Falsches Gefühl


Richter K. hatte ein Gefühl in Bezug auf seine Befangenheit. Dieses Gefühl war – wie berichtet – nicht nur überflüssig, sondern auch noch falsch.

Auf mein Ablehnungsgesuch reagierte das Amtsgericht nun mit einem Beschluß:

wird der Richter am Amtsgericht K. auf Antrag des Betroffenen, gestellt durch seinen Verteidiger am 23. September 2010 von der weiteren Mitwirkung an dem Verfahren gegen den Betroffenen entbunden.

Aus den Gründen:

Es ist nicht erforderlich, dass der Richter tatsächlich parteiisch oder befangen ist; auch kommt es nicht darauf an, ob er sich selbst für befangen hält. Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters ist immer dann gerechtfertjgt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, dass der abgelehnte Richter ihm gegenüber eine innere Haltung eingenommen hat, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann.

Mein Uralttextbaustein aus dem Jahr 1967 unterscheidet sich also inhaltlich kaum von dem aktuellen Textbaustein, den das Gericht verwendet. Soweit die Allgemeinplätze. Doch nun zu Richter K. im Besonderen:

Zwar ist allgemein anerkannt, dass Differenzen, die das -wie hier streitige- Verhandeln mit sich bringen kann, nur bei schwerwiegenden Spannungen geeignet sind, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen, zumal auch eine etwaig ablehnenden Haltung auch gegenüber dem Betroffenen in Erscheinung getreten sein muss.

Doch ist ein für eine Ablehnung hinreichender Grund dann gegeben, wenn sich das prozessuale Vorgehen des Richters so sehr von dem normalerweise geübten Verhaltensweise entfernt, dass sich für die dadurch betroffene Partei der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdrängt.

Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgeführten Umstände, kann sich auch einem vernünftigen Betroffenen unter der gebotenen objektiven Betrachtungsweise der Schluss aufdrängen, der abgelehnte Richter werde in der Sache nicht mit der gebotenen Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit entscheiden.

Übersetzt heißt das: Das Verhalten dieses Richter K. weicht so sehr von dem zu erwartenden Verhalten eines kompetenten Richters ab, daß es eigentlich keine Alternative für einen Ausschluß gibt.

Ich bin mir sicher, daß Richter K. ganz oben auf dem Treppchen steht, im Rennen um die Meisterschaft des meist-befangenen Richters.

Dieser Beitrag wurde unter Richter veröffentlicht.

13 Antworten auf Falsches Gefühl

  1. 1
    fernetpunker says:

    Worin bestand denn dieses ominöse „abweichende Verhalten“ des befangenen Richters?

      Können Sie (jetzt) nachlesen, wenn Sie auf das Bärchen oben klicken. crh
  2. 2
    HD says:

    Ich würde mich wundern, wenn Richter K. und der Richter (oder die Richterin), der (oder die) den Beschluss gefasst hat, privaten Umgang pflegten.

      Richter K. hat viele Freunde unter seinen Kollegen und den Justizbediensteten. crh
  3. 3
    Burschel says:

    Die Kollegen in Berlin müssen viel Zeit haben, wenn sie ein für erfolgreich gehaltenes Befangenheitsgesuch so ausführlich begründen.

      Das Problem für Ihre Berliner Kollegen ist der Art. 97 II 1 GG. Aber das bekommen die schon noch in den Griff. crh
  4. 4
    Tourix says:

    Das riecht irgendwie nach einem Anschiss.

  5. 5
    fernetpunker says:

    Die Schreiben des abgelehnten Richters sind echt drollig. Danach ist er zur Erholung erstmal in Urlaub gefahren, aber die Anwälte dürfen keinen Urlaub machen.

  6. 6
    Hatem says:

    Sehr unterhaltsam.
    Danke.

  7. 7
    Daniel Jürgens says:

    Ich stelle mir gerade Richter K. als potenziellen Hobby-Kläger vor (Nachbarschafts- und Mietrechtsstreitigkeiten) ;-)

  8. 8
    RA Müller says:

    Na, wenn Sie jetzt mal nicht die Gefühle des Richters verletzt haben ;)

  9. 9
    egal says:

    So ganz abwegig sind die Ausführungen des Richters ja nicht. Auch muss man wohl davon ausgehen, dass Sie nach der Ablehnung der Verjährungsfalle als rechtsmissbräuchlich wohl auch mitunter die Besorgnis der Befangenheit „mitproduziert“ haben durch das nicht gerade kooperative, auf Streit ausgerichtete Verhalten.

    Letztlich wird man wohl immer bei solchen Kleinkriegs-Szenarien zwischen Verteidiger und Richter die Interessen des Mandanten berücksichtigen müssen und ihm lieber bei jemand anderen eine faire Chance geben.

  10. 10
    W says:

    Allerdings sehr unterhaltsam, schließe mich dem Dank an.

    „Das Kammergericht, dessen Rechtsauffassung das Amtsgericht Tiergarten in Berlin zu befolgen grundsätzlich bemüht ist,“ ..finde ich dann aber doch ganz besonders putzig.

  11. 11
    W says:

    Zu früh geklickt: …auch wenn man sich die Frage stellen darf, wie unterhaltsam die Angelegenheit ist, wenn man sich mit dem Mann selber auseinadersetzen darf.

  12. 12
    GK says:

    Nützen wird auch dieser Vollmachtstrick am Ende nichts. Aber Hauptsache die Herren Anwälte haben ihren Spaß gehabt – auf Mandanteninteressen kommt es hier sowieso niemandem an.

  13. 13

    […] Schreiben von Richter K sind in dem Beschluß des Amtsgerichts vom 05.10.2010 nachzulesen, den ich hier veröffentlicht und kommentiert […]