Frustrierter Beamter

Es ging um Überweisungsbetrug. Irgendjemand hat versucht, über gefälschte Überweisungsaufträge ein fremdes Konto leer zu räumen. Derjenige, der die Aufträge in die Briefkästen der Banken eingeworfen hatte, behauptet, mein Mandant sei derjenige, welcher … Weitere Beweise finden sich auch nach der durchgeführten Durchsuchung der Wohnung und der Geschäftsräume meines Mandanten nicht.

Die Staatsanwaltschaft ist gesprächsbereit. Wir erörtern die erkennungsdienstliche Behandlung – also insbesondere Fingerabdrücke – meines Mandanten. In der Zwischenzeit hatte sich aber herausgestellt, daß die sichergestellten Aufträge keine Spuren tragen. Die Abnahme von Fingerabdrücken war damit auch für die Staatsanwaltschaft aus strafprozessualer Sicht entbehrlich.

Aber offenbar hatte der Polizeibeamte, immerhin ein Kriminalhauptkommissar, Mitleid mit dem Geschädigten. Und er mochte meinen Mandanten wohl auch nicht. Einen Grund für diese Aversion gibt es eigentlich nicht, mein Mandant ist bislang noch nicht „polizeilich in Erscheinung getreten“. Und das, obwohl er Migrant ist. Darüber wunderte sich der Polizist ganz besonders.

Dieses Mitleid und diese Aversion scheinen den KHK dazu veranlaßt zu haben, eine recht schlampig begründete (erneute) Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung zu verfügen.

Diesmal war der Rechtsgrund für die Anordnung nicht mehr wie zuvor „Ermittlung begangener Straftaten“ (§ 81b 1. Alt.), sondern dem Kommissar ging es um die Verhinderung künftiger Straftaten (§ 81b 2. Alt. StPO).

Allein die fehlende Begründung für die polizeibeamtliche Prognoseentscheidung wird diesen Bockmist aus formellen Gründen bereits vor dem Verwaltungsgericht zu Fall bringen. Aber auch inhaltlich ist die Anordnung nicht haltbar. Es gibt keinerlei Grund dafür anzunehmen, daß mein bislang unbescholtener, in Lohn und Brot stehender Mandant künftig Straftaten begehen wird.

Ich habe den Beamten telefonisch darauf vorbereitet, daß ich meinem Mandanten geraten habe, von den Rechtsmitteln Gebrauch zu machen, die das Gesetz ihm zur Verfügung stellt: Widerspruch, Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung an die Polizei und gleichzeitig auch an das Verwaltungsgericht.

Der Beamte gab sich enttäuscht:

Wenn die Geschädigten doch bloß auch so viel Rechte hätten wie die Täter …

Solch ein Statement eines Ermittlungsbeamten sollte meiner Ansicht nach zu sofortigen Versetzung in den Kohlenkeller zum Staubwischen zur Folge haben. Zeigt dieser unscheinbare Satz doch, daß der KHK von seiner Arbeit, die er tagtäglich verrichten sollte, keine Ahnung hat. Aber das wird ihm das Verwaltungsgericht nun gern auch schriftlich mitteilen.

Weitere Einzelheiten zu dieser Art der Verteidigung vor dem Verwaltungsgericht habe ich in diesem Beitrag bereits einmal beschrieben.

Dieser Beitrag wurde unter Polizei veröffentlicht.

7 Antworten auf Frustrierter Beamter

  1. 1
    Ann O. Nym says:

    Wie kommt bloss das Opfer darauf, dass Ihr Mandant „sei derjenige, welcher“? Weil er im Treppenhaus nicht gegrüsst hat, oder weil es sein Konto war auf dem das Geld gelandet ist?

  2. 2

    @ Ann O. Nym:
    Sie denken in die richtige Richtung. Allerdings: Es geht um einen „Versuch“. Das bedeutet: Geld ist weder gestartet noch gelandet.

  3. 3
    Joerg says:

    So eine Schlamperei und solch eine Berufs- und Gesetzeseinstellung machen mich ärgerlich. Leider ist das kein Einzelfall, jedenfalls habe ich es schon wiederholt mit Polizisten zu tun gehabt, denen Recht und Gesetz nicht ganz so wichtig zu sein schien, wenn es darum ging, aus ihrer Sicht „Erfolge“ zu erzielen. Was mich richtig sauer macht ist dann noch die Überheblichkeit (oder einfach unsägliche Dummheit), mit der besagte „Gesetzeshüter“ auftreten und von der Richtigkeit ihres Tuns überzeugt sind. Dies kommt auch bei Ihrem Fall zum Ausdruck, weshalb sonst gibt man entsprechende Äußerungen gegenüber dem Verteidiger des Beschuldigten ab (und behält solche Ansichten nicht für sich, wenn man sie shcon hat) und weshalb gibt man sich nicht die Mühe, die Vorladung wenigstens versuchsweise zu begründen. Wenigstens macht das CRH die Arbeit etwas leichter.

  4. 4
    JJ Preston says:

    Woran erkennt man zwei Verbrecher?
    An den blauen Lampen auf dem Autodach…
    (Und mittlerweile weiß ich wirklich nicht, ob man das noch einen Witz nennen kann…)

  5. 5
    Ali says:

    Also ich habe gelacht. Den Spruch kannte ich noch gar nicht. :D

  6. 6
    Student says:

    :)
    tolle „Begründung“ der AOSV: >>das Allgemeininteresse überwiegt<<

    Würde ich das im Staatsexamen im ÖR durchgehen lassen… tja dann … Examen (-).

  7. 7
    Bruno says:

    Polizeibeamte sind unfehlbar, genauso wie Staatsanwälte und Richter auch.
    Das Kann man sich auch gerichtlich bestätigen lassen.