Richter, pah!

Eine Anrufbenachrichtigung, die mir unsere Mitarbeiterin übermittelte:

Anruf von: Herr Bullmann
Firma: Vorsitzender 72. Strafkammer
Ansprechpartner: Hr. Hoenig
Telefon: 03090149999
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Nachricht: Bittet um RR. Betr.: Ist Wilhelm Brause Ihr Mandant?

Daß so eine Frage von einem Polizeibeamten kommt, kann ich nachvollziehen. Manche Staatsanwälte versuchen es einfach mal, auf diese – illegale – Weise an Informationen heranzukommen. Aber das nun auch ein Vorsitzender Richter am Landgericht mich auffordert, einen ParteiGeheimnisverrat zu begehen.

O tempora, o mores!

Dieser Beitrag wurde unter Richter veröffentlicht.

16 Antworten auf Richter, pah!

  1. 1
    BV says:

    Inwiefern könnte diese Auskunft denn ein Parteiverrat sein? Ohne das jetzt im Detail geprüft zu haben, sehe ich weder eine andere Partei, noch ein pflichtwidriges Dienen. Welchen Nachteil müsste denn der Mandant fürchten, wenn der Richter (jetzt schon) von der Vertretung erfährt?

  2. 2
    ben says:

    Naja, Parteiverrat ist es nun wirklich nicht.

      Ja, Sie haben Recht.

    Aber dafür ein satter § 203 StGB. Und wenn man die Auskunft erteilt, bekommt man den Fragenden noch wegen Anstiftung dran.

  3. 3
    Torsten says:

    Da ruft man doch einfach mal ohne Argwohn zurück und fragt, weshalb er das wissen will. Vielleicht ist es ja im Interesse des Mandanten diese Auskunft zu erteilen.

    Anwalt: „Hallo, Sie haben angerufen und wollten wissen, ob Herr Brause mein Mandant ist. Warum wollen Sie das denn wissen?“

    Richter: „Ist er denn Ihr Mandant?“

    Anwalt: „Das darf ich Ihnen nicht sagen, bevor Sie mir nicht sagen, um was es geht.“

    Richter: „Aber solange ich nicht weiß, ob Sie sein Anwalt sind, darf ich Ihnen nicht sagen, um was es geht. Dienstgeheimnis.“

    Anwalt: „Ah… seh’n Se?“

  4. 4
    AnotherOne says:

    Dass die Mandatserteilung in jedem Fall ein Geheimnis sei, ist mir nicht einsichtig. Das hängt doch davon ab, ob der Mandant das geheim halten will – oder nicht.
    Wenn nun ein Strafverteidiger mit der Verteidigung beauftragt wird, dann soll dieser doch die Interessen des Mandanten gegenüber Gerichten und Behörden vertreten. Diesem Umstand ist immanent, dass die eigentliche Beauftragung kein Geheimnis ist – denn wie soll sonst die Intressenvertretung funktionieren. Anders ist es sicherlich, wenn der Strafverteidiger lediglich einen Beratungsauftrag erhalten hat. Dann kann die Frage nach einem Mandat (also ob der Mandant einen Verteidigungsauftrag erteilt hat) ohne weiteres verneint werden (Sprich: Der Begriff Mandant hat mehr als eine Bedeutung – und welche Bedeutung gemeint ist, muss man aus dem Zusammenhang erschließen).
    Vor diesem Hintergrund finde ich die Frage weitaus weniger erstaunlich, als es offenbar sonst hier gesehen wird.

  5. 5
    Günter says:

    @Anotherone

    Wenn die Tatsache der Mandatsbeziehung offenkundig wäre, läge kein Geheimnisverrat vor. Aber wenn sie offenkundig ist, weshalb fragt der Richter dann nach?

    Man muß also erst einmal den Hintergrund der Frage aufhellen, um abwägen zu können, ob die Offenbarung des Mandatsverhältnisses gegen § 203 StGB verstoßen kann oder nicht.

  6. 6
    Frank says:

    Ein Geheimnisverrat liegt nicht vor, wenn die Offenbarung des Geheimnisses (hier: Bestehen des Mandats) dem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Mandanten entspricht.

    Es ist der absolute Regelfall, dass der Mandant will, dass sein Anwalt mit den zuständigen Justizorganen über seinen Fall spricht. Es ist eine extrem unwahrscheinliche Ausnahme, dass der Mandant möchte, dass gegenüber den zuständigen Justizorganen schon das Bestehen des Mandatsverhältnisses leugnet.

    Es versteht sich deshalb auf der Basis minimaler Rechtskenntnisse von selbst, dass der Richter, der sich – vom Regelfall ausgehend – nach dem Bestehen des Mandatsverhältnisses erkundigt, keine Anstiftung zum Geheimnisverrat begeht (zumal er natürlich davon ausgehen kann, dass in einem der genannten Ausnahmefälle des Bestehen des Mandatsverhätnisses schlicht geleugnet wird und fertig).

  7. 7
    doppelfish says:

    Ja, wenn Sie auch nie eine schriftliche Vollmacht zu den Akten reichen, nech? :D

  8. 8

    Für diejenigen, die sich mangels (Straf-)Prozeß-Erfahrung den Hintergrund nicht vorstellen können (und dann auch für diejenigen, die nur über eine minimale Rechtskenntnis verfügen):

    Der Richter fragte nicht nach einem Angeklagten, den ich möglicherweise verteidige. Der Name des Mannes, dessen Anwalt der Richter auf diesem Wege suchte, wurde im Rahmen einer Beweisaufnahme in einem Verfahren von einem Zeugen genannt. Dieser Zeuge mutmaßte auch, daß dieser Mann von mir vertreten werde. Ziel des Richters war es, diesen Mann als Zeugen zu laden.

    Ich werde den Teufel tun, und der Welt mitteilen, wer Mandant ist und wer nicht.

  9. 9
    RA Will says:

    Das ist so natürlich richtig, konnte man aber aus dem Post nicht herauslesen. Ich hatte mich auch schon gefragt, wo genau das Problem liegt.

    Vor allem vor dem Hintergrund, dass auch bei mir ab und an mal ein Richter anruft an nachfragt, ob Mandant XY noch Mandant sei, da man von diesem eine Akte auf dem Tisch habe und wisse, dass XY generell von mir vertreten wäre. Ich denke, dass es dann im Interesse des Mandanten ist, dass ich und nicht sonstwer beigeordnet wird.

  10. 10
    RA Will says:

    Was natürlich auch daran liegen mag, dass im kleinen Saarland ihre Stammkundschaft sowie deren Verteidiger kennen…

  11. 11
    RA Will says:

    Mist, bei website satt „.com“ „.de“ eingegeben…

      Repariert: Statt „.de“ „.com“ eingesetzt. crh
  12. 12
    MaxR says:

    Und was wäre, wenn der Mandant den Anwalt A wegen einer Straftat (zB BTM) und den Anwalt B wegen einer anderen (zB Steuerhinterziehung) mandatiert hätte?
    Und dem angerufenen Anwalt A erstmal gar nicht klar wäre, um welche Sache es bei dem speziellen Richter geht?

    Da hilft Dieter Nuhr wirklich weiter.

  13. 13
    RA Will says:

    Ähm…aber wenn doch in dieser Fallkonstellation Anwalt A angerufen wird, muss er doch davon ausgehen, dass es um die Btm Sache geht, denn von der andern weiss er doch nichts, oder?

    Was soll uns diesen Beispiel eigentlich sagen?
    Ich verstehs nicht so ganz…

  14. 14
    AnotherOne says:

    Wenn der Anwalt auf eine solche Anfrage eines Richters oder Staatsanwalts antwortet: „Wollen Sie mich zum Geheimnisverrat anstiften?“, dann ist natürlich jedes Gespräch bald beendet. Der Anfrager ist vielleicht erschreckt, vielleicht aber auch nur konsterniert und tippt sich gedanklich oder tatsächlich an die Stirn. Eine Auskunft hat er jedenfalls nicht bekommen.

    Was aber wenn eine entsprechende Auskunft doch erteilt wird? Gibt es Rechtsprechung dazu? Sind Urteile bekannt, in denen Anwälte verurteilt wurden, weil sie sich dazu bekannt haben, dass zwischen ihnen und dem Betroffenen, wegen dem nachgefragt worden ist, ein Anwaltsvertrag besteht?

  15. 15
    RA Anders says:

    Die einzig richtige Antwort auf solch eine Frage ist: Das darf ich Ihnen nicht sagen!

  16. 16

    @Koll. Anders: So isses. Punkt!