Signalfarbe

Es ist zum Verzweifeln. Bereits bei der Urteilsverkündung hatte mitgeteilt, daß ich den Mandanten auch in der Strafvollstreckung verteidige; der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft und auch der Protokollführer des Gerichts haben dies jeweils notiert.

Weil ich die Wege und die Arbeitsweise in Moabit in langen Jahren kennen gelernt habe, war ich mir nicht zu schade, die Vertretungsanzeige dann doch noch einmal per Fax an das Gericht und die Staatsanwaltschaft zu übermitteln. Sicher ist sicher, habe ich mir so gedacht.

Letzte Woche ruft mich der Mandant aus der Haftanstalt an und fragt mich, ob ich denn auch zu dem Termin vor der Strafvollstreckungskammer kommen würde. Ich war ahnungs- und fassungslos: Weder die Staatsanwaltschaft, noch die Strafvollstreckungskammer haben mich über diesem Termin informiert. Wir haben dann bei den Geschäftsstellen ermittelt, wann genau und in welchem Saal der Termin stattfinden soll.

Als ich dann den Saal betrat – außen hing deutlich der Hinweis: Nicht-öffentliche Sitzung – wurde ich erstaunt gefragt, was ich denn hier wolle; die Sitzung sei doch nicht öffentlich. Der Richterin habe ich dann persönlich mitgeteilt, daß ich nur der Verteidiger sei, sie müsse sich nicht fürchten. Gut, daß der Mandant auch schon anwesend war, so daß ich wenigstens nicht nach der Vorlage einer Vollmacht gefragt wurde.

Damit ich dann wenigstens bei künftigen Terminen die Chance habe, benachrichtigt zu werden, habe ich dann ein weiteres Mal mitgeteilt, daß ich den Mandanten auch jetzt noch vertrete.

Rotes Papier ist eigentlich die Farbe für Haftbefehle. Ich hoffe, damit errege ich Aufmerksamkeit. Sonst hilft wirklich nur noch eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen jeden, der die Akte in der Hand gehalten hat.

Dieser Beitrag wurde unter Gericht, Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

6 Antworten auf Signalfarbe

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    Kampfschmuser says:

    Äußerst schräges Schreiben. In jeglicher Beziehung. ;)

  2. 2
    Gert says:

    Das übliche: Verteidigerschriftsätze, die weiter als drei Aktenblätter zurückliegen, werden nicht mehr beachtet. Vorzugsweise wird mit Kostenfestsetzungsanträgen so verfahren.

    Diese Art der Aktenführung ist mir suspekt. Es ist doch allgemein üblich, gleich ob in der Verwaltung, bei Gericht oder in Anwaltskanzleien, der Sachbearbeiter die Akte vorgelegt bekommt, sobald ein neues Schreiben eingeht und daß er sie erst wieder abgibt, wenn er das Schreiben zur Kenntnis genommen und ggf. etwas veranlaßt hat.

    Im übrigen: wenn eine Verteidigungsanzeige bis zur mündlichen Anhörung nicht zur Kenntnis genommen worden ist, kann man wohl getrost davon ausgehen, daß das Gericht die Akte überhaupt nicht gelesen hat.

  3. 3
    Ein Staatsanwalt says:

    Der Grund dafür wird sein, dass für die Strafvollstreckung üblicherweise neue Aktengehefte angelegt werden (Vollstreckungshefte, Bewährungshefte, Sonderhefte etc.), die in der Regel mit dem rechtskräftigen Urteil anfangen (alles in der ursprünglichen Verfahrensakte davorgeheftete ist für die Vollstreckung meistens ohne Relevanz, so dass dadurch verhindert wird, dass kistenweise Akten unnötig quer durch Deutschland geschickt werden, wenn es auch ein dünnes Heftchen tut). So eine Mitteilung wird dabei natürlich schnell übersehen.

    Verteidiger, die auch im Vollstreckungsverfahren mitwirken (was übrigens nur in den seltensten Fällen vorkommt), kennen das Problem meistens und zeigen sich daher auch üblicherweise vor den relevanten Zeitpunkten (Halbstrafe, Zwei-Drittel-Termin etc.) an.

  4. 4
    gb says:

    wenn „er“ eh‘ schon einsitzt, kuemmert „man“ sich dann ueberhaupt um einen (wenn auch nur vermeintlichen) HB?

  5. 5
    Bruno says:

    @Staatsanwalt

    Ich weiß ja nicht, wo Sie arbeiten, aber ich kenne es nicht, daß für die Vollstreckung neue Hefte angelegt werden. Alles, was mit der Vollstreckung zu tun hat, findet sich zumeist in den fortgesetzten Bänden des Erkenntnisverfahrens.

    Die Verteidigerlegitimation für das Vollstreckungsverfahren sollte sich also irgendwo zwischen dem Urteil und dem nachfolgenden, regelmäßig recht übersichtlichen Kram befinden. Wer ihn nicht findet, hat auch die Akte nicht gelesen, geschweige denn das Urteil. Wozu gibt es eigentlich auf dem Aktendeckel die Rubrik „Verteidiger“? Kann man auch deutlich mit dem Zusatz „StVollstr“ versehen.

    Da viele Strafvollstreckungssachen auch Fälle der notwendigen Verteidigung sind, ist es ja nicht ganz fernliegend, mal nach einem Verteidiger in der Akte zu suchen. Aber auch in StVollstr-Sachen gibt es Pflichtverteidigung ja in vielen Fällen nur auf Antrag und Beschwerde.

    Und selbst wenn neue Vollstreckungshefte angelegt werden. Wie kommt man dann darauf, die Verteidigungsanzeige nicht mit in das Vollstreckungsheft zu übernehmen?

  6. 6
    Ö-Buff says:

    Neben der roten Farbe ist auch ein leicht größeres Format als DIN A4 ein guter Weg, um aus einer Akte „hervorzustechen“.
    So ein 5 mm breiter Rand, der oben, unten und seitlich aus der Akte ragt? Na, wie wär’s? ;)