Monatsarchive: Mai 2011

Unabhängig untersuchte Polizei

Bei Straftaten von Polizisten sollen externe Kommissionen ermitteln, fordert der Kriminologe Martin Herrnkind. Nur so könnten Gewaltopfer eine Chance auf ein gerechtes Verfahren bekommen.

Ein Interview von Lukas Ondreka mit dem Kriminologe Martin Herrnkind in der taz.

3 Kommentare

Betreuung in Neukölln

Das gesetzgeberische Ziel […] war Betreuung statt Entmündigung, um den Betroffenen Hilfe zu einem frei selbstbestimmten Leben zu leisten. Das Grundrecht auf Selbstbestimmung ergibt sich aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetz (GG). Die Betreuung dient nicht zur Erziehung oder dazu, gesellschaftliche Wertmaßstäbe durchzusetzen.

ist in Wikidepia zum Thema Betreuung zu lesen.

Und so sieht das in der Neuköllner Praxis aus:

Danke an HU für den Hinweis auf diese nette Neuköllner Eckkneipe.

5 Kommentare

„Kreuzberg war ne Scheißidee – nieder mit der NPD!“

Ein geplanter Aufzug von Nazis ist am Sonnabend in Kreuzberg von Gegendemonstranten verhindert worden. Das fehlte uns gerade noch, dieses Pack hier in Kreuzberg!

Berichte über die gescheiterte Veranstaltungen am Mehringdamm und später dann in Rudow im Netz gegen Nazis (von dem auch die Überschrift dieses Beitrags stammt) und in der Berliner Zeitung.

Nina Apin und Alke Wierth schreiben in der taz:

Bei einem Naziaufmarsch in Kreuzberg schlagen Teilnehmer auf Passanten und Gegendemonstranten ein.

Eigentlich sollte die Demo geheim bleiben:

Die Route der Nazis war von der Polizei bis zuletzt geheimgehalten worden. Zunächst hatte der Platz der Luftbrücke in Tempelhof als Startort gegolten. Gegen Mittag verbreitete sich dann die Neuigkeit, dass ein Lautsprecherwagen mit Demo-Anmelder Sebastian Schmidtke und dem Neuköllner NPD-Mann Jan Sturm am Hermannplatz unterwegs sei. […] Später stiegen dann etwa 120 Rechtsextreme aus dem U-Bahnhof Mehringdamm, wo sie von den GegendemonstrantInnen erwartet wurden.

Ob die Geheimhaltungs-Taktik der Polizei die richtige war, wird nun wohl im Innenausschuß des Abgeordnetenhauses diskutiert. Die unvorbereiteten Passanten hatten sicher keine Freude an dieser Überraschung.

Beim Tagesspiegel gibt es eine Bilderstrecke, die die Aufmarsch der Dumpfbacken dokumentiert.

12 Kommentare

Plätzchen Kit

Power, Technology, Design. Alles da. Nur mit der Sprache hapert es noch ein wenig. Jedenfalls auf dem Karton, die auf der Website angebotene Anleitung ist von etwas besserer Qualität.

Aber ich will ja auch bremsen, nicht lesen.

3 Kommentare

Der Commodore 64 und die Talionsformel

Der Student Majid Movahedi hatte sich in Ameneh Bahrami verliebt. Sie aber nicht in ihn. Im November 2004 griff er sie mit Schwefelsäure an. Der Anschlag hatte Gesicht und Körper der Iranerin verstümmelt und sie das Augenlicht gekostet, weil sie seine Gefühle zurückgewiesen hatte.

Das Ganze hatte ein juristisches Nachspiel, in dem sich Strafrichter den Fall anschauten. Für so etwas gibt Spielregeln, also Gesetz und Recht, an die auch im Iran die Richter gebunden sind. Allerdings gibt es in jenem iranischen Gottestaat andere Gesetze, es gilt anderes Recht, wie in unseren Breiten.

Laut islamischen Gesetzen gibt es das „Auge-um-Auge“-Prinzip, das dem Opfer erlaubt, dem Täter das gleiche Leiden zuzufügen.

schreibt die Süddeutsche

Dieses Prinzip – zutreffend als Talionsformel bezeichnet – war einmal ein Fortschritt in der Geschichte des Rechts:

Nach überwiegender rabbinischer und historisch-kritischer Auffassung verlangte die sogenannte Talionsformel (von lateinisch talio: Vergeltung) einen angemessenen Schadensersatz in allen Fällen von Körperverletzung vom Täter, um die im Alten Orient verbreitete Blutrache einzudämmen und durch eine Verhältnismäßigkeit von Vergehen und Strafe abzulösen.

kann man in Wikipedia nachlesen.

Vor der Einführung des Rechtssatzes:

„… so sollst du geben Leben für Leben, Auge für Auge, Zahn für Zahn, Hand für Hand, Fuß für Fuß, Brandmal für Brandmal, Wunde für Wunde, Strieme für Strieme.“

ging es also noch einen Zacken härter zu. Das war aber mit dem Ende des Mittelalters und dem Beginn der Neuzeit erledigt. Die Menschheit entwickelte sich weiter.

Jedenfalls in vielen Teilen der Welt. Leider nicht überall. Und es gibt Länder bzw. Kulturen, die eine umgekehrte Entwicklung beschreiben, nachdem sie einmal ein gewisses humanes Niveau erreicht hatten:

Möglich wird diese grausame Körperstrafe durch die vom Islam aus dem altarabischen Stammesrecht übernommene Praxis der Blutrache, Qissas genannt, was wörtlich Vergeltung oder Züchtigung heißt. 1982 wurde sie ins iranische Strafrecht übernommen. Danach darf eine vorsätzliche Körperverletzung oder ein Mord gerächt werden durch eine gleichartige Verwundung beziehungsweise durch die Tötung des Täters.

hält Martin Gehlen in „Der Westen“ fest.

Im September 1982 kommt der erste Commodore 64 auf den Markt. Und das Mullah Regime in Teheran schafft die wenigen Menschenrechte ab, die sich bis dahin auch in Persien entwickelt hatten.

Das war jedoch nicht der Endpunkt der rückwärts gerichteten Entwicklung dieser Kultur: 2007 wird die öffentliche Steinigung wieder eingeführt.

Der heutige Samstag ist der Tag, an dem die Geschädigte die Augen des Täters mit Säure verätzen darf. Ganz legal, nach Recht und Gesetz.

20 Kommentare

Bemerkenswerte Dienstzeiten

Die Mitbeschuldigten haben sich dazu entschieden, ihre Kenntnisse den Ermittlern zur Verfügung zu stellen. Sie wurden umfangreich vernommen und haben sich ausführlich geäußert.

Ich hatte den Staatsanwalt gebeten, mir die Protokolle der Vernehmungen möglichst kurzfristig zur Verfügung zu stellen. Einen Tag später kündigte der Polizeibeamte die Faxübersendung der ca. 60 Protokollseiten an. Ich habe ihm den Eingang per eMail bestätigt, eine Kopie der Bestätigung ging per „CC“ an den Staatsanwalt.

Heute morgen fand die ich Lesebestätigungen in der Mailbox:

Zuerst die des Staatsanwalts:

Dann die des Polizeibeamten:

Der eine arbeitet länger, dafür steht der andere früher auf.

7 Kommentare

Demjanjuk: Verurteilt und Haftbefehl aufgehoben

Der 91-jährige KZ-Wachmann wurde wegen Beihilfe zum Mord zu 5 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Der Haftbefehl wurde aufgehoben; er wurde aus der Untersuchungshaft entlassen.

Kurz-Info per Video auf SPON.

Kommentare deaktiviert für Demjanjuk: Verurteilt und Haftbefehl aufgehoben

Flaggenmast

Wir sind es gewohnt, mit idiotischer Werbung zugemüllt zu werden. Diese Schlichtgestalt scheint jedoch ein Spammer von der ganz besonderen Sorte zu sein:

Mal den unwahrscheinlichen Fall angenommen, ich würde mich entscheiden, dort das Kofferset und die Schuhputzmaschine bestellen: Was – um Himmels Willen – soll ich hier in Kreuzberg mit einem 6,20 Meter langen Flaggenmast anfangen?

11 Kommentare

Rechtsanwaltskammer Berlin warnt vor betrügerischen Machenschaften

Presseinformation der Rechtsanwaltskammer Berlin vom 5. Mai 2011

In letzter Zeit häufen sich bei der Rechtsanwaltskammer Berlin Anfragen und Meldungen über Betrugsmaschen, bei denen das Vertrauen in die Anwaltschaft missbraucht wird. Dabei spielen angebliche, in Wahrheit aber nicht existierende „Anwälte“ eine Rolle, mit denen Vertrauen erweckt werden soll. Oder es wird der Name existierender Anwaltsbüros für Schreiben oder E-Mails missbraucht, die in Wahrheit nicht von diesen Anwälten stammen.

Mit folgenden Methoden soll jeweils eine Geldüberweisung erschwindelt werden:

1. Betrugsmasche: “Staatlich vereidigte Treuhänder Kanzlei“
Für die Abwicklung eines Autokaufs soll die Zahlung des Kaufpreises auf das Konto einer angeblichen Rechtsanwältin erfolgen, die in Wahrheit gar keine Zulassung hat. Um zusätzlich Vertrauen zu erwecken, wird deren angebliche Kanzlei mit dem Fantasiebegriff „Staatlich vereidigte Treuhänder Kanzlei“ versehen. Angeblich hat diese „Anwältin“ auch noch 5 Fachanwaltstitel – maximal 3 sind zulässig.

2. Betrugsmasche: „Gewinnermittlungszentrale-Istanbul“
Unter gefälschtem Anwaltsbriefkopf und falscher Telefonnummer wird Bürgern zum Gewinn eines nagelneuen Autos der Oberklasse gratuliert. Da sich das Auto angeblich in der Türkei befindet, wird um Überweisung von Überführungskosten in Höhe von 635 € per Western-Union über die Postbank gebeten.

3. Betrugsmasche: Pauschaler Schadensersatz für angebliche Downloads pornografischen Videomaterials
Unter dem missbrauchten Briefkopf einer bekannten Anwaltskanzlei wird ein Schadensersatz für das angebliche Herunterladen pornografischen Videomaterials in Höhe von 100 € verlangt. Dann werde eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft zurückgenommen. Die Zahlung soll dabei durch eine „PaySafeCard“ anonym erfolgen.

4. Unerlaubte Werbemails unter falschem Namen
Der Name einer Rechtsanwältin wird missbraucht für Mails, mit denen ein „Verband zur Sicherung der Interessen deutscher Privatpatienten“ für die Überprüfung von Krankenkassentarifen unaufgefordert wirbt.

Die Rechtsanwaltskammer Berlin weist darauf hin, dass jede in Deutschland zugelassene Rechtsanwältin und jeder Rechtsanwalt im Bundesweiten Amtlichen Anwaltsverzeichnis aufgeführt ist. Das Verzeichnis wird von den Rechtsanwaltskammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts unter www.rechtsanwaltsregister.org gepflegt und aktualisiert.

4 Kommentare

Das Vorstrafenregister im Taschenbuchformat

Das Urteil umfaßt 6 Seiten.

Seite 1 zeigt das Landeswappen und die Namen der Beteiligten (Angeklagter, 3 Richter, Staatsanwalt und Verteidiger).

Seite 2 lautet:

für Recht erkannt:

Der Angeklagte wird wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 85 Tagessätzen zu je 15,- € verurteilt.
Der Angeklagte trägt die Verfahrenskosten und die eigenen notwendigen Auslagen.

Es folgen knapp die (beiden) angewendeten Vorschriften und dann beginnt die Begründung. Ein Satz zum Beruf und zum derzeitigen Einkommen.

Es folgt eine vierseitige Auflistung mit den Worten: Ausweislich des Bundeszentralregisters vom 10.02.2011 ist der Angeklagte strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Solche „Romane“ im Register sind eher selten. Vor allem bemerkenswert ist, daß sich die Vortaten allesamt auf dem selben – niedrigen – Niveau bewegten.

Aber selbst vor diesem Hintergrund ist die (rechtskräftige) Verurteilung zu 85 Tagessätzen ein aus Sicht des Mandanten zufrieden stellendes Ergebnis. 8-) Vor allem wichtig: Die noch offene Bewährungsstrafe wird nun auch nicht vollstreckt werden. Das war keine ganz triviale Verteidigung …

12 Kommentare