Spannende Lektüre

Im Rahmen einer Akteneinsicht bin ich auf die Kopien eines Leitzordners gestoßen. Dieser Ordner stand in der Kanzlei eines Kollegen, der meinen Mandanten zivilrechtlich vertrat. Ich kenne den Kollegen zwar nicht persönlich, bin mir aber ganz sicher, daß er mit den dunklen Seiten des Lebens soviel zu tun hat, wie ein Seepferdchen mit der Galopprennbahn Hoppegarten. Ein ganz friedlicher Zivilrechtler also.

Die Staatsanwaltschaft hatte die Durchsuchung der Kanzleiräume durchgesetzt, weil gegen seinen (ehemaligen) Mandanten wegen eines Kapitalverbrechens ermittelt wurde. Der dabei anwesende Oberstaatsanwalt hat sich diesen Ordner unter den Arm geklemmt und einen richterlichen Beschluß hinsichtlich der Beschlagnahme der Unterlagen erwirkt. Der Ordner wurde dem Rechtsanwalt kurz danach zurück gegeben.

Die Kopien des Ordners aber verblieben in der Ermittlungsakte, die wegen des mutmaßlichen Verbrechens angelegt wurde. Die Ermittlungsakte wurde mir als Verteidiger zur Einsicht überlassen.

Bei den Kopien handelte es sich nicht um die Mandantendaten des Kollegen. Sondern seine eigene Buchhaltung, Bilanzen und betriebswirtschaftliche Auswertungen. Ich weiß nun, daß der Kollege in des ersten 8 Monaten des betreffenden Jahrs 12.256,32 Euro für sein KFZ ausgegeben hat, welche Konten er bei welchen Banken unterhält, über welche Provider er mit welchen Rufnummern funktelefoniert und was man sonst noch so alles seinem Steuerberater anvertraut. Interessant zu wissen ist es auch, daß es dem Kollegen wirtschaftlich gar nicht so gut, geht wie er nach außen vorgibt.

Mann, Mann, Mann; das sind Ermittlungs-Methoden. Ich schätze, es gibt ein weiteres Kapitalverbrechen, sobald der Kollege den Oberstaatsanwalt in die Finger bekommt … wenn ich ihm eine Kopie dieses Beitrags schicke.

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

10 Antworten auf Spannende Lektüre

  1. 1
    Anonymer Zyniker says:

    Wenn ich im Monat 1500€ fürs Auto ausgeben würde, ginge es mir auch nicht mehr finanziell so gut, wie es meine Karre suggerieren soll.

  2. 2
    RA JM says:

    … „ein weiteres Kapitalverbrechen“ – und schon ist das nächste Mandat gesichert, ;-)

  3. 3
    Kampfschmuser says:

    Ist das nun jetzt indirekt Beihilfe, wenn es den OStA erwischt?

  4. 4
    b.b. says:

    @Kampfschmuser:
    Indirekte Beihilfe? Eher Anstiftung ;)

  5. 5
    wstell says:

    @b.b.
    Wenn der nur aus Versehen über diesen Beitrag gestolpert wird, dann ist der doch sofort omnimodo facturus!

  6. 6
    TG says:

    @wstell…wenn er darüber stolpert und *danach* omnimodo facturus ist, hilft das auch nicht mehr.

  7. 7
    der echte n.n. says:

    @ kampfschmuser
    @b.b.

    warum nicht gleich mittelbare täterschaft? ;-)

  8. 8
    der echte n.n. says:

    aber die geschichte ist wirklich böse.
    zumal der RA für berliner kollegen auch recht einfach identifizierbar sein dürfte. oder gibt es in der hauptstadt so viele rechtsanwälte, deren ehemalige bürogemeinschafter bzw sozien sich inzwischen wegen kapitaldelikten verantworten müssen? :-)

      Nope. Die Geschichte spielte nicht in Berlin. crh
  9. 9
    www.diewaldseite.de says:

    Hauptsache man erwähnt noch, dass es ihm wirt. nicht gut geht, wissend, dass man ihm dem Beitrag noch zusendet.

    Unhöflicher geht es wohl kaum, aber das Blog ist wohl wichtiger.

  10. 10

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