Betrug durch Anwälte zulasten der Justizkasse?

Richter werfen Anwälten systematische Manipulation von Gerichtsgebühren vor

Richter des Düsseldorfer Oberlandesgerichts haben der Anwaltschaft systematische Manipulation zulasten der Staatskasse bei großen Wirtschaftsverfahren vorgeworfen. So werde der Streitwert solcher Verfahren inzwischen «beinahe regelmäßig» zu niedrig angesetzt, um Gerichtsgebühren zu sparen, kritisierte das Gericht in einem Beschluss. (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10. 5. 2011 – 2 W 15/11).

berichtet Beck Aktuell.

Damit kann unsere Kanzlei jedenfalls nicht gemeint sein, weil der Vorwurf sich gegen Zivilrechtler richtet. Glück gehabt!

Aber vielleicht sollte ich noch einmal über das Gebahren der Justiz bei der Festsetzung der Pflichtverteidiger-Gebühren berichten … ein paar knackige Worte werden mir dazu sicherlich ebenso einfallen wie den ehrenwerten Richtern beim Düsseldorfer Oberlandesgericht.

 

Dieser Beitrag wurde unter Justiz, Rechtsanwälte veröffentlicht.

12 Antworten auf Betrug durch Anwälte zulasten der Justizkasse?

  1. 1
    Joerg says:

    Wie ist denn das Gebaren bei der Festsetzung der Pflichtverteidigergebühren?

  2. 2
    Lars says:

    Ach Gottchen, das OLG Düsseldorf lässt sich mal wieder über die bösen Anwälte aus. Nuff said…

  3. 3
    Paranoia says:

    Anwälte setzten böswillig den Streitwert zu niedrig an, wodurch auch die gerichtlich festgesetzten Anwaltsgebühren niedriger ausfallen.

    Das nenn ich mal Meldung mit Glaubwürdigkeitsdefizit….

    Als ich das studiert habe, war es noch Aufgabe des Gerichtes, den Streitwert festzulegen und Ansätze der Anwälte wurden als „Vorschlag“ gewertet. Aber wahrscheinlich müssen die Anwälte demnächst auch Urteilsvorschläge einreichen und das Gericht wählt dann im Castingverfahren den besten aus…..

    Para

  4. 4

    […] Richter des Düsseldorfer Oberlandesgerichts haben der Anwaltschaft systematische Manipulation zulasten der Staatskasse bei großen Wirtschaftsverfahren vorgeworfen. zum Artikel […]

  5. 5
    alter Jakob says:

    @Para

    bei dem Urteil ging es wohl um Patentstreitigkeiten. In dem Bereich wird vor allem über Stundenhonorar abgerechnet. Da sind die gerichtlich festgesetzten Anwaltsgebühren dann die vielzitierten Peanuts.

  6. 6
    alter Jakob says:

    Edit: Das gericht hat im Übrigen die Kosten festgesetzt und die haben Anwälte (afaik beider Seiten) haben versucht niedrigere Kosten zu bekommen. Ein Link zu einem Kollegen von Herrn Hoenig, bei dem das Urteil verlinkt ist:
    http://ra-melchior.blog.de/

  7. 7

    Den Streitwert setzt doch das Gericht selbst fest.
    Der Anwalt unterbreitet in der Klageschrift nur einen Vorschlag.

  8. 8
    Paranoia says:

    Hm,

    das Gericht legt im Urteil den Streitwert fest. Der Anwalt (Interessenvertreter seines Mandanten) beantragt die Überprüfung, weil er diesen als zu hoch betrachtet und damit unnötige Kosten für seinen Mandanten sieht. Hierüber entscheidet ebenfalls ein Gericht. Soweit hier nicht mit falschen Angaben gearbeitet wird, kann ich hier keinen Betrug sehen. Oder ist es für das OLG Düsseldorf ein Betrug, wenn der Anwalt die Interessen seines Mandanten vertritt? (analog zur überraschenden Klaus im AGB-Recht).

    Strafrechtlich finde ich eher das Zitat auf der Seite von RA Melchior interessant: „Um gegenzusteuern, ermuntert das OLG Düsseldorf Gerichte, Streitwerte möglichst hoch festzusetzen. “ Hier wäre eine Prüfung hinsichtlich Anstiftung zur Rechtsbeugung/Betrug sicher auch interessant. Ich kann mich aus den ZPO Vorlesungen nicht erinnern, dass bei der Prüfung zu den Streitwerten die Kostenbelastung der Beteiligten zur Motivation der Mitarbeit der Anwälte ein Bestandteil war….

    Aber wenns der Wahrheitsfindung dient….

    Para

  9. 9
    Gast says:

    Der Streitwert einer patentrechtlichen Unterlassungsklage ergibt sich aus bestimmten geschäftlichen Kennzahlen, die nur den Parteien, nicht aber dem Gericht bekannt sind (und die sich auch nicht aus der Klagebegründung der Unterlassungsklage ableiten lassen).

    In diesem Fall ergab sich aus den Kennzahlen, die der Kläger ausweislich seiner Beschwerdebegründung selbst zugrundelegte, eine Gesamtsumme von 11,5 Mio. Euro (was nach Auffassung des Gerichts noch um 60% zu niedrig war). Trotzdem versuchten die Anwälte der Kläger, dem Gericht einen Streitwert von 5 Mio. unterzujubeln, indem sie ihm die eigenen (!) Zahlen verschwiegen.

    Was soll denn das sonst sein, wenn nicht ein Betrugsversuch?

  10. 10
    Andreas says:

    @ Paranoia

    Haben Sie den Beschluss schon einmal gelesen? Das OLG Düsseldorf unterstellt, dass die klägerischen Anwälte den vorläufigen Streitwert häufig wissentlich zu niedrig ansetzen und sich dann hinter Ahnungslosigkeit, mangelnder Kenntnis der genauen wirtschaftlichen Auswirkungen usw. verstecken wollen und eine Überprüfung durch das Gericht in der Weise zu verhindern versuchen, dass sie dem Gericht hinreichende wirtschaftliche Tatsachengrundlagen für eine sachgerechte Schätzung vorenthalten.

    Ob das wirklich ein Dauerproblem in der Praxis ist, wage ich sehr zu bezweifeln. Gleichwohl könnte man durchaus ernsthaft erwägen, obein derartiges Vorgehen (versuchter) Betrug ist.

    ABER: Die Bestimmung des Streitwerts ist Ausfluss einer juristischen Prüfung des Sachverhalts. Zweifelhaft ist daher, ob die bloß falsche Angabe eines vorläufigen Streitwerts ohne dazu geliefertes Tatsachenmaterial einen Betruf begründen kann.

    In diesem Sinne, OLG Koblenz, Beschluß vom 25.01.2001, Az. 2 Ws 30/01NJW 2001, 1364:
    „Jeder Richter ist dazu verpflichtet, den ihm vorgetragenen Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht zu überprüfen. […] Wegen der Pflicht des Gerichts zur eigenverantwortlichen Rechtsermittlung kommt in Fällen wie dem vorliegenden deshalb eine Strafbarkeit wegen (versuchten) Betrugs nicht in Betracht“

  11. 11
    Waldbaer says:

    Völlig OT:
    „Gebahren“ finde ich eine amüsante Wortschöpfung :o)
    Hat mich irgendwie an tote Pferde erinnert..
    http://scheissprojekt.de/

    ;o)
    Liebe humorvolle Grüße,
    Waldbaer

  12. 12
    Rudi says:

    Also ich kann mich an genügend Patentsachen in Dü’dorf erinnern, bei denen man einen Streitwert von 1 Mio – völlig überhöht – vorgeschlagen hat, damit die Sache vom Gericht überhaupt ernst genommen wird.

    Und wenn ich an die Pseudo-Streitwerte in den File-Sharing Sachen oder den Streitwerten bei den Karten-Ausschnitts-Klagen denke, läuft mir’s bei so einer Aussage der Richter kalt den Rücken runter.

    Im Endeffekt mittelt sich das doch weg…

    Gruß,
    Rudi