Peinlicher Vermerk

In einer recht umfangreichen Strafsache waren neben mir weitere Verteidiger für zwei Mitbeschuldigte „unterwegs“.

Eine Kooperation zwischen jenen Verteidigern und mir war allerdings wegen der Ortsverschiedenheit und des Größenunterschieds der beiden Kanzleien nicht möglich: Hier die kleine Boutique im anrüchigen Kreuzberg, dort die bundesweit renommierte Kanzlei mit säckeweise Doktoren auf dem Briefkopf aus dem feinen Charlottenburg. Man vermittelte mir mit entsprechendem Ausdruck das Gefühl, daß jeder doch in seiner Liga spielen sollte. Und wir seien eben nur die Kreisklasse.

Einmal abgesehen von dem Ergebnis, das für meinen Mandanten die Meisterschaft, für die promoviert und gelangweilt verteidigten Mitangeklagten aber den Abstieg bedeutete, fand ich nun in der Nachschau einen beredten Hinweis in der Gerichtsakte:

Naja, die Anwälte der Großbude werden über einen solchen Vermerk einer öffentlich-rechtlichen Bediensteten sicher hinweg sehen. Die verurteilten Mandanten dieser Anwälte dürften sich aber so ihre Gedanken darüber machen, wen sie da mit der Verteidigung ihrer Existenz beauftragt haben.

Dieser Beitrag wurde unter Verteidigung veröffentlicht.

12 Antworten auf Peinlicher Vermerk

  1. 1
    egal says:

    Wieviel haben denn die Angeklagten bekommen?

  2. 2
    Vuffi Raa says:

    Vielleicht steh ich grad auf dem Schlauch, aber man verweigerte Ihnen das Gefühl, dass jeder in seiner Liga spielen sollte? Gab man Ihnen nicht eher das Gefühl, dass jeder in seiner Liga spielen sollte?

      Fixed. Thx. crh
  3. 3
    Liebling Kreuzberg says:

    Manche Kanzleien erachten halt die Qualität der Sekretärinnen für besonders wichtig, andere – wie offenbar die, auf die sich der Vermerk bezieht – eher die der Anwälte.

  4. 4
    AndyM says:

    Die Großbuden kochen eben auch nur mit Wasser. Wenn man sieht, wie in vielen Großkanzleien die Belegschaft wechselt, dann sagt dies doch schon alles.

  5. 5
    cledrera says:

    Schon wieder Glückliche, die es anscheinend noch nie mit einem Callcenter zu tun hatten.

  6. 6
    Joerg says:

    Ich habe auch schon wiederholt die Erfahrung gemacht, dass Großkanzleien meinen, sich auf ihrer Größe ausruhen zu können, die Schriftsätze waren dann aber inhaltlich oft nicht „groß“, vom Umfang her schon. Offenbar glauben die auch, nur lange Schriftsätze von 20 Seiten und mehr seien grundsätzlich etwas Wert. Das nervt nicht nur die Gegner, sondern auch die Richter.

    Gerade als Einzelanwalt wird man (nicht nur von Großkanzleien) per se als gescheiterte Existenz angesehen.

    Aber wenn man weiss, was man kann und das nötige Rückgrat hat, kann man über so etwas leicht drüber stehen, für ein paar Sekunden ärgert solche unbegründete Arroganz aber manchmal eben doch.

    Ich hoffe, die Mandanten haben in Ihrem Beispiel nicht „gelitten“.

  7. 7
    Hocker says:

    Bitte solche Sachen demnächst als Bild (zB. JPEG) veröffentlichen und nicht als PDF – denn das verkompliziert das Ansehen mitunter sehr da dafür zusätzliche Software installiert werden muss. Der Adobe Reader nämlich. Ein JPEG lässt sich dagegen auf jedem Browser betrachten.

  8. 8

    Es wäre möglich, dass hier ein externes Sekretariat für die Kanzlei arbeitet. Da gibt es zum Beispiel den Dienst „MobileSuite“, den auch ich nutze. Hier können zwar Termine vereinbart und Nachrichten hinterlassen werden, über betriebsinterne Dinge wissen die Damen allerdings nicht Bescheid. Auch wenn sie sich mit Firmennamen melden…

    Dominik T. Ratzinger

  9. 9
    skugga says:

    @ Dominik Ratzinger: Wenn man mit externem Sekretariat arbeitet, sollte man aber die Finger von Strafsachen mit mehreren Angeklagten lassen – solcherlei Terminsabstimmungen bleiben da nämlich nicht aus.

    Und wenn das externe Sekretariat dann anscheinend nicht mal in der Lage ist, den Anruf dem richtigen RA zuzuordnen und eine Rückrufbitte weiterzuleiten, dann sollte man auch die Einschaltung eines externen Sekretariats mal gründlich überdenken.

    Fachangestellte sind einfach keine ABs (und keine Schreibautomaten)… :-)

  10. 10
    Lutz says:

    Welche Großbude sitzt denn noch in Charlottenburg? White&Case?

  11. 11
    jan says:

    1. Der kluge Rechtsanwalt weiß, dass schlechte Angestellte den Ruin bedeuten können.

    2. Der kluge Rechtsanwalt verweigert sich nicht der Kommunikation mit Kollegen, Gegnern, sonstigen Verfahrensbeteiligten.

  12. 12
    Der unechte N.N. says:

    Mag jetzt sarkastisch klingen, aber vielleicht sollte seitens der RAe als Arbeitgeber mal darüber nachgedacht werden, die Fachangestellten zumindest so vernünftig zu bezahlen, dass selbige sich ein Leben über Hartz IV-Standard leisten können – das könnte durchaus einen Motivationsschub zur Folge haben ;-)

    Wenn aber schlecht ausgebildet und noch dazu schlecht bezahlt wird, sind solche Vermerke und die zugrunde liegenden Schlechtleistungen der Angestellten ganz einfach nachvollziehbar.

    Jedenfalls ist der gezeigte Vermerk ein Armutszeugnis für die Kanzlei. #11 Jans Nr. 1 kann ich nur voll zustimmen.