Kollision

Eine interessante Frage wurde vor ein paar Tagen auf der Mailingliste für Rechtsanwälte erörtert.

Rechtsanwalt Redlich wurde von Mütterchen Mü beauftragt, für sie einer Unfallsache tätig zu werden. Ihr Auto sei auf einem Parkplatz beschädigt worden. Der Unfallgegner ist geflüchtet, man hatte aber das Kennzeichen des „Fluchtwagens“ notiert. Redlich sollte seine Mandantin Mütterchen Mü helfen bei der Durchsetzung der Schadensersatzansprüche und sie als Zeugin beraten im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren gegen den Flüchtling.

Zwei Tage nach der Auftragserteilung erhielt der Kollege den Anruf eines potentiellen Mandanten, der einen Strafverteidiger suchte. Der Anrufer der sich namentlich vorstellte – Wilhelm Brause war sein Name – und seine Rückrufnummer hinterließ, berichtete von einem Parkplatzunfall vor zwei Tagen; er habe den Unfallort ohne Angabe seiner Personalien verlassen, weil er befürchtete, wegen seines vorherigen Alkoholkonsums Probleme zu bekommen. Seine weiteren Angaben ließen keinen Zweifel aufkommen: Es war das Auto von Mütterchen Mü, was Brause angeschoben hatte.

Ohne zu Zögern teilte Rechtsanwalt Redlich dem Brause mit, daß er den Auftrag nicht annehmen könne. Soweit so gut.

Aber was macht Rechtsanwalt Redlich nun mit den Daten und Informationen, die er von Brause während des Telefonats bekommen hat?

Soll der Anwalt die Informationen an Mütterchen Mü weitergeben?


     

 

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Man hat’s aber manchmal auch nicht leicht als Anwalt … ;-)

Dieser Beitrag wurde unter Ratgeber Strafrecht, Verteidigung veröffentlicht.

10 Antworten auf Kollision

  1. 1
    nemo says:

    203 Abs. 1 Nr. 3 StGB ist insoweit relativ klar, oder?
    „Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm …. ALS Rechtsanwalt … anvertraut worden oder SONST bekanntgeworden ist …“

  2. 2
    Ö-Buff says:

    Da fehlt eine vierte Auswahlmöglichkeit, dass ein Sachverständiger erst mal feststellen muss, ob der Anstoß überhaupt wahrgenommen werden musste. ;)

  3. 3
    Pong_Lenis says:

    Redlich lädt beide Parteien zu sich in die Kanzlei ein und erklärt die Situation; Brause ersetzt Mü den Schaden und packt endlich sein Alkohloproblem an,

    Redlich wird zum RA des Jahres gewählt.

  4. 4
    Maxr says:

    Am Telefon sollte man ohnehin die Klappe halten.
    Man weiß nie, wer wirklich mithört.

  5. 5
    Arnonym says:

    Redlich hätte beide Mandate annehmen und dann beide Mandanten zeitgleich für einen Termin einladen sollen.

    Ein freundliche Klärung direkt bringt den „Unfallteilnehmern“ und der Gesellschaft mehr als ein langes Prozessieren.

    Und er hätte damit wohl zwei Mandanten für die Zukunft gewonnen.

  6. 6
    ben says:

    @ Arnonym:

    Und die beiden für die Zukunft gewonnenen Mandanten hätte er dann einzeln an zwei befreundete Kollegen weitervermittelt, weil ihn die Rechtsanwaltskammer mit einem Vertretungsverbot belegt hat.

  7. 7
    Kampfhase says:

    Thumbs up for Pong_Lenis!

    Konstuktivste Antwort bisher.

  8. 8
    Ref.iur. says:

    Hmm, ein schwieriger Fall. Meine erste Vermutung wäre gewesen, dass Redlich die Daten an seine Mandantin weitergeben darf, da zum Zeitpunkt des „Anvertrauens“ kein Mandatsverhältnis zwischen Redlich und dem Unfallgegner bestand. Nach Durchsicht der einschlägigen Kommentare scheint es aber nur darauf anzukommen, dass Redlich das Geheimnis in seiner Eigenschaft als RA erlangt hat, was auch bei Mandatsanbahnungen der Fall sein kann.

    Fraglich ist nun, ob Redlich gezwungen ist, das Mandat zu Mütterchen Mü ohne Nennung von Gründen hinzuschmeißen. Hier ist zu beachten, dass solche „Geheimnisse“, die der Anwalt später noch einmal auf andere Weise erfährt, nicht der Schweigepflicht unterliegen (Schönke/Schröder-Lenckner/Eisele, StGB, 28. Aufl. 2010, § 203 Rn. 18). Dies könnte hier durch eine Halterabfrage nach § 39 StVG geschehen.

    Allerdings ist zu beachten, dass Redlich zugleich auch erfahren hat, dass der Unfallgegner betrunken war. Dies müsste er zunächst Geheim halten, womit er sich gegenüber Mütterchen Mü in eine blöde Situation bringen würde…

    I.E. kann man hier nur dringend zu einem Anruf bei der Kammer raten um sich dort beraten zu lassen. Auf jeden Fall sollte Redlich hier ernsthaft in Betracht ziehen, das Mandat zu Mütterchen Mü niederzulegen…

  9. 9
    Sebastian says:

    Die richtige Antwort fehlt.
    Er hätte das Mandat der Mütterchen Mü niederlegen müssen.

  10. 10
    Waldbaer says:

    Herr Hoenig, weißte was?
    Auf die einfachste Lösung des Problems biste nich gekommen.
    Sach dem Brause wessen Auto er kaputt gemacht hat, und der soll sich da melden, und das bezahlen, was die Reparatur kostet.
    Ich wette, der tut das, und ist auch noch froh darüber, daß das so einfach ging, und keine weiteren Folgen hat.
    Blöderweise braucht man für sowas weder Anwalt noch Polizei. Da sag ich jetzt lieber nix weiter dazu.
    ;o)