Monatsarchive: August 2011

Ich weiß nicht, wann das Internet voll ist

Thomas de Maizière ist ein Verteidigungsminister, Bernd Neumann ein Kulturstaatsminister. Also zwei von denen, die uns regieren. Sie werden wohl wissen, wie man das macht.

 

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Kreditentscheidung in 20 Minuten

Ein paar Gedanken am Sonntagvormittag, aufgehängt in einem Einkaufswagen:

Erster Akt:
Die Lebensmittelabteilung bei Karstadt ist ja nun nicht gerade bekannt als Hort der kleinen Preise. Also braucht man ein wenig mehr Geld, wenn man dort einkaufen will. Und wenn man grad‘ kein’s hat, kann man sich ja was borgen. Gut, daß es die Bank gibt, die auch am Samstagnachmittag geöffnet hat.

Zweiter Akt:
Für diesen Présidenten

ruft die Kasseriererin 0,95 Euro auf. Creme fraiche eines anderen Herstellers, z.B. Milbona, in einem anderen Supermarkt, z.B. Lidl, liegt bei 0,49 Euro. Der Luxus, im Karstadt einkaufen zu gehen, kostet also das Doppelte.

Dritter Akt:
Aber es geht noch besser: Wenn dieser Président nun mit dem WunschKredit finanziert wird, sieht die Rechnung wie folgt aus.

3.900 Euro kosten 48 mal 99 Euro, also 4.752 Euro. Das ist ein Aufschlag von 22 Prozent. Der Präsidentenschmand würde danach 1,16 Euro kosten, also 0,67 Euro mehr als beim Billiganbieter.

Vierter Akt:
Und die Bank verlangt 852 Euro dafür, daß man es sich besser gehen lassen kann, als man es sich leisten sollte.

Einen habbich noch:
Die Restschuldversicherung, die dem Karstadtkunden dann noch aufgeschwätzt wird. Die Kosten dafür kommen noch oben drauf.

Conclusio:
Wie bescheuert muß man eigentlich sein, um solche Einkaufswagen-Angebote für seriös zu halten. Aber immerhin sind Banker stets gut gekleidet und tragen  Schlipse.

 

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Online-Marketing aus Mannheim

Leichtfertige Abmahnungen:

Sollten rechtliche Gründe gegen eine weitere Nutzung einer meiner Domains oder Subdomains sprechen, empfehle ich von einer Abmahnung Abstand zu nehmen und eine direkte Kontaktaufnahme an mich zu senden. Bei ungerechtfertigten, leichtfertigen und betrügerischen Abmahnungen wird von meinem Rechtsanwalt unverzüglich die negative Feststellungsklage bzw. Klage wegen betrügerischer Vortäuschung falscher Tatsachen erhoben. Der Erfüllungsort ist 68259 Mannheim.

Ich habe ihn abgemahnt, aber gar nicht leichtfertig, sondern höflich. Wegen Werbemüll. Darauf reagierte der Online-Marketinger:

Ich bedaure die Störung und die Umstände sehr, insbesondere da ich übernächstes WE voraussichtlich in Berlin bin und Ihre Kanzlei gerne kennen gelernt hätte.

Die Kanzlei kennen zu lernen wird er Gelegenheit bekommen. Der entsprechende Kennenlernantrag ist bereits unterwegs zum Gericht. Eine „kostenfreie Potentialanalyse“ wird das aber sicherlich nicht.

 

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Der Dreisprung der Oberrittmeisterin

Die Kavallerie der Justiz, heute besetzt mit Frau Oberrittmeisterin Doris Möller-Scheu, meint:

Die gut 3000 Euro Entschädigung, die das Landgericht Frankfurt dem Kindsmörder Magnus Gäfgen zugesprochen hat, bleiben nach Angaben der Staatsanwaltschaft in der Staatskasse. Der 36-Jährige habe aus dem Mordprozess noch 71.000 Euro Schulden bei der Justizkasse offen, die müssten erst beglichen werden, sagte Oberstaatsanwältin Doris Möller-Scheu.

ist in einem Artikel von bim/dpa auf SPON zu lesen.

Es ist gut zu wissen, daß Staatsanwälte mutig sind. Mutig genug, um sich an’s Kostenrecht heranzuwagen. Aber Mut ist nicht allein entscheidend. Es gehört auch Geschick dazu, wenn man es zu etwas bringen will.

Die Pfändung des Geldentschädigungsanspruchs eines Strafgefangenen wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen durch den Staat ist unzulässig.

Das hat der Bundesgerichtshof (VII ZB 17/10) gerade erst am 5. Mai 2011 beschlossen.

Für Entschädigungen, die auf einer Verletzung der Grund- und insbesondere der Menschenrechte des Betroffenen beruhen, darf der Staat diese Aufrechnung jedenfalls nicht erklären.

Dem Reitverein hätte es gut gestanden, sich bei einem Strafverteidiger zu informieren, bevor er Kurzweil in den Medien verbreitet. Der Kollege Udo Vetter hatte das Thema bereits im Juni diskutiert.

Ein schönes Beispiel für den Dreisprung, von dem sich die Staatsanwaltschaft so häufig leiten läßt:

  • Das geht doch nicht!
  • Da könnte ja jeder kommen!
  • Wo kommen wir denn da hin!

Ich denke, da wird sich jetzt jemand fürchterlich schämen.

 

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Schmerzensgeld für Folterandrohung

Magnus Gäfgen wurde rechtskräftig verurteilt, weil er den elfjährigen Jakob von Metzler  ermordet hat. Während des Ermittlungsverfahrens im Herbst 2002 wurde Herrn Gäfgen in einer Vernehmung auf Anweisung des damaligen Vizepräsident der Frankfurter Polizei, Herr Wolfgang Daschner, von zwei Polizeibeamten massive Folter angedroht.

Wegen dieser Folterandrohung machte Gäfgen mit Hilfe seines Rechtsanwalts Dr. Michael Heuchemer Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegenüber dem Land Hessen geltend. Seine Klage hatte teilweise Erfolg: Das Land Hessen muss Magnus Gäfgen 3.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.

In dem Urteil des Landgerichts Frankfurt /M. heißt es, daß die Folterandrohung eine „schwerwiegende Rechtsverletzung“ sei, die nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden könne als durch die Zahlung einer Entschädigung. Den beiden Polizisten attestierte der Vorsitzende Richter, sie hätten sich vorsätzlich über das Folterverbot hinweg gesetzt, ohne dabei alle anderen Möglichkeiten, zu einem zufriedenstellenden Ermittlungsergebnis zu kommen, auszuschöpfen.

Eine mutige, meiner Ansicht nach eine richtige Entscheidung. Genauso wenig, wie das Verbrechen die Folter rechtfertigt, rechtfertigt dieses Urteil das Verbrechen. Und zur unmißverständlichen Klarstellung nun auch aus zivilrechtlicher Sicht war diese Entscheidung des LG Frankfurt notwendig.

Mehr über dieses Verfahren in der taz, hier, hier und hier.

Nebenbei 1:
Die beteiligten Beamten wurden 2004 rechtskräftig verurteilt; nicht wegen Verstoßes gegen § 343 StGB, sondern nur wegen Nötigung und Daschner wegen Verleitung zum Missbrauch der Amtsbefugnisse. Und zwar zu einer Verwarnung mit Strafvorbehalt (sog. Geldstrafe auf Bewährung). Eine Kompromiss-Lösung.

Nebenbei 2:
Rechtsanwalt Dr. Heuchemer hat bis zu dieser Entscheidung einen steinigen Weg zurück gelegt. Sein Antrag, Herrn Gäfgen Prozeßkostenhilfe zu gewähren, wurde zunächst vom Landgericht Frankfurt abgelehnt. „Keine Erfolgsaussichten“, hieß in dem ablehnenden Beschluß. Diese Entscheidung hob erst das Bundesverfassungsgericht auf und ordnete im Jahr 2008 an, dass Gäfgen doch Prozesskostenhilfe bekommen sollte. Erst dann konnte die Klage erhoben werden.

Geld verdienen kann man mit so einem Verfahren als Zivilanwalt nicht. Ich ziehe den Hut vor dem Durchhaltevermögen und der Kompetenz des Kollegen.

 

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Der Strafverteidiger empfiehlt – 14

Heute:

Ritter der Gerichte

Unverschämt: Der Anwalt schweigt

In gut zwei Wochen dann …

Integrativer Frauenbadetag

Schießerei im Wedding

 

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Das Ü-Ei Hotte

Arno Widmann hat gegraben und in der Berliner Zeitung seinen neuesten Fund vorgestellt: Alt-Linker und Neu-Nazi Horst Mahler soll demnach (auch!) (noch!) ein Stasi-Spitzel gewesen sein.  Der alte Hotte ist anscheinend immer wieder einmal für neue Überraschungen gut.

Es ergeben sich zweifelsohne zeithistorisch wichtige Fragen. Was bedeutet das für den 2. Juni 1967? Für die Tatsache, dass er die Familie des Opfers Ohnesorg juristisch vertreten hat? Was bedeutet es, dass er als Nebenkläger im Kurras-Prozess aufgetreten ist? Er war meines Erachtens die Zentralfigur bei der Gründung der RAF. Er hatte im Herbst 1969 in London versucht, Rudi Dutschke für die RAF zu gewinnen, und er war es auch, der Anfang 1970 nach Italien reiste, um Gudrun Ensslin und Andreas Baader dazu zu überreden, in eine künftige Guerilla-Organisation einzutreten. Wenn Mahler zu dieser Zeit für die Staatssicherheit gearbeitet hat, dann wird einiges für die Gesamtinterpretation dieser Zeit noch einmal genauer zu überprüfen sein.

Quelle:
Interview – Arno Widmann und Harry Nutt
in der Berliner Zeitung

Das kann ja heiter werden.

Update (04.08.2011):
Der Tagesspiegel berichtet:

Der inhaftierte Rechtsextremist Horst Mahler, ehemals Terrorist der Roten Armee Fraktion, bestreitet die Vorwürfe, er sei für die DDR-Staatssicherheit als Spitzel tätig gewesen. Er habe „zu keinem Zeitpunkt“ mit der Stasi zusammengearbeitet, teilte Mahler jetzt schriftlich dem Journalisten Uwe Soukup mit.

In dem Bericht heißt es weiter, die „Bild am Sonntag“ habe die Stasi-Zuarbeit Mahlers in die Medienwelt gesetzt. Hätte ich das bei der Abfassung meines Beitrags gewußt, hätte ich zumindest eine andere Überschrift gewählt.

Das wird ja noch heiter.

 

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Keineswegs überforderte Staatsanwaltschaft

Es ist eine Strafsache, die ein Team von drei erfahrenen Staatsanwälten beschäftigt und die sich mit Ermittlungsakten herumschlagen, die wegen ihres Umfangs dem Laderaum eines Kleintransporters gut zu Gesicht stünden. Reichlich Strafverteidiger vertreten zahlreiche Beschuldigte, einige davon sind bzw. waren inhaftiert.

Eine hochkarätig besetzte Spezialabteilung ist notwendig, um ein solches Verfahren zu stemmen.

Es war nicht ganz einfach, aber nach ein paar Wochen ist mir es schließlich gelungen, die Staatsanwälte und den Haftrichter davon zu überzeugen, daß der Mandant nicht weglaufen wird, wenn man ihn aus der Untersuchungshaft entläßt.

So richtig überzeugend scheine ich dann doch nicht gewesen zu sein. Denn das Gericht hat den Haftbefehl nicht aufgehoben, sondern nur außer Vollzug gesetzt. Dem Mandanten wurden ein ganze Reihe von Auflagen gemacht, die sicher stellen sollen, daß er nicht doch abhaut.

Unter anderen war ihm aufgeben:

Er muss jeden Aufenthaltswechsel der Staatsanwaltschaft Potsdam zu dem Aktenzeichen „007 Js 10999/10 Wi“ mitteilen.

Genau das hat er – über seinen Strafverteidiger – auch gemacht, nachdem er aus der Haft entlassen wurde und – statt in seiner alten Wohnung zu bleiben – umgezogen ist.

teile ich unter Bezugnahme auf den Haftverschonungsbeschluß vom 31. Juni 2011 mit, daß Herr Wilhelm Brause ab sofort unter folgender Anschrift erreichbar ist und sich dort aufhält:

Statt der erbetenen Empfangsbestätigung erhalte ich die folgende Nachfrage:

Nota bene: Unterschrieben ist diese Anfrage nicht von einem Anfänger, sondern von einem ausgewachsenen Oberstaatsanwalt. Wohnsitzwechsel, da muß der Profi ran!

Weil es unter Umständen nicht schnell genug gelingt, eine amtliche Meldebestätigung zu bekommen, – schließlich handelt es sich um eine Chefsache – habe ich per ganz eiligem Fax mitgeteilt, was es mit den beiden Wohnungen auf sich hat und wie man die 650 Meter zu Fuß von der einen in die andere gelangt:

Ergänzend sollte ich vielleicht das Ermittlungsteam auch noch hinweisen, daß dort beide Wohnungen allerbestens bekannt sind und der Mandant schon in seiner Vernehmung angekündigt hat, wo er demnächst sein Ei hinlegen wird; und daß ich als Pflichtverteidiger natürlich auch zustellungsbevollmächtigt bin, falls irgendwann einmal in den nächsten Monaten oder Jahren die Anklage an den Mann gebracht werden muß.

Ich sehe, die Staatsanwälte haben das Umfangverfahren – trotz widriger Umstände wie die fehlende Bereitschaft zur Nutzung der vorhandenen Elektronik – super im Griff.

Wer für solche Spielereien Zeit hat, kann einfach nicht überfordert sein.

 

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Risiko Telefon

Bequem, aber gefährlich: Das Handy.

Wir weisen unsere Mandanten an, uns am Telefon keine vertraulichen Nachrichten zu übermitteln. Für schriftliche Nachrichten haben wir einen gesicherten Zugang. Zum sicheren Telefonieren nutzen wir in besonderen Fällen Verschlüsselungstechniken (secure IP mobile phones).

Deswegen der Hinweis des Strafverteidigers: Straftaten und Mobil-Telefone sind nicht kompatibel.

Video gefunden bei Via Jura.

 

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Betrug im Namen der Anwältin

In der Rechtsanwaltskanzlei Alexandra Braun, Hamburg, trudeln seid ein paar Tagen täglich zig Anrufe von Personen ein, die angeblich 48.000,00 Euro bei einem Gewinnspiel gewonnen haben sollen.

Ihnen wurde erzählt, sie bekämen den Gewinn, wenn sie mittels einer UKash-Karte 250,00 Euro Anwalts- und Notarkosten zahlten. Die Erzählerin sagte, sie sei Mitarbeiterin der Kanzlei Braun. Die Anrufe kommen aus Rumänien, auf der Nummer ist niemand erreichbar.

So etwas ist natürlich nicht nur nervig für die Kollegin, sondern auch noch gefährlich. Wenn nämlich auch ein Staatsanwalt auf die Masche „hereinfällt“, schaut er natürlich gern mal bei der Strafverteidigerin vorbei.

Deswegen hat Frau Braun sich nun öffentlich erklärt, u.a. in einer Mitteilung in ihrem Blog „RAinBraun“. Sie hofft, damit den Anschein einer Beteiligung an dieser Geschichte nachhaltig zerstreuen zu können.

Dabei möchte ich Alexandra Braun gern unterstützen. Sachdienliche Hinweise nehmen Frau Rechtsanwältin Braun und ich gern entgegen.

 

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