Der Mandant hatte ein paar Vorstrafen.
1.
19.08.1998 AMTSGERICHT
Rechtskräftig seit 12.09.1998
Tatbezeichnung: Gemeinschaftlicher Diebstahl im besonders schweren Fall
Datum der (letzten) Tat: 09.05.1998
Angewendete Vorschriften: STGB § 242, § 243 ABS. 1 NR. 1, § 25 ABS. 2
150 Tagessätze zu je 15 DM Geldstrafe2.
11.02.2002 AMTSGERICHT
Rechtskräftig seit 19.02.2002
Tatbezeichnung: Fahrlässiger Vollrausch
Datum der (letzten) Tat: 28.12.1999
Angewendete Vorschriften: STGB § 323 A, § 20
9 Monat(e) Freiheitsstrafe
Bewährungszeit 2 Jahr(e)
Bewährungszeit verlängert bis 18.02.2005
Strafe erlassen mit Wirkung vom 29.03.20053.
24.06.2003 AMTSGERICHT
Rechtskräftig seit 11.07.2003
Tatbezeichnung: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte
Datum der (letzten) Tat: 05.04.2003
Angewendete Vorschriften: STGB § 113 ABS. 1
30 Tagessätze zu je 10 EUR Geldstrafe
Bis hierher alles kein Problem mehr. Die Sachen waren erledigt, wenngleich noch nicht vergessen. Sie standen jedenfalls noch drin, im Auszug aus dem Bundeszentralregister (BZR).
Danach ging’s weiter wie folgt:
4.
02.06.2005 AMTSGERICHT
Rechtskräftig seit 02.06.2005
Tatbezeichnung: Beihilfe zum Diebstahl und Beihilfe zum versuchten Diebstahl
Datum der (letzten) Tat: 24.05.2004
Angewendete Vorschriften: STGB § 242 ABS.1, ABS.2, § 243 ABS.1 NR.1, § 22, §23, §53, § 56
5 Monat(e) Freiheitsstrafe
Bewährungszeit bis 01.06.2009
Bewährungszeit verlängert bis 01.06.20105.
14.03.2006 Amtsgericht
Rechtskräftig seit 14.03.2006
Tatbezeichnung: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit Bedrohung
Datum der (letzten) Tat: 02.09.2003
Angewendete Vorschriften: StGB § 113 Abs.1, § 241 , § 52, § 56
5 Monat(e) Freiheitsstrafe
Bewährungszeit bis 13.03.20096.
27.09.2006 Amtsgericht
Rechtskräftig seit 27.09.2006
Tatbezeichnung: Gefährliche Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung
Datum der (letzten) Tat: 26.06:2003
Angewendete Vorschriften: StGB § 223, § 224 Abs. 1 Nr. 4, § 241, § 52, § 25 Abs. 2, § 21
10 Monat(e) Freiheitsstrafe
Bewährungszeit bis 26.09.20087.
12.03.2007 Amtsgericht
Rechtskräftig seit 20.03.2007
Tatbezeichming: Vorsätzliche Trunkenheit im Verkehr
Datum der (letzten) Tat: 13.07.2006 .
Angewendete Vorschriften: StGB § 316 Abs. 1, § 56
3 Monat(e) Freiheitsstrafe
Bewährungszeit bis 19.03.2009
Die achte Eintragung im BZR war die Zusammenfassung von Nr. 4, Nr. 5 und Nr. 6; das Gericht hat daraus eine Gesamtstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten gebildet.
Also, nochmal langsam, zum Mitschreiben: Es waren insgesamt vier Bewährungen mit 1 Jahr und 6 Monaten Freiheitsstrafe offen.
Und dann kam eine weitere Anklage hinzu:
Er befuhr am 28.7.2008 gegen 20.57 Uhr mit einem Fahrrad in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand in Schlangenlinien u.a. die Landstraße 897 aus Richtung S. kommend in Richtung G. Die ihm am 28.07.2008 um 22.07 Uhr entnommene Blutprobe hat eine Blutalkoholkonzentration von 2,32 %0 ergeben.
Und jetzt? Was soll das geben? Für eine folgenlose Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad (ohne konkrete Fremdgefährung) standen nach anfänglicher Vorstellung der Staatsanwaltschaft nochmal 9 Monate Freiheitsstrafe – ohne Bewährung – zur Rede. Dies hätte den Widerruf der Strafaussetzung der offenen Strafen zur Folge. Das wären dann in summa 2 Jahre und 3 Monate geworden.
Nun hat der Mandant rechtzeitig einen Verteidiger beauftragt. Und das Landgericht hat in der Berufungsinstanz entschieden.
Das Ergebnis darf erraten werden. Und zwar folgendes:
-
1. Urteil des Amtsgerichts in erster Instanz
-
2. Urteil des Landgerichts in der Berufung
8-)
AG: Ohne Frage => verknackt mit vollem Programm.
LG: Mit Hängen und Würgen, viel Kaffee, viel gutem Willen aller Seiten, einem wie ein Tiger kämpfendem Anwalt, wurde dann noch irgendwie eine Bewährungsstrafe raus gebastelt.
hm… 1 Jahr neun Monate, ausgesetzt zur Bewährung.
Na, aber hoffentlich mit drei Jahren Bewährungszeit.
Irgendwann ist halt auch mal mit folgenlosen Trunkenheitsfahrten Schluss.
Wenn ich mir das BZR so ansehe, dann ist er bildungsresistent, was Alkohol und Straßenverkehr angeht. Irgendwann ist dann halt mal Knast angesagt. Auch wegen folgenloser Fahrten.
Also ganz ehrlich: Um bei vier offenen Bewährungen, von denen eine auch noch einschlägig ist, noch einmal zu einer Bewährungs- (oder gar Geld-)Strafe zu kommen, müsste man m.E. schon zum altehrwürdigen Institut der Rechtsbeugung greifen. (Dass eine Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad aber bei dem Strafrahmen des 316 natürlich niemals 9 Monate wert sein kann, egal wie viele einschlägige und sonstige Vorstrafen jemand hat, steht auf einem anderen Blatt).
Ich hätte wahrscheinlich vier Monate beantragt (meine persönliche obere Schmerzgrenze für betrunkenes Fahrradfahren). Dass der Widerruf der einschlägigen Bewährung im Falle einer solchen Verurteilung natürlich zwingend wäre, ist klar, die nicht einschlägigen Bewährungen könnte ein wirklich engagierter Verteidiger vielleicht retten. (Naja, wahrscheinlich eher nicht. Wobei ich offengestanden bei jemandem, der eine Straftat nach der anderen begeht, wenig Mitleid habe, wenn er die eins neun, die für andere Straftaten offen sind, auch irgendwann absitzen muss, wenn ihn vier Bewährungen nicht von neuen Straftaten abhalten.)
Ich tippe mal, das Amtsgericht hat eine Freiheitsstrafe ohne (aber hoffentlich nicht 9 Monate) gegeben, das Landgericht eine Geldstrafe.
Eine Entscheidung des Amtsgerichts kenne ich jedenfalls: „Die Bestellung von RA H. zum Pflichtverteidiger wird abgelehnt, da ein Fall der notwendigen Verteidigung nicht vorliegt…“
… mit der Auflage einer Entziehungskur?
Wenn man den Experten glaubt: Ein Schulterzucken.
Ich schliesse mich RA Lupo an,Kurz vor der Grenze. 1 Jahr 9 Monate auf Bewährung , aber beim LG, da das AG Ihn voll kassiert hat;-)
In Bayern keine Frage : Haft !
1. Bei einer anfänglichen Vorstellung der StA von 9 Monaten soll es auch Strafrichter geben, die über einen solchen Antrag gehen. Da ist ja noch ein bisschen Platz bis zur Höchststrafe.
2. Beim Landgericht gab es dann eine Geldstrafe, oder war die Blutprobe sogar nicht verwertbar? Dann vielleicht sogar Freispruch, wogegen allerdings die Feststellung Fahren in Schlangenlinien spricht.
Da sieht man mal wieder, dass immer wieder Bewährung zu geben für den Angeklagten eine sehr zweischneidige Wohltat ist. Am Ende kommt der dicke Hammer und man bekommt für ein Delikt das alleine maximal vier Monate wert ist (sehe ich ähnlich wie der Staatsanwalt) eineinhalb Jahre an Bewährungen wiederrufen.
Das halte ich hier aber auch für zwingend, wenn es keinen radikalen Wechsel im Lebenswandel gegeben hat.
Aber so wie sie es berichten, wird es wohl nochmal Bewährung gegeben haben. Was ihn bei nicht nachvollziehbarer Begründung (wie soll man hier nochmal Bewährung begründen?) übrigens auch nicht sicher vor dem Bewährungswiderruf bewahrt.
Im Prinzip aber auch einigermaßen egal. Der kommt eh mit Sicherheit in Kürze wieder. Hoffen wir nur, dass er bei seiner nächsten Trunkenheitsfahrt keinen umbringt.
Ich tippe mal auf 2 Monate zur Bewährung.
Denn es hat Aehnlichkeit mit folgendem Fall.
http://www.stimme.de/hohenlohe/nachrichten/oehringen/sonstige;art1921,1758477
Richterin Ursula Ziegler-Göller verurteilte den zehnfach vorbestraften Angeklagten zu einer Haftstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Als Auflage muss der Kupferzeller innerhalb der nächsten drei Monate eine stationäre Alkoholtherapie antreten.
Falls es sich um einen Ausländer handelt, natürlich weniger.
http://www.shortnews.de/id/811635/Mann-beinahe-tot-gepr%C3%BCgelt-Vorbestrafter-Schl%C3%A4ger-bekommt-Bew%C3%A4hrungsstrafe
Der 21-jährige Mehmet B., gegen den es bereits 38 Ermittlungsverfahren gab und der vierfach vorbestraft ist, schlug den 24-jährigen Samet C. mit einem Unbekannten zusammen beinahe tot. Nur durch eine Not-OP konnte das Leben des 24-Jährigen gerettet werden.
Doch der Richter zeigte sich milde. Der 21-jährige Schläger erhielt lediglich sechs Monate auf Bewährung. Das Opfer wird hingegen sein Leben lang unter den Folgen der Tat leiden, auf dem rechten Auge ist Samet C. fast erblindet.
Na wenn es in der Bildzeitung stand, muss es ja stimmen …
und, Carsten? wie gings denn aus ?
Auflösung gibt`s keine?
Hmm, für eine Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad hätte ich bei der StA wohl kaum mehr als zwei, allenfalls drei Monate beantragt. Da allerdings eine einschlägige Vorstrafe vorliegt, der Mandant offensichtlich öfters mal Probleme mit Alkohol und dem Gesetz hat (1x § 316 StGB, 1x § 20 StGB, 1x § 21 StGB) und bereits vier (!) Bewährungen offen stehen, ist es eigentlich praktisch nicht denkbar, dass ein Richter hier noch zu einer positiven Sozialprognose kommt. Vielmehr scheint die Verteidigung der Rechtsordnung hier eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe zu verlangen.
Da die Fragestellung einen vergleichsweise glimpflichen Ausgang nahelegt, tippe ich auf zwei Monate ohne Bewährung und Widerruf der einschlägigen Bewährungsstrafe.
[…] hatte über einen bemerkenswerten Fall berichtet, in dem es um einen mehrfach vorbestraften Mandanten ging, der vier Bewährungsstrafen […]