Warnung

Ein freundlicher Staatsanwalt aus dem Westfälischen schickt mir in einer Umfangstrafsache eine CD mit den eingescannten Ermittlungsakten. Soweit, so fortschrittlich.

Neben ein paar notwendigen Erläuterungen und Zusicherungen warnt mich dieser Staatsanwalt dann auch gleich noch vorsorglich:

Beachten Sie bitte, dass die Ermittlungsakten vertrauliche Daten enthalten, deren Weitergabe nur nach den Vorschriften der §§ 147, 406e StPO zulässig ist. Jede unberechtigte Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe ist untersagt und wird strafrechtlich verfolgt. Bitte weisen Sie auch Ihre Mandanten darauf hin.

Nun frage ich mich, ob das nur eine schlichte Gedankenlosigkeit war oder eine Überforderung des Staatsanwalts vorliegt. Geht so ein Staatsanwalt wirklich davon aus, daß ein Strafverteidiger, der seit fast anderhalb Jahrzehnten regelmäßig Ermittlungsakten zur Einsichtnahme bekommt, diese grundlegenden Spielregeln nicht beherrscht bzw. beachtet?

Vielleicht fällt mir noch rechtzeitig eine passende Bemerkung dazu ein, wenn ich die CD an den Staatsanwalt zurücksende.

Any suggestions?

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

16 Antworten auf Warnung

  1. 1
    Tilman says:

    Sollte er vielleicht den Textbaustein nur anknipsen, wenn auf dem Briefkopf des RA steht „Fachanwalt für Mietrecht“?

  2. 2
    Brandau says:

    Ich denke das Motto war eher „lieber eine Belehrung zuviel als eine zu wenig“, vielleicht macht er das ja bei jeder Versendung, wäre eine einfachere Dienstanweisung als die Anweisung die Belehrung dann nicht zu versenden, wenn der Strafverteidiger erfahren ist

  3. 3
    RA Rieck says:

    Im Gegenzug kleine Erinnerung an § 160 Abs. 2 StPO?

  4. 4
    Joerg says:

    Ich tippe auch eher auf „Textbaustein“, der ohne Unterschied verwendet wird und weniger an eine Geringschätzung des Staatsanwaltes gegenüber CRH. Auf der anderen Seite kann ei neBelehrung auch nicht schaden, bei dem, was man manchmal mit dem einen oder anderen Berufskollegen schon erlebt hat.

  5. 5
    Ernst says:

    D’accord: Ich kann den StA wie den Textbaustein verstehen und käme mir nicht so leicht auf den Schlips getreten vor. Zumal im Hinblick auf den letzten Satz. Digitale Daten sind nun einmal bei weitem leichter zu kopieren als Papier-Akten — ein Knopfdruck, und die ganze Welt sieht sie (so sie will). Das ist bei den roten Ungetümen doch umständlicher, die zumal in „Umfangstrafsachen“ gern mal vom Kopierer Rutschen.
    Und: Die Papierkopie im Schrank wird nicht mal eben wie ein Ordner auf der Festplatte mitkopiert, oder mit dieser entsorgt, ohne physische Löschung.
    Das kann man dem Mandanten doch mal mit auf den Weg geben, oder?

  6. 6
    Kampfschmuser says:

    If Post=CRH then Textbaustein_off ?

  7. 7
    Pandur2000 says:

    Ich würde drauf schreiben: „NUR ZUR INTERNEN VERWENDUNG“ – und ein Smiley dahinter. ;)

  8. 8
    Caminho says:

    Mal ehrlich: Wo ist das Problem?

  9. 9
    Jens says:

    Vielleicht kennt der StA diesen (dieses?) Blog und möchte nicht irgendwann ein PDF aus der Akte hier veröffentlicht sehen (auch wenn’s anonymisiert wurde).

  10. 10
    Lurker says:

    *erm*
    Es sei die Frage erlaubt, ob es sich bei der Mitteilung nicht schlicht um Bullshit handelt…

    Die Formulierung passt nicht auf § 203 StGB, eine Strafvereitelung liegt lange nicht in allen Fällen vor und das Urheberrecht scheint mir auf Ermittlungsakten auch nicht wirklich zu passen – welche Norm meint also der StA?

  11. 11
    knilch says:

    @ Caminho
    Ich stimme wohl zu.

    Stört den Verteidiger hier vielleicht der erhöhte Tinten- Tonerverbrauch in dem Bundesland?
    Auch bei Wohlwollen vermag ich hier keine Schäbigkeit erkennen. Man reiche mir eine Leuchte.

  12. 12
    Ernst says:

    @Lurker (Nr. 10): Vgl. § 353d Nr. 3 StGB.

  13. 13
    Lurker says:

    @ernst:

    Die Ermittlungsakte ist nicht die Anklageschrift, und Vervielfältigungen sind keine öffentlichen Mitteilungen.

  14. 14
    Dreizwei says:

    Kaum zu glauben, dass diese Dreistigkeit des Staatsanwalts noch nicht in Nebgen/Siebers Blogs weiterverwurtest wurde. Wahrscheinlich waren sogar die so empört dass ihnen ne Ader geplatzt ist.

  15. 15
    egal says:

    Er kennt sie halt ;)

  16. 16
    Ernst says:

    @Lurker:

    Stimmt.
    a) Die „unberechtigte Vervielfältigung“ müsste folglich aus dem Textbaustein gestrichen werden, und die „öffentliche Wiedergabe“ sprachlich angepasst.
    b) Strafbar nach dieser Vorschrift ist aber auch die öffentliche Mitteilung „anderer amtlicher Schriftstücke eines Strafverfahrens“. Hierzu zählen viele Aktenbestandteile wie „polizeiliche, staatsanwaltliche oder richterliche Vernehmungsprotokolle, Anträge der Staatsanwaltschaft, Haftbefehle [RG 35 275], gerichtliche Beschlüsse [RG 44 279]“, vgl Schönke/Schröder Rdnr. 12.