Neugierige Familie

Aus einer Telefonnotiz:

Der Anrufer bittet um Rückruf.
Betr.: Wilhelmine Brause.
Er möchte wissen, ob seine Schwester noch in der Untersuchungshaft sitzt.

Was sagt man als Verteidiger so einem Anrufer? Schon die Frage, ob Frau Brause eine Mandantin ist, darf nicht beantwortet werden. Die Untersuchungshaft kann dann schon überhaupt kein Thema mehr sein.

Aber der Mann macht sich nun mal Sorgen. Und kurzer Hand in die Justizvollzugsanstalt nach Pankow fahren, um die Mandantin zu fragen, ob man ihren Bruder informieren kann, geht auch nicht. Anrufen? Im Knast?? Es bleibt allein der Postweg, und der dauert eben ein paar Tage.

Also doch? Nein, im Zweifel überwiegt die Schweigepflicht! Auch auf die Gefahr hin, daß Bruder und Schwester später ein wenig ungehalten sein sollten.

Es bleibt die Frage, wie man es dem Anrufer mitteilt, daß man ihm nichts mitteilt. Keine ganz so einfache Aufgabe. Oder?

Dieser Beitrag wurde unter Knast, Verteidigung veröffentlicht.

8 Antworten auf Neugierige Familie

  1. 1

    Auf die Gefahr hin, dass das jetzt ein wenig naiv rüber kommt: Kann man Wilhelmine nicht einfach fragen, ob sie einen Bruder hat, der angerufen haben könnte und ob man ihn über den Stand der Dinge informieren kann?

  2. 2

    Ja, das kann (und sollte) man. Beim nächsten Besuch in der Haftanstalt. Bis dahin vergehen aber noch ein paar Tage und der Bruder sitzt bis dahin auf heißen Kohlen.

  3. 3
    cledrera says:

    Die Aufgabe ist nur dann lösbar, wenn man sich rechtzeitig vorher entsprechende Entbindungserklärungen zur Verfügung stellen lässt.

  4. 4
    Mausi says:

    wer sagt eigentlich dass der anrufer wirklich der Bruder war? da kann ja Hinz und Kunz kommen… oder ein Reporter

  5. 5
    MaM says:

    Man kann auch einfach in sein Internetblog die Antwort einstellen – wie hier geschehen. Die Anonymisierung ist dann ja auch wurscht.

    Naja, ich hoffe, der Fall ist schon geklärt.

  6. 6
    Kudo says:

    Zum Glück habe ich solche Probleme nicht. Dafür habe ich andere.

  7. 7
    Gerhard says:

    Der Schweigepflicht unterliegen nicht offenkundige Tatsachen un dsolche, die ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Das eröffnet in vielen Fällen die Möglichkeit einer Auskunft. Was der Frager schon selber weiß, muß der Anwalt nicht geheimhalten.

  8. 8

    Ganz unangenehme gespräche. Ich wollte mal mit einem Psychatrischen Landeskrankenhaus sprechen…
    Das mein Kunde dort war wusste ich. Gelandet bin ich bei einer Stationsärztin (also war er da – sonst hätte mich die Telefonzentrale nicht zu einer bestimmten Station durchstellen können). Die erst Aussage war „Ich darf ihnen ja noch nicht mal sagen, ob ich den Herrn kenne“. Ergebniss war die Sache schriftlich zu erledigen.
    Das kam dann mit einer nichtssagenden Antwort (kein Bewohner im Sinne der genannten Rechtsgrundlagend) zurück… (zum Glück hatte ich bis dahin einen Betreuer ermittelt – mit dem lief alles glatt)…