Mindestens 1 Jahr Knast für 3,47 Euro

Der Mandant hatte die Konsequenz unterschätzt. Sonst hätte er sich nicht so verhalten, wie ihm die Anklage nun vorwirft:

Er entnahm den Regalen des Supermarktes eine Flasche Hasseröder im Wert von 0,69 Euro, eine Flasche Desperados im Wert von 1,39 Euro und drei Würstchen im Wert von 1,39 Euro und steckte alle Gegenstände in seine Jackentasche. Er durchquerte den Kassenbereich, ohne zu bezahlen und wollte die Waren für sich behalten.

Als die Ladendetektive, die Zeugen Bullmann und Gluffke den Angeschuldigten nach Passieren des Kassenbereiches kontrollieren und festhalten wöllten, riss dieser sich los. Auf dem Mittelstreifen der Schönhauser Allee kamen alle drei zu Boden, wobei der Angeschuldigte mit den Beinen unkontrolliert um sich schlug und dabei den Zeugen Gluffke an der linken Schläfe traf.

Verbrechen, strafbar nach den §§ 223 Abs. 1, 230, 242 Abs. 1, 249 Abs. 1, 252, 52 StGB.

Wenn es der Verteidigung am Ende gelingen sollte, das Gericht davon zu überzeugen, daß das ein minderschwerer Fall ist, läuft das immer noch auch mindestens sechs Monate Knast hinaus. Wegen 3,47 Euro.

Dieser Beitrag wurde unter Mandanten, Verteidigung veröffentlicht.

7 Antworten auf Mindestens 1 Jahr Knast für 3,47 Euro

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    oder wenn die Verteidigung das Gericht davon überzeugt, dass es dem Angeklagten überhaupt nicht um Beutesicherung ging sondern er ausschließlich Angst hatte, in den Knast zu müssen und sich deshalb so verhalten hat.

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    Ein Staatsanwalt says:

    Ich kann mich eigentlich an noch keinen einzigen angeklagten räuberischen Diebstahl erinnern, der am Ende nicht doch nur als Diebstahl in Tatmehrheit mit KV und Nötigung verurteilt worden wäre. (Auch wenn am Ende natürlich trotzdem immer deutlich mehr herausgekommen ist, als es für den blanken Ladendiebstahl gegeben hätte.)

    Rechtspolitisch bedenklicher finde ich persönlich ja den Diebstahl mit Waffen, in den man (anders als beim räuberischen Diebstahl, der wie gesagt ausgesprochen selten zur Verurteilung kommt) ziemlich schnell reinrutschen kann und der keinen minder schweren Fall kennt.

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    Nicht nur das OLG Braunschweig sagt übrigens in solchen Fällen, dass auch bei einschlägigen Vorstrafen solche Sanktionen gegen das Übermaßgebot (Verhältnismäßigkeit) verstoßen, wenn die Beute in diesem Bereich liegt.

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    Johannes says:

    Also nach meiner Erfahrung gibts hier in Thüringen den 252 gerne mal dazu. Wird halt teuer, wenn einem das DIebesgut so wichtig ist. :)

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    Das Ich says:

    Also hat er zugetreten und den Kollegen am Kopf erwischt, ist das doch erher § 224 oder?

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    snarf says:

    zu Kommentar 2: http://www.nordbayerischer-kurier.de/nachrichten/1288358/details_9.htm gut, hier ging es um ein paar Euro mehr
    „Ein 34-jähriger Rechtsanwalt aus Armenien wurde er zu einer Gefängnisstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt, weil er versuchte das Gericht anzulügen.“ (gut, das mit dem anlügen in dem Kontext ist etwas unglücklich formuliert)
    „Unter seinem eigenen Hemd hatte er ein 100 Euro teures Hemd der Marke Boss versteckt. Als er von der Verkäuferin angehalten wurde und vom Wöhrl Filialleiter festgehalten wurde, schob er diesen zur Seite und begann eine spektakuläre Flucht: Die aufwärts fahrende Rolltreppe hinab, andere Kunden beiseite stoßend, hinaus in das Center, ihm auf den Fersen zwei Angestellte, darunter eine 47-jährige Verkäuferin: „Er kam mir entgegen, ich stellte mich ihm in den Weg. Er schubste mich weg. Ich fiel nicht um, aber er verlor das Gleichgewicht.“ Der Ladendieb wurde gefasst und auch der Karstadtdiebstahl aufgeklärt. Das Schubsen der 47-Jährigen wurde ihm zum Verhängnis: Darin lag genügend Gewaltanwendung, um ein Verbrechen des räuberischen Diebstahls zu begründen.“