Es war vorauszusehen. Irgendwann trifft die neue Kronzeugenregelung auch in unserer Kanzlei ein.
Dem Mandanten wird eine Tat zur Last gelegt, die mit einer Freiheitsstrafe bedroht ist, die schon im Mindestmaß nicht mehr bewährungsfähig ist. Vor dem Verteidigungsziel, der minder schwere Fall, bei dem es knapp noch reichen könnte für die Zwei-Jahres-Grenze (§ 56 Abs. 2 StGB), liegt ein steiniger Weg. Der Mandant ist Realist und richtet sich bereits auf einen längeren Aufenthalt in Tegel ein. Eine schwere räuberische Erpressung mit einer Schußwaffe ist eben kein Kindergeburtstag.
Es gehört hier mittlerweile zum Standard-Programm, den frisch verhafteten Mandanten über die neue Kronzeugenregelung zu informieren. Dazu gehört zunächst, ihn vor der Gefahr „vertraulicher“ Gespräche mit Mitgefangenen zu warnen. Der neue § 46 b StGB belohnt nämlich den Verräter. Dringt aus solchen Knastgesprächen etwas nach außen, z.B. auf den Tisch eines Staatsanwalts, hilft das der Verteidigung sicherlich nicht weiter.
Andererseits habe ich dem Mandanten nicht verheimlicht, daß auch er einen Rabatt bei der Strafzumessung bekommt, wenn er
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung aufgedeckt werden
kann.
Bei dieser Belehrung sah ich ein Blitzen in den Augen des Mandanten. Durch seine Integration in den Randschichten unserer ehrenwerten Gesellschaft verfügt er selbstredend über Insiderkenntnisse, an denen die Strafverfolgungsbehörden größtes Interesse haben dürften.
Der Untersuchungshäftling steht nun vor der schwierigen Entscheidung: Fünf Jahre plus X in Tegel oder die Aussicht auf eine Bewährungsstrafe, zumindest aber eine Verbüßung im offenen Vollzug. Der Preis ist der Verrat. Soweit das Problem des Mandanten.
Aber auch der Verteidiger muß sich Gedanken darüber machen, ob er diesen Weg mit dem Mandanten gehen will. Um das Problem zu verdeutlichen: Erwartet man von einer Nebenklägerin-Vertreterin, die sich auf die Vertretung von Geschädigten in Sexualstrafsachen spezialisiert hat, die Übernahme der Verteidigung eines Vergewaltigers? Keine einfache Entscheidung, wenn es um einen Grundsatz geht.
Ich habe zwei Grundsätze: ich mache keine „Deals“ und ich verteidige nicht unter Inanspruchnahme der Kronzeugenvorschriften. Beide Regelungen halte ich mit einem rechtsstaatlichen Verfahren für nicht vereinbar.
Da Straftaten nach § 100a Abs. 2 StPO oftmals nicht von leicht zu ermittelnden Einzeltätern begangen werden, sondern häufig mindestens im Randbereich der organisierten Kriminalität anzusiedeln sind, haben viele Mandanten ohnehin keinen Bock, das Risiko eines Verrats einzugehen. Ich kenne nicht wenige, die lieber drei Jahre extra absitzen, als der Justiz einen kapitalen Bock aus diesem Umfeld ans Messer zu liefern. Und ich selbst möchte aus Selbstschutzgründen auch nicht als treibende Kraft hinter einem solchen „Verrat“ angesehen werden.
Wenn der Justiz die Aufklärung solcher Straftaten so wichtig ist, können sie meinem Mandanten und mir statt eines überschaubaren Strafabschlags und noch überschaubareren Pflichtverteidigergebühren eine neue Identität, eine auskömmliche Rente und ein Häuschen auf den niederländischen Antillen spendieren. Anderenfalls können sie sich mit ihren Kronzeugenregelungen das Büro tapezieren… :-)
Die Argumentation von 01 „Tom Paris“ ist ein wenig inkonsistent: Geht es Ihnen nun um den Rechtsstaat (1. Satz) oder haben Sie einfach die Hosen voll (Rest Ihrer Begründung)?
> Um das Problem zu verdeutlichen: […]
Hier bin ich mangels Verständnis ausgestiegen, könnte mir jemand die Verdeutlichung verdeutlichen?
@Johannes
Grundsätzlich halte ich die Regelungen aus rechtsstaatlichen Gründen für bedenklich und in bestimmen Konstellationen für die am „Verrat“ Beteiligten auch für gefährlich.
Ich verstehe nicht so ganz das Problem. Als Rechtsanwalt vertritt man die Interessen eines Mandanten. Wenn der Mandant andere Straftäter „verraten“ will – d.h. dem staatlichen Strafanspruch zuführen will – dann hat der Rechtsanwalt das zu akzeptieren und umzusetzen. RAe die grundsätzliche keine Deals machen wollen oder Kronzeugenregelungen in Anspruch nehmen wollen halte ich als Strafverteidiger für wenig geeignet, da sie ihre Verteidigung nicht am Interesse des Mandanten ausrichten. Wer das nicht kann, der soll die Verteidigung lieber ganz sein lassen und jemandem anders überlassen.
Das kann man m.E. auch nicht mit mangelnder Rechtsstaatlichkeit erklären. Kronzeugenregelung und Deal sind gesetzlich anerkannt. Anders als die Konfliktverteidigung – hiermit ist das völlige Torpedieren und Sabotieren des Verfahrens durch Beweis- / Befangenheitsanträge etc. gemeint – handelt es sich auch nicht um eine systemschädigende Vorgehensweisen, die sich aus ethischen Gründen verbieten.
Im Übriegn gibt es sicher auch RAe die mutmaßliche Vergewaltiger wie auch mutmaßliche Vergewaltigungsopfer vertreten. Der RA vertritt ja die Interessen seines Mandanten und keine politische Agenda. Insofern sollte es sich für einen StV auch verbieten, sich mit den kriminellen Randschichten der Gesellschaft zu solidarisieren.
@ Tom Paris:
Sie sind nicht der Einzige, der diese Haltung einnimmt. Ich entscheide nicht so kategorisch, sondern mache es vom Einzelfall abhängig, eben weil ich mich zuvörderst als Interessenvertreter meines Mandanten verstehen und erst danach mir Gedanken über die Rechtspolitik mache.
Daß ich der Kronzeugenregelung höchst kritisch gegenüberstehe und warum, habe ich hier schon einmal erläutert.
Die Weigerung des Verteidigers, bei § 46 b StGB oder § 31 BtMG mitzumachen, führt zur Mandatsbeendigung. Und das kann für den Mandanten eben auch nachteilig sein.
Es eine ganz schwierige Suppe, die uns der Gesetzgeber da eingebrockt hat.
Und den Verrätern auch: Ich stecke gerade in einer Umfangstrafsache, in der zwei Mitangeklagte durch so einen „Aufklärungshelfer“ – das ist der dritte Angeklagte – ganz massiv belastet werden. Dieser Dritte hat es wahrlich nicht leicht – sieht er sich nicht nur dem Staatsanwalt (für seine Tatbeiträge) gegenübersitzend, sondern auch noch vier Strafverteidigern, die ihm unterstellen, daß er ein einziges Motiv hat: Nämlich seinen Arsch zu retten und dafür über Leichen zu gehen. Der Kerl bereut schon am ersten Tag seiner Vernehmung den Weg, den er da eingeschlagen hat. Es folgen weitere … bis zum Jahresende.
@ Ref.iur.:
Das ist erkennbar. Aber da sind Sie in bester Gesellschaft.
Das wird sich übrigens legen, wenn Sie sich ein paar Mal über solche Fragen als Verteidiger in der Untersuchungshaftanstalt mit Ihren Mandanten darüber unterhalten haben. Mit Lehrbuchweisheiten kommt man da soweit wie von der Wand bis zur Tapete.
@Ref.iur.
Es steht Ihnen selbstverständlich frei, nach bestandenem zweiten Staatsexamen und erfolgreicher Mandantenakquise – falls Sie als Strafverteidiger tätig werden möchten – unter Inanspruchnahme der Kronzeugenregelung zu verteidigen. Falls Sie kein Strafverteidiger werden wollen, verbietet sich aus meiner Sicht eine Belehrung darüber, was man als Strafverteidiger zu tun hat. Falls Sie als Strafverteidiger tätig sein wollen, werden Sie bald bemerken, daß auch die beste Honorierung gewisse Tätigkeiten nicht rechtfertigt, eine schlechte Bezahlung schon mal gar nicht.
Als freier Advokat erlaube ich mir, bestimmte Fälle nicht zu übernehmen – und zwar nicht nur solche, die mit potentiellen Gefahren für meinen Mandanten oder mich verbunden sind, sondern jeden Fall, der mir nicht in den Kram paßt. Sei es die Nase des Mandanten, die Art des Tatvorwurfs, der Vorsitzende Richter oder meine augenblickliche „Kein Bock“-Stimmung. Weshalb dies dazu führen soll, daß ich den Job überhaupt nicht mehr ausüben sollte, erschließt sich mir nicht.
@Tom Paris:
Das heißt Menschen die eine Nase haben die den meisten nicht passt, sollten nicht verteidigt werden?
Ich seh den Rechtsstaat viel eher bedroht, wenn Anwälte anfangen bestimmte Täter nicht mehr verteidigen zu wollen
@ Lexus:
Wenn Sie eine solche Nase hätten und man mich gegen meinen Willen dazu verpflichtete, Sie dann auch noch zu verteidigen: Was glauben Sie, kommt dabei heraus?!
Selbstverständlich muß ein Verteidiger sich seine Mandanten aussuchen können. In einigen Fällen muß der Verteidiger die Übernahme eines Mandates ablehnen (oder es aufgeben), wenn er merkt, daß er bei der Verteidigung kein Vollgas mehr geben kann.
Ich stelle nicht in Frage, dass es sicher sinnvoll, wenn nicht sogar geboten ist, bei bestimmten Verhaltensweisen oder Wünschen eines Mandanten ein Mandat niederzulegen. Meine persönliche Auffassung ist aber – wobei ich hier natürlich niemanden belehren will – dass das bei dem Wunsch eines Deals oder dem Ausschöpfen einer Kronzeugenregelung nicht geboten ist. Von einem RA würde ich erwarten, dass er mir VOR Übernahme eines strafrechtlichen Mandats sagen würde, dass er zum „dealen“ und/oder „verraten“ nicht bereit ist, da es mir wichtig wäre einen RA zu haben, der mich nach umfassender Beratung so verteidigt, wie ich es wünsche.
Eine Verteidigung, die sich an den Wünschen des Mandanten ausrichtet, geht oftmals in die Hose. Eine Verteidigung sollte vor allem realistische Ziele verfolgen und dies dem Mandanten auch vermitteln können. Auch nach eingehender Beratung vermag ein Großteil der Mandantschaft – und das gilt auch für die verhältnismäßig wenigen Akademiker unter den Beschuldigten – keine realistischen Wünsche im Hinblick auf das Ziel der Verteidigung zu benennen.
Mandanten müssen geführt werden. Und wer damit ein Problem hat, soll sich einen anderen Verteidiger suchen. Ich bin kein Mietmaul und mache mich vor Gericht auch nicht lächerlich. Wer professionellen Rat sucht, muß auch damit leben können, daß die Antwort nicht wunschgemäß ausfällt. Ich gehe ja auch nicht mit einem Totalschaden zur Autowerkstatt und beschwere mich, daß die Reparatur mehr als 200,- Euro kosten soll. Fachleute können nicht zaubern, sondern dem Kunden nur sagen, was geht und was nicht geht.
@ Johann
Mag sein. Der RA ist aus seinem Dienstvertrag auch verpflichtet, den Mandanten eindringlich darauf hinzuweisen, dass seine Wünsche nicht sinnvoll sind. Beharrt der Mandant weiter auf seinen Vorstellungen, dann muss der RA halt das Mandat niederlegen. Ein RA, der ein strafrechtliches Mandat übernimmt, sollte aber bitteschön vorher darauf hinweisen, wenn er zum „Deal“ / „Verrat“ grundsätzlich nicht bereit ist. Es handelt sich um legitime Verteidigungsstrategien, die grundsätzlich zu erwägen sind.
Genauso wie ich von einem Zivilrechtler, den ich mit der Prüfung von Schadensersatzansprüchen beauftragt habe, ggf. erwarten kann, dass er auch bereit zur Klageerhebung ist, würde ich von einem StV bei Mandatsübernahme erwarten, dass er auch zum „Deal“ / „Verrat“ bereit ist.
@Ref. iur.
Das Mandat ist in der Regel ja schon erteilt, bevor der Anwalt aufgrund der weiteren Entwicklung entscheiden kann, was sinnvoll und erfolgversprechend ist. Ich bin nicht bereit zur Klageerhebung, wenn die Forderung zweifelsfrei unbegründet ist; ich bin auch nicht bereit zum „Deal“ oder zur Inanspruchnahme der Kronzeugenregelung, wenn ich der Überzeugung bin, daß diese Instrumente hauptsächlich der Justiz und nicht dem Mandanten nützen. Bei beiden Instrumenten ist nicht meß- und kalkulierbar, welche „Abschläge“ dem Mandanten gewährt werden. Ich habe häufig den Eindruck, daß die angeblich gemilderte Strafe ohnehin dem entspricht, was am Ende einer normalen Beweisaufnahme herausgekommen wäre.
Der „Deal“ und die Kronzeugenregelung wurden eingeführt, um der Justiz zu dienen, nicht dem Angeklagten. Schon das sollte skeptisch machen. Der Umstand, daß diese Instrumente „gesetzlich anerkannt“ sind, wie Sie ausführen, besagt nichts über deren Rechtmäßigkeit, wie das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof für Menschenrecht die Bundesregierung und die Instanzgerichte immer wieder belehren müssen.
Hmm. Ich bin, wenn ein Mandant mich mit der Prüfung von SchE-Ansprüchen beauftragt nicht zwingend willig, auch ein Klageverfahren zu führen. Und ob ich willig bin, ein solches Verfahren zu führen, weiß ich bei Annahme der Sache auch noch nicht. Ich (und ich weiß, dass ich damit nicht alleine bin) habe mich auch schon geweigert, ein solches Verfahren zu führen. Es geht sogar noch weiter: es sind durchaus Konstellationen denkbar, dass ich mich gegenüber dem Mandanten Schadensersatzpflichtig mache, wenn ich ein gerichtliches Verfahren für ihn führe – das ist kein Phantasiegespinst, es gibt Rechtsprechung des BGH zu solchen Konstellationen.
MfkG
„Man liebt den Verrat, doch den Verräter liebt man nicht.“
Die Position von Tom Paris hört sich an wie ein „Strafverteidiger light“.
Der Mandanten hat im Verfahren von vor hinein nicht alle Möglichkeiten. Für die Moral des Verteidigers geht der Mandant statt zarter 2 Jahre nun satte 5 Jahre in den Bau.
@ Johann
@ Dominik Boeker
Natürlich sollte man keine offensichtlich sinnlosen Klagen erheben. Man will sich bei Gericht ja auch nicht lächerlich machen. Aber man sollte im o.g. Fall bei Mandatsübernahme zumindest die grundsätzliche Bereitschaft, für den Mandanten Klage zu erheben, mitbringen. Anderenfalls wäre wohl ein entsprechender Hinweis bei Mandatsübernahme wünschenswert.
Zum Thema zivilrechtliche Haftung: Auch ein StV kann sich zivilrechtlich haftbar machen, wenn er den Mandanten nicht über Deal / Verrat informiert oder – entgegen jeder Vernunft – zu einem konfrontativen Verfahren drängt (vgl. zur generellen Haftung, Kuhn, NJW 2006, 279).
[…] Verteidiger als Gehilfe des Kronzeuge Konstantin Stern weitererzählen/speichern […]
Also die zivilrechtliche Haftung des Verteidigers wegen unterlassener Hinweise auf Deal oder Kronzeugenregelung wäre mir neu. Wie will denn der Ex-Mandant damit durchdringen? „Wenn mein Anwalt darauf hingewiesen hätte, hätte ich diesen und jeden verpetzt und 1 Jahr weniger bekommen!“? Das muß man ja alles nur mit Nichtwissen bestreiten. Wohl nachträglich kaum rekonstruierbar, schon im Hinblick auf das richterliche Beratungsgeheimnis.
Der Vorschlag zum „Deal“ geht im übrigen regelmäßig vom Gericht aus und ist ebenso wie die Kronzeugenregelung unter entsprechend „geeigneten“ Angeklagten sowieso Allgemeingut. Ferner haben die wenigsten Mandanten etwas anzubieten, das einen meßbaren Strafabschlag rechtfertigt. Letztlich beurteilt das Gericht, ob und inwieweit das Entgegenkommen des Mandanten hilfreich war. Wenn er Pech hat, hat er die Hosen heruntergelassen und die Justiz antwortet: „nützt uns nichts, tschüß, volle Packung!“. Und was ist von so lächerlichen gerichtlichen Vorschlägen zu halten wie: „5 Jahre mit Geständnis, 10 Jahre ohne“. Da sage ich doch als erfahrener Verteidiger: „Bitte sehr, wir ziehen’s durch!“ – und lande am Ende ebenfalls bei 5 Jahren, manchmal sogar darunter. Deals sind im wesentlichen Arbeitssparprogramme für die Justiz und keine Bonbons für die Angeklagten.
Was die Bereitschaft zur Klageeinreichung angeht: Wieso sollte ich meinen Mandanten bei Mandatsübernahme erklären, daß ich eine zweifellos unbegründete Klage nicht einreichen werde? Das ist doch eine Selbstverständlichkeit, alles andere eher haftungsträchtig. Wir sind doch nicht bei „Boston Legal“, wo bar jeder erkennbaren Anspruchsgrundlage völlig absurde Forderungen eingeklagt werden.
@ Tom Paris
1. Bei der zivilrechtlichen Haftung kommt es nach OLG Nürnberg StV 1997, 481 darauf an, zu welchem anderen Rechtsfolgenausspruch das Gericht bei Ausübung pflichtgemäßen Ermessens gekommen wäre. Bei Unaufklärbarkeit kommt es zur Beweislastumkehr zu Lasten des StV (so OLG Nürnberg, a.A. sicher vertretbar). Überredet der StV den Mandanten keinen Deal anzunehmen / Verrat zu begehen, dann begründet dass wohl den Anscheinsverdacht, dass der Mandant bei anderslautendem Rat anders entschieden hätte.
2. Ein RA sollte dem Mandanten vorab sagen, wenn er unabhängig vom Ausgang der rechtlichen Prüfung angeblicher Forderungen nicht zur gerichtlichen Vertretung bereit ist (wird wohl selten vorkommen, habe ich aber schon erlebt). Genauso sollte ein RA m.E. einem Mandanten vorab sagen, wenn er unter keinen Umständen zum dealen / verraten bereit ist. Ich würde mir in so einem Fall nämlich gleich einen anderen RA suchen und damit Zeit und Geld sparen.
3. Ihnen mag der Deal / Verrat vielleicht wenig sinnvoll erscheinen. Ich habe aber schon mehrfach von Richtern und Staatsanwälten Fälle erzählt bekommen, in denen es dem Angeklagten deutlich besser bekommen wäre, wenn er gestanden hätte. Insbesondere der Verrat von Leuten aus der Szene kann auf einen ernsthaften Ausstiegswillen hindeuten, der beim Strafmaß zu berücksichtigen ist. Ich habe in meiner Strafstation mal eine BtM-Akte bearbeitet, die aus diesen Erwägungen zum Strafrichter und nicht zum Schöffengericht gewandert ist. Spätestens wenn es um Mindesstrafrahmen geht, die nicht mehr bewährungsfähig sind, kann nur noch der Verrat weiterhelfen.
@ Ref.iur.
Prima. Wir zwei sind uns einig.
@ crh
„Prima. Wir zwei sind uns einig.“
Endlich Einigkeit. Das wurde mir hier auch langsam schon ein wenig zu konfrontativ… ;-)
Welche Purzelbäume schlägt eigentlich das Gewissen des RA, wenn der eben belehrte Mandant jemanden verraten will, der zufällig auch ein Mandant des RA ist?
Ich kaufe ein „i“ für die Überschrift.
Danke. crh
Alle statements kann ich gut nachvollziehen, auch wenn einige nicht überzeugen.
Nur bei
@Tom Paris
verstehe ich nicht, warum er grundsätzlich keine deals macht. Es gibt doch viel zu viele Konstellationen, bei denen sich ein deal aufdrängt – vor allem dann, wenn schon nach Aktenlage mit einer Verurteilung zu rechnen ist, es also um eine Strafmaßverteidigung geht. Wenn mir z.B. ein Kammervorsitzender sagt, er sei zu einem Zugeständnis bereit, wenn ihm durch ein Geständnis 30 Verhandlungstage erspart bleiben, dann wäre ich doch mit dem Hammer behauen, wenn ich so etwas aus grundsätzlichen Erwägungen ablehne … ?!?
@rawil
Das Problem ist aus meiner Sicht, daß sich oftmals nicht nachvollziehen läßt, daß der angebliche „Rabatt“, der für ein Geständnis gewährt wird, wirklich ein Abschlag von der ohnehin zu erwartenden Strafe darstellt. Ich habe oftmals den Eindruck, daß Richter die Strafe, die sie sich ohnehin vorgestellt haben, als Entgegenkommen verkaufen wollen und als Gegenpol eine völlig übertriebene Strafe für den Fall einer streitigen Verhandlung in Aussicht stellen.
Wenn mir ein Richter sagt, für ein Geständnis gebe es bei ihm 40% „Rabatt“, stellt sich für mich die Frage: 40% von was?
Außerdem habe ich viele Verfahren erlebt, in denen sich das Gericht am Ende nicht an die Zusage gehalten hat, nachdem der Mandant die Hosen heruntergelassen hatte. Die unschönen Geschehnisse in der Revision aufzuarbeiten und ordnungsgemäß zu rügen, ist mehr als mühsam. Im Zweifel glaubt das Revisionsgericht der dienstlichen Erklärung der Richter.
Sicher gibt es Richter, die man kennt und schätzt, bei denen man das „Risiko“ einer Verständigung oder einer Kronzeugenregelung eingehen kann. Bei mir unbekannten Richtern oder „Wackelkandidaten“, kann ich das im Hinblick auf die dem Gericht offen stehenden „Notausgänge“ der §§ 46b Abs. 2 StGB, 257c Abs. 4 StPO nicht verantworten, zumal die Milderungsmöglichkeit nach § 46b StGB nur eine „Kann-Bestimmung“ ist.
Man gibt dem Gericht alles und bekommt vielleicht nichts. Da muß man schon sehr viel Vertrauen in den Vorsitzenden haben.
[…] das Motiv des Verdächtigen sich selbst zu stellen, bin ich gespannt. Auf den Verräter-Lohn, den der Gesetzgeber verspricht, scheint er es nicht abgesehen zu haben: Der Festgenommene habe bei […]
[…] ein furchtbares fruchtbares Zusammenwirken von Straftätern und Strafverfolgern. Darüber hatte ich bereits berichtet, weil die Vorschriften eben auch tief ins Verhältnis zwischen Mandant und seinem Verteidiger […]