Wochenend-Lektüre

Der Mandant sitzt seit längerer Zeit schon in einer Klinik für forensische Psychiatrie. Ein Gutachten aus dem Jahre 2007 diagnostizierte eine unheilbare psychische Erkrankung.

Eine Diagnose, mit der sich weder der Mandant, noch ich als sein Verteidiger und antragsgemäß dann auch die Strafvollstreckungskammer auf Dauer nicht zufrieden geben wollten.

Es gab dann im Rahmen der turnusgemäßen Überprüfung (§ 67e StGB) ein weiteres Gutachten, diesmal von einem anderen Sachverständigen. Das liegt nun vor …

… und wartet auf die Durcharbeitung. 218 Seiten, prall gefüllt mit psychiatrischen Problemen und Diagnosen.

Verteidigungen im Vollstreckungsverfahren sind Mandate, bei denen der Stundensatz des Verteidigers denen eines Mc-Jobs in nichts nachsteht – wobei die Kosten der Kanzlei allerdings in unbeeindruckter Höhe weiterlaufen. Trotzdem werden solche Mandate übernommen. Wer hilft den Menschen dort sonst, wenn nicht ein Verteidiger.

Die Hoffnung, daß dann irgendwann ein anderer Job in die Kanzlei kommt, der den Durchschnittslohn des Verteidigers wieder auf ein akzeptables Niveau anhebt, liefert einen weiteren Teil der Motivation, sich mit solcher Arbeit das Wochenende um die Ohren zu schlagen.

Dieser Beitrag wurde unter Mandanten, Verteidigung veröffentlicht.

10 Antworten auf Wochenend-Lektüre

  1. 1
    eborn says:

    Dankenswert. Auch das es noch Anwälte gibt, die Fälle bei einem Streitwert von 50 € übernehmen, (die allerdings schwer zu finden sind.

  2. 2
    Faultier says:

    Och, das passt schon. Vielleicht findet sich ja die eine oder andere längere Partie, die man überspringen kann … kann ja auch keiner überprüfen …

  3. 3
    Tim K. says:

    gute einstellung! respekt!

  4. 4

    @Faultier
    Es gibt Jobs, die sollte man auch – und gerade dann – gewissenhaft erledigen, wenn man nicht überprüft wird. Der Job eines Strafverteidigers gehört mit Sicherheit dazu.

  5. 5
    Faultier says:

    @RA Carsten R. Hoenig: Das „Bildblog“ würde jetzt bemängeln, dass hier die Werbung nicht vom redaktionellen Teil getrennt wird …

  6. 6
    Airfix says:

    Das gibt mindestens drei Punkte auf der Liste netter Menschen.
    Danke!

  7. 7
    egal says:

    @Faultier

    Die Frage ist wohl eher, ob man in Anwaltsblogs den redaktionellen Teil hervorheben müsste ;)

  8. 8
    Toni says:

    Vielleicht keine lukrative Tätigkeit fürs Wochenende, aber ich glaube, wenn sie erfolgreich ist, lohnt es sich auf andere Weise!

  9. 9
    Das Ich says:

    Die Gegenseite muss es auch lesen;-)

  10. 10

    @02: Diese Berufseinstellung findet man als Anwalt immer mal wieder, wenn man ein Mandat übernehmen darf, in dem vorher ein Anwalt nicht bis zum Abschluss tätig war.

    Tatsächlich ists wirklich keine Frage des Geldes, sondern der Einstellung. Und die unterscheidet sich bisweilen.