Eine Ladung nach China

Im August 2007 kommt es zu einer Rangelei. Daraus entwickelt die Staatsanwaltschaft im November 2007 eine Anklageschrift. Neben den beiden Angeklagten werden dann noch acht Zeugen benannt. Im Januar 2008 wird der Geschädigte als Nebenkläger zugelassen.

Im Februar 2009 (zweitausendundneun) soll verhandelt werden. Dem Gericht gelingt es aber nicht, einem der Angeklagten eine Ladung zuzustellen, obwohl mit seiner Adresse alles in Ordnung war.

Für April 2009 wurde dann ein neuer Termin anberaumt. Darüber habe ich hier und hier (lesen!!) berichtet.

Im März 2010 sollte es weitergehen, so war es vereinbart. Nun war aber der Nebenkläger verhindert. Deswegen wurde der Termin verlegt auf Juni 2010, selbstverständlich ohne mich vorher zu fragen. Nun war ich verhindert. Der Termin wurde aufgehoben.

Der Mandant hätte die Sache ja nun gern vom Tisch. Zumal er mittlerweile in Lohn und Brot steht. Besser gesagt: In Lohn und Reis, denn er arbeitet ab Juni 2010 in China.

Das Gericht reagierte auf meine Bitte, noch vorher zu terminieren und zu verhandeln, mit dem Hinweis, die sei aus dienstlichen Gründen nicht möglich. Aha.

Der Mandant packt nun seinen Umzugskoffer und wird mir in 2 Wochen seine aktuelle chinesische Anschrift mitteilen. Wenn es dem Gericht gelingen sollte, dort fristgerecht eine Ladung zum nächsten Versuch zuzustellen, wird der Mandant einen Antrag stellen. Mangels ausreichenden Einkommens – er ist Berufsanfänger – wird er um einen Vorschuß auf die Reisekosten aus der chiniesischen Wallachei nach Berlin und zurück bitten.

Ich werde schon mal die Kommentierung der einschlägigen Verjährungsvorschriften heraussuchen.

Dieser Beitrag wurde unter Gericht, Justiz, Mandanten veröffentlicht.

7 Antworten auf Eine Ladung nach China

  1. 1
    Duncan says:

    …wenn daraus mal keine U-Haft wegen Fluchtgefahr wird O_o

  2. 2
    Ralf says:

    Was kann man da so ansetzen? Holzklasse, Business oder gar First? Ist die Gesellschaft frei wählbar?

  3. 3
    Kampfschmuser says:

    Das blöde Gesicht vom Rechtspfleger oder Richter würde ich gerne sehen, wenn die neue Anschrift ins Hirn geschaufelt wird. ;)

      Genau deswegen habe ich den Mandanten auch gebeten, dem Gericht die Bescheinigung der chinesischen Meldebehörde vorzulegen und wie folgt zu unterschreiben:

      crh

  4. 4
    Clyde says:

    Viel Spaß in China.

  5. 5
    Ref.iur. says:

    Verjährung ist wohl eher unwahrscheinlich (vgl. § 78c StGB). Für mich hört sich das eher nach einem Fall überlanger Verfahrensdauer an. Das ist bei der Erwägung alternativer Möglichkeiten der Verfahrensbeendigung zu berücksichtigen. Vielleicht ist auf Grund der Umstände § 153 oder § 153a StPO ein gangbarer Weg um die Sache vom Tisch zu bekommen.

  6. 6
    NoName says:

    Das mit der „Fluchtgefahr“ ist genau meine Befürchtung. Lässt sich da nicht herrlich eine U-Haft oder zun mindest eine Meldeauflage raus stricken. Und natürlich kein Reisepass. Wo käme man denn hin, wenn eine jahrealte Rangelei unter Besoffenen nicht reichen würde jemanden Zunkunft zu ruinieren?
    Auch mein Vorschlag: Anschrift in bestem Mandarin mitteilen. Genauso Meldebestätigung auc VRC.

  7. 7
    Das Ich says:

    und Abgabe an die zuständige StA in China…
    und wieso Fluchtgefahr. Heißt der Kollege Kachelmann?