Dem Richter ist der Umgang mit einem Computer noch zu gefährlich. Er vertraut lieber auf die gute alte Methode, die er vor über 50 Jahren an seiner Schule gelernt hat: Rotes Papier und ein Stift:
Diesen roten Zettel reicht er dann weiter an die Schreibstube des Gerichts („Kanzlei“) und dort wird das gute Stück in die zeitgemäße Form gegossen.
Nota bene: Es handelt sich hier nicht um ein Gericht im Lande Irgendwo, in dem man soeben den aufrechten Gang eingeführt hat, sondern um das größte deutsche Amtsgericht.
Funktioniert hat es allerdings trotzdem. ;-)
Welchen Grund sollte ein Richter haben, in Fällen, die nicht dringend sind – Beschuldigter ist eh auf der Flucht – , seine eigene Schreibkraft zu spielen? Justizökonomischer ist es so allemal.
Justizökonomie. Ein unauflöslicher Widerspruch in sich.
„Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus […] einem silberfarbenen Kugelschreiber aus Metall […]“
Huch?
Wenn ich die Wahl zwischen Diktiergeräten und Kugelschreibern hätte, würde ich mich auch für letzere entscheiden… ich werde den Sinn dieser Geräte außerhalb der Verhandlungen nie verstehen.
Einen Computer würde ich allerdings trotzdem bevorzugen…
Tja, das ist noch Qualitätsarbeit mit Selberdenken statt Dienst nach Vorschrift mit Textbausteinen.
Via est fines!
Na ja, es sind Schreibkräfte vorhanden, die schreiben sollen. Wer alles selbst tippt, ist selbst schuld, wenn der sogenannte „Unterbau“ an Schreibkräften abgebaut wird, weil sie ja nichts zu tun haben.
@Bernd: der silberne Kugelschreiber aus Metall dürfte das Tatwerkzeug bei der gef. KV sein, siehe Leseabschrift.
@klabauter
Ich stimme Ihnen zum ersten Absatz zu. Es scheint sich allerdings einzubürgern, dass „man“ alles alleine macht. Oder so gewollt ist.
Und das nicht nur in Senatsangelegenheiten.
Ist es typisch dass sich der (abstrakte und konkrete) Anklagesatz im Haftbefehl befinden? Ich kenne es nur so, dass sich hinsichtlich des dringenden Tatverdachts eine kurze Schilderung des Sachverhalts sowie eine knappe rechtliche Würdigung der Strafbarkeit dieses Sachverhalts im Haftbefehl befinden.
Immer noch besser, als der handschriftliche Protokollführer. Vor noch gar nicht so langer Zeit vor dem AG Braunschweig erlebt. Er sah aus, als habe er die Pensionsgrenze vor 20 Jahren überschritten und protokollierte entsprechend „flott“ mit einem Griffel die Zeugenaussagen. Die spätere Einsichtnahme in das Protokoll verschlug mir die Sprache. Pro DINA4-Seite waren in großer (aber gestochen scharfer) Handschrift nur etwa 2-3 Sätze protokolliert. Die Zeugenaussagen waren auf ca 10% ihres tatsächlichen Gehalts zusammengefaßt worden.
O.K. Handschriftlich ist man eben nicht so schnell. Aber wie kann man bei 10 zu vernehmenden Zeugen einen Protokollführer, der sein Handwerk offenbar in den 50ern gelernt hat und von Computern anscheinend nichts hält, verpflichten?
Früher schrieb man die Urteile auch mit der Hand und im Namen des Königs
http://eborn.wordpress.com/2010/09/23/im-namen-des-konigs/
Ich schreibe bei „Meetings“ oder so auch immer noch selber gerne lieber auf Papier mit, als das gleich einzutippen. Papier ist einfach praktischer, wenn man live mitschreibt, finde ich.
Allerdings habe ich eine ähnliche Sauklaue wie der Richter, und bin unglücklicherweise nahezu der Einzige, der das dann hinterher lesen kann, und darf das dann selber eintippen..
Gratulation an die „Schreibstube“. Sehr gute Arbeit! ;o)
Die Handschriftform hat Charme…
Vielleicht wollte er die Sache auch nur schnell vom Golfplatz/ Bootsdeck haben und da hat man seltener einen Drucker, viel eher Stift und Zettel dabei…
@emil:
Golfplatz und Bootsdeck passt doch eher zur Anwaltschaft als zum öffentlichen Dienst? Zudem müsste er wohl die Akte dabei gehabt haben.
Das bekommt das AG Nordhausen auch hin. Zwar wird hier schon ein Vordruck vom Richter benutzt, allerdings gab er sich die Mühe, den Haftbefehl handschriftlich auszufüllen, nur für einen Beschuldigten.
Für die zwei weiteren Beschuldigten musste jeweils der Verweis auf den Sachverhalt des ersten Beschuligten genügen „wie Haftbefehl bzgl. des X“. Die Eintragungen des Haftrichters bzgl. Schuldvorwurf und „strafbar als“ mussten sich dann mit einem „wie oben“ begnügen.
Zeitdruck? Hmm, Sonntag vormittag gg. 9.00 Uhr
[…] Kachelmann, hier 3. Bei manchen Gerichten scheint die Zeit noch stehen geblieben zu sein, vgl. hier und hier 4. Wer zu viel quasselt, muss die Folgen (er)tragen, vgl. hier. 5. Die Vollstreckung […]