Das Vorstrafenregister im Taschenbuchformat

Das Urteil umfaßt 6 Seiten.

Seite 1 zeigt das Landeswappen und die Namen der Beteiligten (Angeklagter, 3 Richter, Staatsanwalt und Verteidiger).

Seite 2 lautet:

für Recht erkannt:

Der Angeklagte wird wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 85 Tagessätzen zu je 15,- € verurteilt.
Der Angeklagte trägt die Verfahrenskosten und die eigenen notwendigen Auslagen.

Es folgen knapp die (beiden) angewendeten Vorschriften und dann beginnt die Begründung. Ein Satz zum Beruf und zum derzeitigen Einkommen.

Es folgt eine vierseitige Auflistung mit den Worten: Ausweislich des Bundeszentralregisters vom 10.02.2011 ist der Angeklagte strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Solche „Romane“ im Register sind eher selten. Vor allem bemerkenswert ist, daß sich die Vortaten allesamt auf dem selben – niedrigen – Niveau bewegten.

Aber selbst vor diesem Hintergrund ist die (rechtskräftige) Verurteilung zu 85 Tagessätzen ein aus Sicht des Mandanten zufrieden stellendes Ergebnis. 8-) Vor allem wichtig: Die noch offene Bewährungsstrafe wird nun auch nicht vollstreckt werden. Das war keine ganz triviale Verteidigung …

Dieser Beitrag wurde unter Strafrecht, Strafverteidiger, Verteidigung veröffentlicht.

12 Antworten auf Das Vorstrafenregister im Taschenbuchformat

  1. 1
    ft says:

    Bei den Punkten 13 und 17 im Register würde ich vielleicht auch jeweils 2 Mal das AG im Text zensieren.

      Merci! crh
  2. 2
    Fritz says:

    Tja, mit Fischwilderei beginnen die meisten kriminellen Karrieren; daher fordere ich schon seit Jahren härtere Strafen für Fischwilderei!

  3. 3
    Kai says:

    Niedrig finde ich das Niveau nicht, wenn man schon über ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung erhält.

    Bin sehr verwundert, dass hier bei gleichartiger Tat (Körperverletzung) nicht die Bewährung widerrufen wird. Es wird doch mal Zeit, da er sich offensichtlich nicht von Bewährungsstrafen beeindrucken läßt.

  4. 4
    Andreas says:

    Bei einfacher Körperverletzung weis man nie so genau, ob es sich um eine Bagatellsache (z.B. Ohrfeige) oder eine üble Attacke handelt. Angesichts der Vorstrafenliste hätte ich aber wohl eher zur Beantragung einer Freiheitsstrafe tendiert. Insofern ist es wohl ein Erfolg aus Sicht des Angeklagten.

    Kann es sein, dass das Urteil auf einem Deal basiert? Die Verteidigung macht klar, dass es keine Freiheitsstrafe geben soll, der Richter ist – in der Hoffnung kein wirkliches Urteil schreiben zu müssen – gnädig und der Angeklagte lässt sich sodann geständig ein. Niemand legt Rechtsmittel ein und der Richter setzt das Urteil aus den Minimaltextbausteinen zusammen und kopiert den BZR Auszug ins Urteil… geht viel, viel schneller als so ein revionsfestes, „streitiges“ Urteil mit dem eine Freiheitsstrafe ausgeurteilt wird schreiben zu müssen… ;-)

  5. 5
    -thh says:

    Die Anonymisierung des BZR-Auszugs ist aber nicht sehr konsequent …

    (G1205 ist das Amtsgericht Eberswalde, G1203 war das frühere Amtsgericht Beeskow, http://www1.osci.de/sixcms/media.php/13/XJustiz160_WL_Gerichte.pdf )

  6. 6
    Peter says:

    In Kenntnis der Region, den von thh genannten Angaben und über die Aktenzeichen selbst ist es nun ein leichtes, den Mandanten namentlich zu identifizieren. Das gefällt mir nicht so gut.

  7. 7
    r.nuwieder says:

    Mich wundert in der Tat, dass der Mandant nicht einfährt. Zeit wäre es offensichtlich mal.

  8. 8
    Ein Staatsanwalt says:

    Naja, dann wird ihm die Bewährung eben bei der nächsten Straftat widerrufen. Lange wird es ja sicher nicht dauern, bis es so weit ist.

    Mein Rekordhalter war übrigens ein 79 Jahre alter Herr, der es auf stattliche 102 (i.W.: einhundertzwei) Einträge im BZR geschafft hat.

    Auch der hat übrigens mit Fischwilderei angefangen…

  9. 9
    Andreas says:

    @ Ein Staatsanwalt

    Bei einem monatlichen Einkommen von EUR 825,00, einer Geldstrafe von nun insgesamt EUR 1275,00 (+Verfahrenskosten), die er sehr lange abstottern müsste, keinen Aussichten auf legales Einkommen im nennenswerten Bereich und der Häufigkeit, mit der er bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, dürfte die Prognose, dass er bald einfährt sicher nicht so unrealistisch sein.

    Im Ref hatte ich auch mal einen Jugendlichen der seine erste Verurteilung als Jugendlicher wegen Fischwilderei hatte… keine wirklich bösen Menschen, aber ohne nachzudenken machen sie dann immer wieder irgendeinen Scheiß und kommen im Leben nie zu etas außer BZR-Einträgen.

  10. 10
    fernetpunker says:

    Unter anderem Banden- und (vermutlich) Einbruch-Diebstahl als „Vortaten auf demselben niedrigen Niveau“ zu bezeichnen, ist relativ und eine Meinung, die man nicht teilen muss. Nach § 243 StGB gibt es jedenfalls einen Strafrahmen von 3 Monaten bis zu 10 Jahren. Was mich wundert: Wenn ich das richtig sehe, laufen aktuell mehrere Bewährungszeiten noch. Warum wird wegen der innerhalb dieser Bewährungszeiten jetzt abgeurteilten Tat die Bewährung nicht widerrufen? In meinen Augen wäre hier eine mehrmonatige bis mehrjährige Haftstrafe zwingend gewesen. Oder steht das noch aus, dass die Bewährung wegen der Vortaten widerrufen wird?

  11. 11
    fernetpunker says:

    Meiner Meinung nach liegt hier ein Fall des § 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB vor, was immer auch mit „Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag“ gemeint ist.

    http://dejure.org/gesetze/StGB/56f.html

  12. 12
    Martin Overath says:

    Warum werden BZR-Auskünfte nicht nochmal aktuell vor der HV eingeholt? In einem Vierteljahr kann viel passiert sein.