzis es sind, schützen. Selbst dann, wenn alles stimmt, was ihm vorgeworfen wird!

  10. 10
  11. 11
    Ulrich Dost says:

    Na ja, sehr geehrter Herr Kollege Hoenig. Der Kollege Schwenn ist eben ein Husar:
    http://verteidiger-aus-berlin.de/alice-schwarzer-kurt-kachelmanns-verteidiger-zum-husaren/

    Und wenn das Alice zu berichten weiß, muss man das zwar nicht gleich ernst nehmen, trägt aber -neben der „Zeit“- ungemein zur Vermarktung bei.

  12. 12
    Marc says:

    Hut ab vor disem Strafverteidiger Schwenn. Wenn man sieht was diser Anwalt für Fehlurteile aufgedeckt hat, dann muss man wirklich die Wahrheitsfindung unserer Richter anzweifeln. Offenbar geht es auch dort zu und her wie in der Politik. Der öffentlichen Meinung gerecht zu werden ist offenbar auch deren Ziel.

    Ohne solche Strafverteidiger wie dieser Schwenn könnte jeder ohne Grund eingesperrt werden….Gründe könnte man immer anführen.

  13. 13
    Günnie says:

    Ich habe selbst miterlebt, wie die Justiz mit jemanden umgeht, wenn man eines Sexualdeliktes beschuldigt wird:
    Alles, was man wahrheitsgemäß gegen die Sache sprechend vorträgt, wird ignoriert und selbst grobe Falschaussagen und Widersprüche des vermeintlichen Opfers werden geschönt. Und in der Urteilsbegründung tauchen dann, nur um es revisionsfest zu machen, Sachen auf, die nicht verhandelt wurden oder die schlicht weg falsch sind.
    Und das dürfen dieselben Richter dann einfach so, die vorher eine wörtliche Protokollierung abgelehnt haben.

    Ich wurde auf diese Weise unschuldig verurteilt und muss demnächst ins Gefängnis, weil ich mir eben keinen gescheiten Anwalt wie z.B. Herrn Schwenn, der das mir ergangene Theater nicht mit sich hätte machen lassen, leisten kann. Meiner hatte nur Geld kassiert und kam kaum vorbereitet zur Verhandlung und ohne vorher mit mir ein gescheites Gespräch über die Vorgehensweise usw. zu führen.

    Mein Revisionsverteidiger hat auch nur Geld kassiert und den groben Fehler gemacht, die beiden Einzeltatvorwürfe durcheinander zu werfen und deshalb Widersprüche zu sehen, wo keine waren, wobei er gleichzeit so arrogant war, die Hinweise von mir -also seines Mandanten- zu ignorieren.

    Nun stehe ich hier vor einem Haufen neuer Beweise, welche gegen die Tat sprechen und mögliche Günde für eine Wideraufnahme wären und weiß nicht mehr weiter, weil mir jegliche Kraft und der Glaube an eine gerechte Justiz und an Rechtsanwälte, die noch Berufsehre haben und nicht nur schnelle Kasse machen wollen, fehlt.
    Dazu fehlt noch das Geld. Ich habe zwar noch eine ergiebige Arbeit, weil auch mein Chef noch an mich glaubt, aber nicht mehr die Horrorsummen für die verlangten Vorrauszahlungen.

    Es bleibt nur noch der Hass über die in der Kette Polizei – StAw – Richter weitervererbte Voreingenommenheit und die Verbitterung.
    Ich selbst bin kein Mensch der zu Gewalt neigt, aber wenn ich sehe, wie unfair die Justiz mit einem umgehen kann, kann ich verstehen, dass da mancher ausrastet und zum Amokläufer wird. Ich selbst würde so etwas allerdings niemals tun.

    Schade, dass ich mir den Herrn Schwenn nicht leisten kann und schade, dass ich nicht weiß, wie man an einen Anwalt mit ähnlichem Kaliber kommt. Die Werbung ist ja leider überall schön.