Mandanten-Piraterie

Es gibt sie immer wieder, die Herren Rechtsanwälte, die im Knast auf Jagd gehen und dabei höchst unfeine Methoden anwenden.

Jetzt scheint wieder ‚mal einer erwischt worden zu sein, und zwar einer, der es ob seiner Popularität eigentlich gar nicht nötig gehabt hätte. Desto größer ist natürlich die Häme, die ihm entgegen schlägt.

Spiegel Online berichtete über eine Urkundenfälschung, die die Staatsanwaltschaft einem recht bekannten Verteidiger vorwirft. Er soll sich mit gefälschten Unterlagen Zugang zu Untersuchungshäftlingen erschlichen und versucht haben, die Mandate zu übernehmen; vorzugsweise in spektakulären Verfahren. Darüber hätten sich andere Anwälte beschwert.

Der Kollege selbst hält die Vorwürfe für „haltlos“ und stellt sich der Anklage insoweit entgegen.

Wenn ein Verteidiger einen Gefangenen in der Untersuchungshaftanstalt besuchen will, prüft ein Wachtmeister die Berechtigung, also ob der Verteidiger bevollmächtigt oder vom Gericht zum Pflichtverteidiger bestellt wurde. Dazu legt der Anwalt dem Wachtmeister ein Stück Papier vor: Zum Beispiel die Vollmachtsurkunde, den Gerichtsbeschluß oder eine Besuchserlaubnis der Staatsanwaltschaft.

Es ist nicht sehr schwierig, den Wachtmeister zu täuschen, hat er doch kaum eine Möglichkeit, die Echtheit z.B. der Unterschrift unter der Vollmacht zu prüfen.

Andererseits halte ich es auch nicht für notwendig, schärfere Kontrollen einzuführen; schließlich darf man insbesondere von Strafverteidigern erwarten, daß sie sich von den Leuten unterscheiden, die sie besuchen wollen. Also geht auch der Wachtmeister von der Ehrlichkeit der Kollegen aus. Und das ist auch richtig.

Um so schäbiger ist es, wenn das Vertrauen der Justizbediensteten durch die Vorlage gefälschter Unterlagen mißbraucht wird. Und wenn der Eindringling dann zusätzlich noch versucht, auf diesem Wege Mandate zu entern und andere Verteidiger aus dem Mandat zu drängen, gebührt ihm die Höchststrafe.

Ich wünsche dem Kollegen, den der Spiegel dort an den Pranger stellt, noch bevor er verurteilt wurde, daß sich die Haltlosigkeit des Anklagevorwurfs herausstellt.

Dieser Beitrag wurde unter Rechtsanwälte, Verteidigung veröffentlicht.

5 Antworten auf Mandanten-Piraterie

  1. 1
    Any M says:

    Die Mandanten-Piraterie nimmt immer mehr zu. Es schein Anwälte zu geben, die sich nicht dafür zu Schade sind, Horden von Gefangenen mit ihren Vollmachten bewaffnet auf der Suche nach neuen Mandanten zu schicken.

  2. 2

    Sind wir uns einig?
    Es sind einfach zu viele ;-).
    Das haut auf die „Moral“.
    Mindestens.

  3. 3
    Pascal Rosenberg says:

    Und wo ist der Link zum SPON-Artikel?

  4. 4
    Nautic says:

    Wetterfrosch Jörg K. könnte jetzt vielleicht einen passenden Hijacker gebrauchen. Der lässt sich anscheinend derzeit von einem bekannten Medien- und Markenrechtsanwalt vertreten, trotz strafrechtlicher Vorwürfe und U-Haft.

  5. 5

    […] Der Kollege Hoenig berichtet über “Mandanten Piraterie“, ein Phänomen, das ich aus meiner richterlichen Tätigkeit unter dem Begriff des […]