Das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg will auf externe Hilfe zurückgreifen, um die Flut der Klagen gegen das Amt abzuarbeiten. Als erstes der zwölf Jobcenter in Berlin sucht es mit einer europaweiten Ausschreibung (PDF) nach Anwälten, die das Amt vor dem Sozialgericht vertreten.
berichtet Sebastian Heiser heute in der taz.
Das ist genau die Art von Mandat, wie sie Anwälte lieben: Der Mandant hat es erst einmal selbst versucht, bis er gemerkt hat, daß er den Karren richtig in den Dreck gefahren hat.
Konkret geht es um 500 bis 800 Klagen, die zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe im kommenden Monat noch nicht abgeschlossen sind. Darunter sind auch Gerichtsverfahren, die sich bereits länger als fünf Jahre hinziehen. Sie konnten bisher „aufgrund der Komplexität des Sachverhaltes und der Rechtslage noch nicht zum Abschluss gebracht werden“, erläutert Andreas Ebeling, Sprecher der Berliner Arbeitsagenturen, gegenüber der taz.
Und dann läuft er zum Anwalt und verlangt, daß der ihn wieder da raus holt. Ganz klar ist dann aber auch:
Dem Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg ist wichtig, dass ihr Auftrag an Anwälte mit hoher Kompetenz geht …
Auch immer wieder gern gehört:
– und dafür gibt man auch gerne etwas mehr Geld aus.
Wie ihm richtigen Leben!
Und wenn dann der Anwalt um einen Vorschuß bittet, stellt sich heraus, daß kein Geld da ist.
Ein Oberstudienrat als Mandant wäre mir da echt lieber … aber für einen Strafverteidiger ist das ohnehin kein Job. Jedenfalls jetzt noch nicht.
Ob da eine dauerhafte Aufstockung der Widerspruchsstellen nicht sinnvoller wäre?
Man könnte natürlich bei Verfahrensdauern von bis zu 5 Jahren gleich überlegen, ob da eine Abhilfe, ggf. ein außergerichtlicher Vergleich, nicht ein günstigeres Mittel für den Steuerzahler wäre. Aber man will ja offenbar Recht behalten.
oh, bei den RVG-Gebühren kommt da sicher Freude auf. Witzig wird es, wenn die Staatsseite dann mit Gebührenvereinbarung arbeitet, der Anwalt auf der Gegenseite dann aber bis in die 2. Instanz darüber streiten muss, ob es für den Termin jetzt 100 EUR oder 120 EUR gibt, die angemessen sind.
Arbeite nie mit einem Amt – es sei denn, du willst als „Kunde“ zur Jobvermittlung.
Gilt analog auch für gesetzlich vorgesehene Ersatz-Anstalten und Amtsvertretungen.
Es dürfte wohl nicht ganz unproblematisch sein, für hunderte von sozialgerichtlichen Verfahren eine Vergütung im Voraus zu bestimmen. § 14 RVG spricht von der Ermessensentscheidung im Einzelfall. Gerade der Umfang des Verfahrens steht doch noch nicht fest. Das Vergütungsangabot geht mit 15 % in die Angebotswertzung ein. Es stellt sich die Frage, ob eine solche Ausschreibung nicht fehlerhaft ist, weil sie gegen das RVG verstößt. Der bietende Rechtsanwalt kann sein Ermessen zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe gar nicht ermessensfehlerfrei ausüben.
[…] Ich hatte den Artikel bereits unter dem Blickwinkel “Arbeit, die kein Anwalt braucht!” im Focus. Der taz-Beitrag ist aber so gut, daß er noch einen weiteren Kommentar […]
Da braucht man wohl kostengünstige, externe Anwälte, um das zu reparieren, was gut vorbereitetes, festangestelltes, nicht überlastetes Personal auf der Grundlage eines durchdachten Gesetzwerkes halbwegs fehlerfrei und schneller hinbekommen hätte.
Tja, schnell und billig und medienwirksam führt halt zu sowas.
Ein Trauerspiel.