Sinnentleerte Inanspruchnahme des Bundesverfassungsgerichts

Aus der Begründung eines Zurückweisungsbescheids des Bundesverfassungsgerichts vom 29.06.2010:

Die völlig ausufernde Verfassungsbeschwerde genügt in weiten Teilen offensichtlich nicht den Anforderungen an eine substantiierte Begründung. Den enormen Umfang der Beschwerdeschrift – einschließlich ergänzender Schriftsätze von mehr als 330 Seiten – haben die Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin unter anderem durch umfangreiche, sachlich durch nichts gerechtfertigte Wiederholungen mutwillig herbeigeführt. Das Bundesverfassungsgericht muss es nicht hinnehmen, dass es durch eine derart sinnentleerte Inanspruchnahme seiner Arbeitskapazität bei der Erfüllung seiner Aufgaben behindert wird und dadurch anderen Rechtsuchenden den ihnen zukommenden Grundrechtsschutz nur verzögert gewähren kann.

Nein, das war kein Oberstudienrat oder Rechtsanwalt, der sich über ein Parkverbotsknöllchen geärgert hat. Es war die Telekom, die sich gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf wehren wollte.

Quelle: teltarif

Danke an Marc Kessler für den Hinweis.

Dieser Beitrag wurde unter Telekom veröffentlicht.

12 Antworten auf Sinnentleerte Inanspruchnahme des Bundesverfassungsgerichts

  1. 1
    RA JM says:

    „… das war kein Oberstudienrat oder Rechtsanwalt“ – schon klar, letztere schreiben gerne gleich 1.182 Seiten. ;-)

  2. 2
    Holger says:

    Man kann für den armen Prozeßbevollmächtigten, der sicher nur seine Auftraggeberin beeindrucken wollte (wenn man schon einmal die Telekom an der Angel hat), nur hoffen, daß er eine Honorarvereinbarung geschlossen hat, ansonsten kann er für seine 330 Seiten auf der Basis eines Gegenstandswertes von 4.000,- Euro abrechnen (§ 37 Abs. 2 Satz 2 RVG; vgl. BVerfG, Beschluß vom 28.09.2010, 1 BvR 1179/08). Mir hat das BVerfG einmal für eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde großzügig einen Gegenstandswert von 8.000,- Euro zugebilligt. Im Hinblick auf die Arbeit, die dahinter steckt, steht das in keinem Verhältnis zu den fünf- bis sechsstelligen Streitwerten, die etwa in alltäglichen Abmahnfällen für angemessen erachtet werden.

    Der Umfang einer Verfassungsbeschwerde ist eine Gratwanderung. Zuwenig: unsubstantiiert. Zuviel: BVerfG genervt. Es sollten zwischen 40 und 70 Seiten sein, ähnlich wie beim großen BGB-Schein… :-) Mit weniger fällt man durch, mehr will aber niemand lesen.

  3. 3
    XY says:

    @Holger: Da die Prozeßbevollmächtigten ja auch noch eine Missbrauchsgebühr von 500 Euro zahlen müssen, wird es für sie wohl sowieso eher ein Verlustgeschäft gewesen sein…

  4. 4
    fernetpunker says:

    Sinnentleert erinnert mich an entleerte Blase.

  5. 5
    Marc Kessler says:

    Da hier ja die Rechtsgelehrten zusammentreffen: ;-)

    Ich habe mich beim Schreiben des Artikels gefragt, warum das BVerfG eine – im Verhältnis zum Unternehmen und zum Streitwert – lächerlich geringe Geldbuße von nur 500 Euro festgelegt hat.

    Geht rechtlich nicht mehr?

    Denn dieser nette Portokassen-Betrag dürfte ein Unternehmen dieser Größe wohl kaum von ähnlichen Wiederholungen abhalten…

  6. 6
    BV says:

    @ Marc Kessler:

    Die Maximale Missbrauchsgebühr beträgt 2.600,00 EUR (§ 34 Abs. 2 BVerfGG). Und da muss ja auch noch Luft nach oben bleiben.

  7. 7
    Jens says:

    Die Missbrauchsgebühr wurde nicht gegen die Telekom festgesetzt.

  8. 8
    Stefan says:

    Das Bundesverfassungsgericht ist ein Selbstgefälliger Haufen.
    Als ob die mir als Hartz4 Empfänger helfen könnten.

    Das Bundesverfassungsgericht ist für reiche und leute mit einer Lobby.

    >und dadurch anderen Rechtsuchenden den ihnen zukommenden Grundrechtsschutz nur verzögert gewähren kann.

    So ein Satz ist einfach menschenverachtender Hohn.

  9. 9
    wolframcgn says:

    @Stefan:

    Wenn *ein* deutsches Gericht eben NICHT selbstgefällig ist, dann doch wohl bitte das Bundesverfassungsgericht.

    Und es hat Dir schon geholfen: Die Vorratsdatenspeicherung kommt schon mal nicht in dem von Schwarz-Geld gewollten Rahmen ;-)

    „Menschenverachtend“ ist hier eher die aktuelle Regierung, die nach neuberechnung des ALG II Satzes auf 5€ gekommen ist – obwohl man damit auch am wenigsten hilft.

  10. 10
    pascal says:

    Stefan, eine Verfassungsbeschwerde kostet nichts, und wenn du sie nicht (wie die Telekom) offensichtlich nervst gibt es auch keine Rechnung. Natürlich ist es ohne Anwalt (oder vorher durch alle Instanzen gegangen zu sein) völlig Aussichtslos. Das erzählen sie sogar in der offiziellen Führung, wenn man mal in Karlsruhe ist und die Möglichkeit hat: nicht verpassen! Die werden von direkten Mitarbeitern der Richter gehalten, sehr interessant.

  11. 11
    maxen says:

    Wie Stefan, auch ich in Hartz IV steckend, habe kapituliert. Ich lese mich betreffende Gesetze in JobCenter-Formularen, verstehe sie jedoch nicht, geschweigedenn die Zusammenhänge, unterschreiben ‚muss‘ ich trotzdem, sonst verliere ich die Wohnung und hab’nichts zu essen.

    Wo viele Regeln(AGBs) und Gesetze sind oder Polizei ist, nehme ich nur noch reiß aus, die sind mir zu gefährlich.

    Und bloß nicht bewegen, es könnte teuer werden. Und wenn doch was schief geht, im konstruierten Komplexitätswahn, und Du kein Geld hast .. geh’ste halt in den Knast.

    Vom JobCenter zu Illegalitäten (dann Fahren sie halt schwarz) genötigt zu werden, ist Alltag. Das mich der Krankenkassen-Zusatzbeitrag (KKZB) unter das Existenz-Minimum drückt, das interessiert weder das JobCenter, noch die Deutsche BKK und vom Gesundheitsausschuss gibts nur Standard-Emails, dass mein Anliegen weitergeleitet wird.

    Andererseits lügt der Gesundheitsminister offen und uneingeschränkt im Fernsehn, das Mesnschen, denen der KKZ-Beitrag nicht leistbar ist, sie diesen erlassen oder ersetzt bekämen. Die Ablehnungen des JobCenters und der Krankenkassen Deutsche BKK liegen mir vor.

    Wie schrieb’schon Laotse:“Wenn ich wirklich weiß, was es heißt im großen SINN zu leben, so ist es vor allem die Geschäftigkeit, die ich fürchte.
    Wo die großen Straßen schön und eben sind, aber das Volk Seitenwege liebt; wo die Hofgesetze streng sind, aber die Felder voll Unkraut stehen; wo die Scheunen ganz leer sind, aber die Kleidung schmuck und prächtig ist; wo jeder ein scharfes Schwert im Gürtel trägt; wo man heikel ist im Essen und Trinken und Güter im Überfluss sind:
    da herrscht Verwirrung, nicht Regierung.

    Ich distanziere mich vom Handeln der Repräsentant’innen; und lehne jede Verantwortung für die Folgen ab. Die auf meinen Schultern lastenden Schulden aus den öffentlichen Haushalten, sind mir nicht tragbar. Ich wollte das Deutsch sein nicht mehr, und doch hat mich das LaBO – Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten unter Androhung von Geldbuße und weiteren Konsequenzen bei nicht-beachten gezwungen, einen Personal-Ausweis zu beziehen.

    Heute bin ich Dissident und verlasse nur deshalb das Land nicht, weil ich Angst habe, auf der Flucht erschossen zu werden.

  12. 12
    Robn Hood says:

    Das BVerfG kann ich nicht als rechtsstaatlich betrachten, daher Beschwerde beim EGMR anhängig.
    Warum!
    Steuerfahnder und Staatsanwalt haben vorsätzlich Amtsgericht und Landgericht in einer Steuerstrafsache angelogen. Nachdem diese nun erwischt worden waren, haben diese gleich Beweismittel verschwinden lassen um nicht noch mehr Ärger zu bekommen. Strafanzeige gemäß § 170 Abs.2 eingestellt – StA Verden/StA Hannover.

    Damit nun die Vorsteuer über mehrere Jahre noch während der Revisionszeit nicht gezogen werden konnte, eben um Zivilklage zu führen, folgte durch Rechtsbeugung der Entzug der Unternehmereigenschaft.
    Noch nicht genug, es wurde sogar eine schwere Steuerhinterziehung gedeckt, obwohl das Finanzamt die schriftliche Kenntisnahme der Anzeige bestätigte. Beschwerde bei den Parlamenten und beim Bundestag Fehlanzeige. Beschwerden beim Justizminister, Finanzminister und Generalbundesanwalt – auch Fehlanzeigen, nicht zuständig bzw. verfassungsrechtlich nicht berechtigt.

    Im Fortgang und Zusammenhang eine erneute Kiage beim Finanzgericht auf Lohnsteuerausgleich. Finanzgericht lehnt Zeugen aus Staatsdiensten und die an vorgenannten Amtshandlungen beteilgt waren ab. In Sachen Gerichtskosten § 21 GKG folgt Klage, natürlich beim AG und LG abgelehnt. LG versperrte den Weg zum OLG. Also Beschwerde beim BVerfG mit dem Resultat, abgelehnt gemäß §93b mit §92a BVerfGG.
    Endergebnis, das BVerfG gestattet den Länderbehörden
    zu entscheiden, wem Straffreiheit für Steuerhinterziehung, Rechtsbeugung gegen die AO sowie Uneidliche Flaschaussage und Beweismittelunterdrückung zum Nachteil des Gemeinwohls zugestanden werden kann.