Strafbefehlsverfahren am Beispiel Boateng

Im Tagesspiegel berichtet Kerstin Gehrke über das anstehende Verfahren gegen Kevin-Prince Boateng und Patrick Ebert.

Beiden Fußballern wird vorgeworfen, sich am frühen Morgen des 18. März 2009 nach einer Geburtstagsfeier auf ihr nächstes Spiel vorbereitet zu haben. Zeugen berichteten, daß die beiden aber keinen Ball zu Hand hatten, und statt dessen den einen oder anderen Autospiegel zum Trainingsobjekt unfunktioniert haben sollen. Keine schlaue Idee, wenn das denn so alles richtig sein sollte.

Aber offenbar gab es für die Ermittler nicht viel Spielraum bei der Sachverhaltsaufklärung. Deswegen hatte die Staatsanwaltschaft beim Gericht den Erlaß jeweils eines Strafbefehls beantragt. Das Amtsgericht hat diesen Anträgen entsprochen und Geldstrafen verhängt.

Strafbefehle sind von ihrer Natur her Urteile, denen allerdings keine mündliche Verhandlung vorangeht. Die Beschuldigten erhalten im Ermittlungsverfahren Gelegenheit zu Stellungnahme und das war’s dann erstmal.

Da unser System aber keinem Beschuldigten verwehren will, von einem Richter angehört zu werden, gibt es die Möglichkeit eines Einspruchs gegen den Strafbefehl. Dann wird das Gericht einen Termin zur Hauptverhandlung anberaumen und über den Tatvorwurf verhandeln.

Genau dieser Termin machte Frau Gehrke nun Kopfschmerzen. Er soll am 14. Juni stattfinden; aber Herr Baoteng hat wohl tags zuvor ganz weit weg von Moabit irgendwas anderes zu tun.

Wenn sich das Gericht nicht davon abhalten läßt, an dem Tag (an dem ich mein neues Fahrrad bekommen soll. :-)) verhandeln zu wollen, dann kann folgendes passieren.

Boateng zieht das Ballspielen im sonnigen Süden vor und erscheint nicht vor Gericht: Der Richter verwirft den Einspruch. Dann kann Boateng die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen, mit der Begründung, er habe entschuldigt gefehlt. Schließlich mußte er ja mit einem Ball spielen. Sitzen beim Landgericht dann Freunde von einem gewissen Herrn Ballack (Hallo, Herr Kaussow!), wird dem Wiedereinsetzungsgesuch selbstverständlich nicht statt gegeben.

Also besser gleich auch die Revision zum Kammergericht. Denn dort sitzen dann nämlich ganz kluge Köpfe und die verweisen die Sache dann zur Verhandlung zurück an das Amtsgericht und es wird ein neuer Versuch gestartet. Hoffentlich nicht während der Europameisterschaft.

Es geht aber auch viel einfacher: Herr Boateng bevollmächtigt seinen Verteidiger, ihn (nicht in Südafrika, sondern) in Moabit zu vertreten. Der Verteidiger geht ohne den Fußballer zum Richter und gut ist’s.

Genau so wird es sicherlich auch ablaufen. Und das aus folgendem Grund. Der Strafbefehl wirft eine Geldstrafe von 56.000 Euro aus. Der Verteidiger muß also eine Reduzierung um etwa 5% erreichen, damit sich die Kosten amortisieren, die Boateng investiert. Und das sollte ein geschickter Verteidiger schon hinbekommen.

Also: Alles überhaupt kein Problem, Ghana wird Weltmeister.

Übrigens, liebe Frau Gehrke: Hier gibt es weitere Informationen zum Gang des Strafverfahrens. Oder hier. Für den nächsten Gerichtsreport. ;-)

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3 Antworten auf Strafbefehlsverfahren am Beispiel Boateng

  1. 1

    Diese Terminierung..das schreit ja nach einen Befangenheitsantrag. ;-)

  2. 2
    Jo says:

    Wurde schon Landesverrat für den RA geprüft, der Herrn B vertritt, so dass dieser spielen kann? ;-)

  3. 3
    Sebastian says:

    „Ballspielen im sonnigen Süden“ Am 14.Juni ist tiefster Winter in Südafrika…