Nazis raus – aus dem Hotel (2)

„Es kann nicht sein […] dass ein Mensch ausgegrenzt wird, nur weil er eine bestimmte politische Meinung vertritt.“ Diskriminierung aus weltanschaulichen Gründen verbiete das Grundgesetz.

Das hört sich gut an. Grundsätzlich. Nur wenn sich ein Nazi auf das Diskriminierungsverbot beruft, wird es kritisch.

Das Zitat stammt von dem Anwalt der NPD, Carsten Schrank. Die Berliner Zeitung berichtet über den Rauswurf von Udo Voigt, Bundesvorsitzender der rechtsextremen NPD, aus dem Hotel Esplanade in Bad Saarow.

Zur Begründung teilte das Esplanade dem NPD-Chef mit, dass dessen politische Überzeugung nicht vereinbar sei mit dem Anliegen des Hauses, jedem Gast „ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten“. Der unerwünschte Gast klagt dagegen.

Auf den Ausgang des Verfahrens bin ich gespannt.

Der Prozess beginnt am 25. Mai am Landgericht Frankfurt (Oder).

Den ersten Rauswurf von Nazis aus einem Hotel, aus dem Holiday Inn in Dresden, haben zwei Mitglieder der NPD Fraktion im Sächsischen Landtag seinerzeit akzeptiert. Herr Voigt ist da noch etwas uneinsichtig.

Dieser Beitrag wurde unter Politisches veröffentlicht.

18 Antworten auf Nazis raus – aus dem Hotel (2)

  1. 1
    MaxR says:

    Wenn ich mir vorstelle, daß der Herr Voigt im nebenzimmer schnarcht … das würde mein exzellentes Wohlfühlerlebnis deutlich trüben.

    Und das würde der Hotelier auch merken!

    Problematisch wirds trotzdem, weil jetzt einer kommen könnte und das gleiche über den Gast mit Maximalpigmentierung genauso sagen könnte.

    Aber ich denke, daß die Vertragsfreiheit es dem Hotelier freistellt, ob er dem Herrn Voigt ein Dach über dem Kopf bietet oder nicht.

  2. 2

    „Nach dem starken Anstieg linksextremistischer Gewalttaten in Hamburg will die CDU der Hansestadt eine Stelle einrichten, die sich um Opfer linksextremistischer Gewalt kümmert.“

    Nicht, dass wir demnächst ALLE im Zelt schlafen müssen, ein wenig problematisch ist das schon!

  3. 3
    Scharnold Warzenegger says:

    Der Hotelier kann – völlig frei – entscheiden, wen er als Gast haben möchte.

    Dann allerdings den Rauswurf mit der Gesinnung des Gastes zu begründen, halte ich für sehr problematisch. Das sollte er sich denken, aber nicht sagen. Denn es dürfte sich verbieten, jemanden wegen seiner politischen Gesinnung zu diskriminieren. Sonst ist man selbst nicht besser.

    Das ist so ähnlich wie bei Bewerbungen. Man darf natürlich Frauen, Alte, Behinderte oder Schwarze diskriminieren. Man darf es nur nicht sagen, sondern muß formal behaupten, es habe einen anderen Grund.

    (Schon Mist, daß man bestraft wird, wenn man die Wahrheit sagt…)

    Im Übrigen hat jeder das Recht „braun“ zu denken und für seine Überzeugung einzutreten. Auch wenn mir Sympathie für „braun“ völlig abgeht, sind mir die Braunen dann doch noch lieber als die Linken.

  4. 4
    Till says:

    Hm – es gab doch diese Entscheidung, daß ein Hotelgast die Störung durch eine Gruppe heulender und schreiender geistiger Behinderter hinnehmen müsse. Die könnte man doch 1:1 auf diesen Fall anwenden…

  5. 5
    Hanno says:

    @ Till
    Mit diesem Vergleich tun Sie Behinderten Unrecht.
    —-

    Spielt das AGG hierbei eine Rolle?

  6. 6
    egal says:

    Politische Gesinnung ist kein Diskriminierungstatbestand im Sinne des AGG.

    Wer eine andere Hautfarbe oder behindert ist, kann sich das nicht aussuchen. Politische Einstellungen aber schon; dann muss man aber auch mit den Konsequenzen in einer Demokratie leben: nicht jeder muss die eigene politische Einstellung toll finden und kann dementsprechend dann auch ablehnend reagieren.

  7. 7
    RA Müller says:

    Ich sehe die (mutige) Entscheidung des Hoteliers eher skeptisch. Dunkel in meiner Erinnerung kramend meine ich, daß es eine Entscheidung zu Supermärkten gibt, die ohne hinreichenden Grund keine Kunden abweisen dürfen.
    Könnte auf Hotels übertragbar sein, wenn man vorliegend davon ausgeht, daß „Störungen“ des Hotelbetriebes nicht zu erwarten waren.

    *dem Hotel die Daumen drückt*

  8. 8
    JJ Preston says:

    Blöde Sache. Er kann hier rechtliche Kohärenz erwarten, dass er, wenn er schon nicht selbst diskriminieren darf, dann auch nicht selbst diskriminiert werden darf. Und für das Hakenkreuzproletariat ist das natürlich ein gefundenes PR-Fressen.
    Die einzige Chance, ihm da einen Strick zu drehen, ist seine Verurteilung wegen Volksverhetzung aus dem Jahr 2008 und der wegen überlanger Verfahrensdauer eingestellte Prozess aus 2005, die die Vermutung nahelegen, dass in einem von internationalen Gästen frequentierten Hotel die Gefahr von Zwischenfällen, ausgelöst durch ihn, besteht und dass der Betreiber folglich berechtigerweise ein sowohl wirtschaftliches wie auch sonstiges Interesse besitzt, durch den Ausschluss derartiger Personengruppen für Ruhe zu sorgen. Wie sonst ließen sich hierzulande Reisebeschränkungen gegen Kategorie-C-„Fußball-Fans“ rechtfertigen?

  9. 9
    GrosseKlappeNixDahinter says:

    @egal:

    Sie erkennen Richtig, dass eine politische Einstellung kein Diskriminierungsmerkmal i.S.d. § 1 AGG ist.

    Falsch ist aber Ihre Begründung, wenn Sie sagen, dass man sich seine politische Einstellung aussuchen kann und somit nicht diskriminiert werden kann.
    Das zeigt sich schon in § 1 AGG selbst, denn die dort erwähnte Religion oder Weltanschauung kann man sich selbst aussuchen und dennoch diskriminiert werden.

  10. 10
    Kand.in.Sky says:

    Ob das Hotel auch andere Demokratiefeinde rauswerfen würde? Schäuble, Leyen, Merkel… sowie Schreibtischtäter:
    http://www.kanzlei-hoenig.info/die-abschiebung-der-auslaenderbehoerde

    #k.

  11. 11
    hopper says:

    Leider erwähnt der Zeitungsbericht nicht, welchen Antrag Voigt bei dem Zivilgericht gestellt hat.
    Der Termin des geplanten Aufenthalts ist vorüber, der Reisepreis erstattet.
    In Betracht kommt allenfalls noch eine Feststellungsklage und der dürfte das Rechtschutzbedürfnis fehlen.
    Ein Anspruch auf Abschluss eines (neuen) Beherbungsvertages besteht mit Sicherheit nicht

  12. 12
    rajede says:

    Nanu Carsten, bist Du neuerdings der Meinung, daß nur die „Guten“ Rechte ausüben dürfen?

    Ich jedenfalls werde das Esplanade nicht besuchen. Ich mag mich nicht gegenüber einem Hotelier für meine Gesinnung rechtfertigen müssen. Sollte ich die gleiche haben wie der Hotelier (immerhin ein erfolgreicher Konzern), wäre mir das peinlich.

    Was für eine billige PR-Arbeit. Spätestens bei einem der nächsten Staatsgäste zweifelhafter Provenienz kommen sie in Erklärungsnot.

  13. 13
    Das Ich says:

    Hmmm, bin verwundert…hab keine AGB gefunden wo die NPD oder der Name Voigt auftaucht.
    @ Hopper Stimmt, welchen Antrag er wohl stellen mag. Höchstens die Differenz zu einem anderen Hotel und die Taxifahrt dahin.
    Ich finde allerdings auch, dass sich da ein Hotel zurückhalten sollte. In Berlin werden Tag für Tag Staatsgäste untergebracht, deren Regierung Menschen foltert und umbringt. Angefangen mit Obama…(Irak, Afganistan, Guantanamo Bay und last but not leat der der Exportschlager aus China die Todesstrafe)

  14. 14
    Wanda Wacker says:

    Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden (Rosa Luxemburg zugeschrieben).

  15. 15
    JPPB says:

    Ich verabscheue ihre Meinung, doch ich werde mein Leben lang dafür kämpfen, daß sie sie äußern dürfen! (Voltaire)

    In der Demokratie sitzen KommunistInnen im Parlament.
    Im Kommunismus sitzen Demokraten im Gefängnis!

    Wobei bei letzterem Beispiel Kommunismus gegen Nationalsozialismus ausgetauscht werden kann.

    Un zu Guter Letzt darf auch noch Churchill zu Wort kommen:

    „Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen.“

    Ab wann fängt denn Unrecht an? Gibt es einen Geldbetrag für Betrug oder Diebstahl? Ab wann wird das einzelne Individium diskriminiert? Wenn einer also nicht zum Diskriminierungspool gehört darf man ihn ausgrenzen, beschimpfen und Sanktionen gegen ihn führen? Wenn es läuft wie eine Ente und quakt wie eine Ente, dann ist es auch eine Ente.
    Heute wird er aus einem Hotel verwiesen und das Volk klatscht. Morgen wird er mir Dreck beworfen und das Volk klatscht. Und Übermorgen? Wird er dann gesteinigt? Und ich bin mir sicher, das Volk jubelt und klatscht dabei. Hoppla, das hatten wir doch schon, ein klatschendes und jubelndes Volk, während die nichtexistente Gewaltenteilung eine Minderheit unterdrückt, drangsaliert und letztendlich ermordet.

    Aber na klar, das hier ist etwas anderes werden viele sagen. Es sind ja schlechte Menschen, die eine Meinung haben die nicht Volkswille ist.

    Denkt mal darüber nach.

  16. 16
    RALupo says:

    schön, dass uns die Nazis ihre Gesinnung als Weltanschauung verkaufen wollen.

  17. 17

    […] Herrn Voigt paßte es nicht, daß das Hotel Esplanade in Bad Saarow ihn ihn nicht beherbergen wollte. Das hat den Herrn Voigt so gekränkt, daß er eine gerichtliche Klärung dieses Rauswurfs […]

  18. 18
    BV says:

    Nachdem bereits das Landgericht Frankfurt (Oder) die Klage abgewiesen hatte, ist jetzt auch die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen worden (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 18. April 2011 – 1 U 4/10).