Bloggen in der Großkanzlei

Im (oder vom?) Enforcer waren bislang Beiträge zu lesen, die aus einer anderen Welt zu stammen scheinen: Die Welt der Großkanzleien, in der das Bloggen eher unüblich ist. Marketing wird in diesen Kreisen eben anders betrieben: Die „Innenansichten einer Litigation Abteilung“ (*) lieferten allerdings insoweit wenig Erhellendes.

Daran ist nichts auszusetzen. Denn das, was die Leserschaft vom Enforcer im übrigen geboten bekam, war in der Regel ja auch recht kurzweilig.

Eine interessante Wendung nahm das Angebot des anonymen (Hamburger?) Autoren im Juni 2010 mit dem Beginn bzw. dem Verlauf des Kachelmann-Verfahrens. Nicht mit der Häufigkeit der Rechtsanwäldin, aber immerhin bemerkenswert oft konnte ich über das strafrechtsrelevante Verhältnis zwischen Mann und Frau aus Sicht dieses Litigationisten lesen.

Nun könnte man einen Psychologen bemühen, um nach den Ursachen für diesen durchaus auffälligen Themenschwerpunkt zu fahnden. Das soll aber nicht zum Thema dieses Beitrags werden, der lediglich ein Hinweis auf eine recht lesenswerte Argumentation zum Thema Mythos 3 % – Falschbeschuldigungsquote bei Vergewaltigungsvorwürfen werden soll.

Die vom Enforcer dort verlinkten Quellen sind durchaus brauchbare Hilfen für jemanden, der nicht nur über Vergewaltigungen schreibt. Daher: Besten Dank vom kleinen Strafverteidiger in die Großkanzlei.

 

Dieser Beitrag wurde unter Medien, Verteidigung veröffentlicht.

2 Antworten auf Bloggen in der Großkanzlei

  1. 1
    Gerhard says:

    In dem Zusammenhang finde ich ein aktuelles Urteil des Langerichts in Kassel sehr interessant: http://www.hna.de/nachrichten/stadt-kassel/kassel/urteil-aufgerollten-vergewaltigungsprozess-gegen-bio-lehrer-erwartet-1308922.html

    Die ursprüngliche Verurteilung erfolgte wegen einer Falschbeschuldigung, der Freispruch aufgrund ewiesener Unschuld im Wiederaufnahmeverfahren. Das sagt aber nichts über die tatsächliche Falschbeschuldigungsquote aus.

  2. 2
    Moritz says:

    Die Studie von 2005, die laut dem Enforcer von 33,4 %-Falschbeschuldigungsquote ausgeht, geht m.E. tatsächlich eher von ca. 20 % aus.

    Das Ergebnis zum Anteil vorgetäuschter Fälle steht dort unter Punkt 5.8 auf S. 174 „Zusammenfassung und Bewertung“

    – geschätzt von den Sachbearbeitern: 1/3 falsche Anzeigen
    – 2/3 der von der StA mit der Begründung „Aussage gegen Aussage“, „keine Aussage des Opfers“, „widersprüchliche Aussage des Opfers“ und „Tatbestand nicht erfüllt“ nach § 170 II StPO eingestellten Fälle (das sind nicht 2/3 der Gesamtzahl der angezeigten Fälle…) halten die Sachbearbeiter eher für vorgetäuscht.
    – hochgerechnet auf den Gesamtbestand von 1894 Fällen in Bayern für das Jahr 2000 kommt die Studie dann auf ein Drittel vorgetäuschter Fälle
    – die Berechnung unter Berücksichtigung nur der tatsächlich wegen Vortäuschung angezeigten und der von den Sachbearbeitern als mit hoher Wahrscheinlichkeit als vorgetäuscht beurteilten Fälle führt dann dazu, dass noch etwa jeder fünfte Fall, also ca. 20% zweifelhaft ist.

    Wirkt pingelig, ist aber ein deutlicher Unterschied.